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Flucht und Einwanderung

Gestern & Heute: Die Illusionen der Sozialdemokratie bei Migranten

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMontag, 09.10.2023

Wieder einmal wird das Asylrecht beschnitten, wieder einmal – es ist keine Prophetie – wird das erklärte Ziel, die Flucht und Einwanderung zu begrenzen, nicht erreicht werden. Aber das Leben von vielen Menschen wird bedroht, ja, etliche werden sinnlos sterben.

Das geschieht in einem Land, das dringend Einwanderung braucht. Der Soziologe Stefan Schulz erläuterte schon vor einigen Monaten in den "Blättern für deutsche und internationale Politik" das erneute Versagen nicht nur der Sozialdemokratie auf Grundlage demographischer Daten. Den Zustand und die Entwicklung der Bevölkerung hierzulande und ähnlich in vielen Staaten des "Westens" beschreibt er so:

Die Migration ist aber insgesamt zu schwach, um die allgemeinen Trends zu verändern. Sie werden nur abgeschwächt. Allein das Jahr 2015 markiert einen statistisch sichtbaren Unterschied. Die „Flüchtlingswelle“ jenes Jahres hat Deutschland jünger gemacht – um einen Monat. Seit der Wiedervereinigung ist 2015 das einzige Jahr, in dem das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Deutschland sank. Wobei man beachten muss: Der Effekt betrifft nicht die deutsche Bevölkerung, die wurde auch 2015 älter, sondern nur die Bevölkerung in Deutschland, also inklusive der Zugewanderten. 1990 lag das Durchschnittsalter hierzulande bei 38,3 Jahren, 2019 schon bei 44,5 Jahren. Wir sind heute im Schnitt mehr als doppelt so alt wie die Weltbevölkerung.

Diese Entwicklungen zeigen wie aufgeregt und weltvergessen viele "Diskussionen" sind. Diese durch asoziale Medien verstärkte Meinungen und Vorurteile müssen allerdings von der Politik berücksichtigt werden. Aber sie sollten nicht verstärkt oder mit Schweigen unter den Teppich gekehrt werden, wo der Dreck steigt.

Die Migration wollte Olaf Scholz im Wahlkampf auch gegen die seinerzeit größte Oppositionsfraktion im Bundestag, die „Alternative für Deutschland“, offenbar übersehen. Seit Jahren kursieren in der rechten Szene in Deutschland Befürchtungen vor „Umvolkung“, die beispielsweise auf eine Studie der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2000 mit dem Titel „Replacement Migration“ verweisen. In diesem Papier werden Bevölkerungsprojektionen mit und ohne Migration diskutiert. In einem Szenario, das „darauf abzielt, die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) konstant zu halten“, wird errechnet, dass Deutschland 24 Millionen Einwanderer bis 2050 benötigt – also knapp eine halbe Million zugezogene Beschäftigte pro Jahr. Heute sehen wir bereits, dass diese Zahlen der Realität entsprechen. Das Papier der Vereinten Nationen nennt die Alternative: Das Renteneintrittsalter müsse auf „jenseits der 75 Jahre angehoben werden“.

Vor den in diesem Beitrag dargestelltem Hintergrund, wird der sogenannte "Asylkompromiss" geradezu makaber. Im famosen Verfassungsblog hat eine Mehrheit der Migrationsforscher einen Aufruf publiziert, in dem es heißt:

Die Debatte über Flucht und Asyl wird weitestgehend faktenfrei geführt. Dadurch werden Ängste geschürt und gesellschaftliche Probleme Schutzsuchenden angelastet.

Freilich, die Ankommenden zeigen die globale Vielfachkrise, ohne die das Panorama nicht dargestellt werden kann, und die die Demokratien weltweit bedroht.

Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern,

so André Malraux (1901-76). Wenn der prägnante Schriftsteller, der unter anderem den Jahrhundertroman "So lebt der Mensch" verfasste, recht hat, dann führt eine Spur zu einem Autor der gleichen Generation, zu Wilhelm Reich (1897-1957), der den Aufstieg des Faschismus so charaktersierte:

Enttäuschung an der Sozialdemokratie bei gleichzeitig wirkendem Widerspruch zwischen Verelendung und konservativem Denken muß ins Lager des Faschismus führen, wenn es keine revolutionäre Organisation gibt.

Ob wir deshalb einen neuen, auf ältere Autoren zurückgreifenden, aber dort nicht stehenbleibenden, neuen Faschismusbegriff brauchen und wie ein solcher formuliert werden könnte, davon handelt einer meiner nächstes piqs.

Gestern & Heute: Die Illusionen der Sozialdemokratie bei Migranten

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Kommentare 5
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 7 Monaten

    Die Tatsache, dass wir eigentlich, um das Land lebenswert zu halten, rein zahlenmässig noch mehr Einwanderung bräuchten, als gerade, sollte man nicht gegen die Notwendigkeit einer auch qualitativ gestalteten Migration ausspielen. Es kann nicht um eine möglichst hohe Zahl von Einwanderern gehen, völlig unabhängig von den Möglichkeiten der Integration, den Ressourcen und Voraussetzungen dafür. Genau das verstärkt das Narrativ vom Bevölkerungsaustausch. Und destabilisiert damit ebenso die Demokratie, wie die Idee sich komplett einzumauern. Wobei letzteres die wenigsten wollen.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 7 Monaten

      Natürlich braucht die EU ein Einwanderungsgesetz, was aber nahezu aussichtslos ist.

      Im Prinzip ist der Kommentar richtig, in der Realität ist es häufig bis immer anders. Dazu gibt es ja auch einiges in den empfohlenen Beiträgen.

      Ein Beispiel aus der eigenen Familiengeschichte:
      Die vor genau 100 Jahren gegründete türkische Republik wollte westliche Spezialisten, aber erst durch die Nazidiktatur und den Zweiten Weltkrieg kamen diese. Einer von ihnen war mein Vater Ernst Engelberg (1909-2010). Vermittelt wurde es von dem jüdischen Mediziner Philipp Schwartz.

      Die heute hochqualifizierten Türken sind die Kinder und Enkel der oft wenig qualifierten "Gastarbeiter" aus Anatolien. Und Flüchtlinge aus der heutigen Türkei, die vor der Integration durch eine Philipp-Schwartz-Initiative (!) unterstützt werden.
      Näheres hier: https://www.penguin.de...

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten

      @Achim Engelberg Die Hochqualifizierten sind ja i.d.R. auch nicht das Problem. Wenn sie nicht wie M.Atta die Twin Towers zum Einsturz bringen. Das Problem sind die Bildungsfernen in den Slums, Teile der Clans, radikale Moscheen und Jugendbanden wie in Schweden.

      Wir brauchen keine Politiker, die erklären, das Lösungen aussichtslos sind, wenn uns Probleme über den Kopf wachsen. Zumal, die Situation einfach weiterlaufen zu lassen noch aussichtsloser ist.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Die großen Probleme sind nicht die Flüchtlinge und Migranten, sondern sie zeigen diese auf. Siehe den Aufruf der 270!

      Wenn man die Widersprüche so verschärft, braucht man sich über Jugendbanden nicht wundern. Man höre diesen Beitrag: https://www.piqd.de/fl...

      Lösungen sind erst mit anderen Antworten möglich für die es keine Mehrheiten gibt. Leider.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten

      @Achim Engelberg Mehrheiten sind nicht per se eine Lösung, erlauben auch nur realistische Antworten. Es geht auch um Ressourcen, den Willen und die Fähigkeiten aller Beteiligten, Zeiträume die man braucht, Zahlen, die man beherrschen kann, Realismus u.v.m.

      Und wenn eine sehr offene Einwanderungspolitik wie sie Schweden hatte, die Widersprüche so verschärft, dass sich bewaffnete Jugendbanden bilden, dann müssen wir daraus lernen.

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