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piqer für: Fundstücke Europa
Geboren 1968 in Braunschweig. Studium der slawischen Sprachen und Literaturen sowie der Geschichte Osteuropas in Kiel, Sankt Petersburg und im sibirischen Irkutsk. Langjährige Tätigkeit als außenpolitischer Redakteur bei norddeutschen Tageszeitungen. Seit 2010 freier Osteuropa-Korrespondent für Print- und Online-Medien in Warschau und Berlin. Schreibt für das Journalistennetz n-ost (http://ostpol.de/autoren/view/43). Siehe auch: www.kroekel.com
Michael Thumanns Auflistung, wo überall Wladimir Putins Einmischung in westliche Wahlkämpfe wirkungslos verpufft ist oder sogar gegenteilige Effekte erzeugt hat, ist recht eindrucksvoll: USA, Niederlande, zuletzt Frankreich. Ganz so verheerend, wie der Zon-Kolumnist es darstellt, ist die außenpolitische Bilanz des Kremls im Jahr 2017 allerdings nicht.
In der Türkei zum Beispiel ist Recep Tayyip Erdogan auf dem besten Weg, sich mit seinem „Sultanat" dauerhaft aus der westlichen Staatengemeinschaft zu verabschieden. Putins Beitrag zu dieser Entwicklung ist zwar überschaubar. Aber immerhin trifft er sich inzwischen auffällig regelmäßig mit dem türkischen Präsidenten und probt sogar den Syrien-Schulterschluss.
Auch mit Blick auf die EU braucht sich Putin nicht groß zu grämen. Zwar haben Marine Le Pen und Geert Wilders nicht die vom Kreml erhofften Wahlsiege eingefahren, aber der Brexit droht zunehmend zur (Schlamm-)Schlacht auszuarten, und die Entwicklung in diversen Staaten des mitteleren und östlichen Europas spielt ihm ebenfalls in die Hände. Da wäre das Polit-Chaos in Tschechien zu nennen. Da sind aber auch die rechtsnationalen Provokationen aus Warschau und Budapest oder die andauernden Wirren in Rumänien und einigen Kandidatenländern auf dem Balkan, z.B. in Mazedonien.
All diese Entwicklungen zeigen auch, dass man es sich im Westen zu leicht macht, wenn man Putin so maßgeblich für die Probleme verantwortlich macht, wie Thumann das suggeriert. Le Pen, Wilders und Co. leben nicht allein von russischer Unterstützung, sondern sind innerwestliche Phänomene. Hausgemacht.