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Flucht und Einwanderung

"Jeder kann morgen ein Flüchtling sein." (Andreas Kossert)

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergDienstag, 17.11.2020
Die Frage, ob das Wort "Flüchtling" geeignet ist, ist älter als unsere Zeit. Bertolt Brecht bestand darauf, Hannah Arendt mochte es nicht.


Der Historiker Andreas Kossert plädiert dafür und begründet es so:

Ulrike Draesner schreibt: Was war, endet nicht. Die Flucht endet nicht mit dem physischen Ankommen. Deshalb halte ich den Begriff Geflüchtete für nicht präzise genug, auch weil er eine Art Abgeschlossenheit vermittelt. Er ist nicht dafür geeignet, auch das zu umfassen, was Flüchtlinge nach ihrem Ankommen erleben und durchmachen.

Der Autor des Standardwerks „Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945“ gibt Susanne Lenz Auskunft anlässlich des Erscheinens seines Buchs "Die Flucht. Eine Menschheitsgeschichte".

Wer aus seiner Heimat vertrieben wurde, kommt lebenslang nicht mehr davon ab. Mit dieser Prämisse entwickelt Andreas Kossert ein Panorama, beginnend mit den deutschen Vertriebenen, dann greift er aber zeitlich und räumlich aus und erzählt Geschichten und erläutert Verbindungen.

Eines seiner erhellenden Bilder zeigt Schlüssel von sephardischen Juden, die 1492 aus Spanien vertrieben wurden. Sie veranschaulichen für Andreas Kossert den Bruch, den jede Flucht und Vertreibung ausmacht. Im Gespräch meint er dazu:

Die Menschen haben sie nicht als Erinnerung mitgenommen. Sie haben etwas gemacht, was für sie alltäglich war, nämlich ihre Tür abzuschließen und den Schlüssel einzustecken. Wie immer. Armenier haben ihre Schlüssel mitgenommen, Pontosgriechen aus der heutigen Türkei, Schlesier. Weil sie sich nicht vorstellen konnten, was für ein ungeheuerlicher Vorgang dieses Weggehen ist. Und lange Zeit hat der Schlüssel vielleicht auch die Hoffnung auf Rückkehr symbolisiert. Erst als ihnen bewusst geworden ist, dass sie nicht zurückkönnen, ist der Schlüssel zu einer Chiffre der Erinnerung geworden.

Zum Schluss seiner Menschheitsgeschichte der Flucht heißt es:

Flüchtlinge und das, was sie erleben und erleiden, führen uns vor Augen, wie zerbrechlich unsere scheinbar so sichere Existenz ist. Sie verschieben die Sicht auf die Welt, weil sich mit jeder Flüchtlingsgeschichte und jedem einzelnen Flüchtling die Frage stellt, wie fest wir wurzeln.

Um das angemessen darzustellen, glaubt er noch stärker als in seinen bisherigen Büchern an die Schönheit und Nützlichkeit, an Sinn und Form der Literatur.

Sein für einen Historiker ungewöhnliches Herangehen begründet er im Gespräch:

Günter Grass hat in einem Interview gesagt, ohne den Verlust seiner Heimat Danzig wäre er nicht zur Literatur gekommen. Das gilt auch für Salman Rushdie, für Christoph Hein. Die Literatur ist ein Seismograph für diese leisen Zwischentöne, die ich empirisch als Historiker überhaupt nicht beweisen kann. Christa Wolf etwa spricht in ihrem Roman „Kindheitsmuster“ von Heimweh als Todesursache. Das findet sich in keinem medizinischen Lehrbuch, aber man kann dennoch an Heimweh sterben.

"Jeder kann morgen ein Flüchtling sein." (Andreas Kossert)

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