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Zeit und Geschichte

„Geschichtswissenschlopf“, oder: Was wäre, wenn?

Moritz Hoffmann
Freier Historiker. Zeitgeschichte, Digitale Public History. Verantwortlich für @digitalpast und @9Nov38.
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Moritz HoffmannDienstag, 01.03.2016

Es gibt eine nicht zu überschauende Vielzahl an erbittert geführten Debatten innerhalb der Geschichtswissenschaft, viele davon erreichen niemals eine für die Öffentlichkeit relevante Größe. Einer, der immer wieder mal aufflammt, ist der über die sogenannte kontrafaktische Geschichte. Im Kern bedeutet dieses Modell, einen oder mehrere Faktoren der historischen Realität zu ändern und, aufgrund des aktuellen Kenntnisstandes über Ort und Zeit, das möglicherweise andere Auskommen der Geschichte zu eruieren.

Es gibt gute Argumente dagegen, kontrafaktische Geschichte auf wissenschaftlichem Niveau zu betreiben. Zuvorderst heißt es, dass man im nichtbeweisbaren Raum operieren würde, das ist schwerlich zu entkräften. Dazu kommt die Frage nach dem Erkenntnisgewinn, der oft eher spärlich ist. Und zuletzt kann es tatsächlich, wenn man öffentlichkeitswirksam, aber sorglos arbeitet tatsächlich zu einer Verwirrung über unsere Realität kommen – was war denn nun eigentlich?

So stichhaltig das ist, es vernachlässigt, dass kontrafaktische Geschichte auch besondere Vorzüge hat. Erstens: Sie macht Spaß, besonders wenn man sie nicht ganz ernst nimmt. In meiner ersten Vorlesung behauptete der dozierende Professor, ein Althistoriker, dass wir alle nicht am Leben wären, hätte Cäsar nach Britannien auch noch Irland erobert. Denn dann, so sein Argument, hätten die Briten während der irischen Hungersnot ihren Landesgenossen geholfen, die Kennedys wären nicht in die USA ausgewandert und John F. Kennedy hätte nicht die Kubakrise lösen können.

Doch es geht auch weiter: Kontrafaktische Geschichte ist ein sehr guter Nachweis für Studierende, ein umfassendes Fakten- und Beziehungswissen über einen bestimmten zeitlichen und räumlichen Ort der Geschichte zu haben. Lassen wir Franz Ferdinand 1914 das Attentat überleben, lässt sich sehr präzise dazu argumentieren, wo, wann und ob der Erste Weltkrieg ausgebrochen wäre. Wer darüber schreibt was bei einem erfolgreichen Attentat auf Hitler geschehen wäre, muss sich mit der NS-Führungsstruktur ebenso auseinander setzen wie mit der militärischen Kultur und der Gesamtlage des Krieges an genau jenem Tag. Gleichzeitig schult sie herangehende HistorikerInnen darin, Geschichte nicht von ihrem Ende her zu denken, sondern als niemals endenden Prozess.

Zuletzt kann kontrafaktische Geschichte als Analyseinstrument dienen: Denn wenn wir eine bislang eher wenig beachtete Weichenstellung ändern und zu einem völlig anderen Ergebnis der Geschichte kommen, dann scheinen die bisher für entscheidend gehaltenen Entwicklungen nicht so einzig relevant zu sein, wie man bisher dachte.

Rebecca Onion verteidigt die „Counterfactual History“ im hier vorgestellten Essay lesenswert. Es birgt keine für die Wissenschaft neuen Argumente, fasst aber alle Debatten schlüssig zusammen. Sollten sich in Deutschland weiterhin Dozierende trauen, diesen Kleinstbereich an Universitäten zu lehren, sie hätten eine neue Einstiegslektüre.

„Geschichtswissenschlopf“, oder: Was wäre, wenn?

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