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Volk und Wirtschaft

300 Jahre Adam Smith und die unsichtbare Hand

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteFreitag, 21.07.2023

Die „unsichtbare Hand“, die den Markt quasi naturgegeben reguliert, ist wohl die bekannteste Metapher, die mit Adam Smith assoziiert wird, und seine Rolle als Begründer der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. In linken Kreisen ist Smith daher nicht unbedingt beliebt, da ihm gerne die Verantwortung für all die sozialen Verwerfungen, die eine liberale Wirtschaftspolitik bewirken kann, angelastet wird.

Anlässlich des 300. Geburtstags von Adam Smith hat die taz-Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann an seine ökonomischen Analysen und die Bedeutung seiner wissenschaftlichen Arbeit erinnert. Herrmann zeichnet ein deutlich differenzierteres und positiveres Bild, als manch eine und manch einer von ihm hat. Herrmann sieht Smith keineswegs als Begründer einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung, sondern vielmehr als Entdecker – als denjenigen, dem als erster die Rolle von Kapitalisten in einer Wirtschaft aufgefallen und bewusst geworden ist.

Ebenso wenig sieht Herrmann den schottischen Ökonomen als Protagonist einer vulgärliberalen Ideologie à la FDP:

„Aber wer wird Kapitalist und wer Arbeiter? Wer wird reich und wer muss schuften? Wieder war Smith seiner Zeit weit voraus, denn er sagte eindeutig: Mit der Begabung des Einzelnen hat es überhaupt nichts zu tun, ob er Tagelöhner oder Philosoph wird. Smith glaubte nicht an Intelligenzunterschiede zwischen Arm und Reich, sondern hielt es für eine soziale Zufälligkeit, wer das Glück hat, in die höheren Ränge hineingeboren zu werden. Die neoliberale Rhetorik von den „Leistungsträgern“ hätte er als naiv abgetan.“

Ulrike Herrmann gelingt es mit ihrer Kolumne andere und teils überraschende Perspektiven auf Adam Smith zu öffnen. Das macht sie lesenswert.

300 Jahre Adam Smith und die unsichtbare Hand

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Kommentare 10
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 9 Monaten

    Die unsichtbare Hand wurde von Smith auch in verschiedenen Kontexten verwendet. und für Smith war es völlig klar, welche Verantwortungen Staat und Unternehmer dabei übernehmen müssen. DAS haben die Neoliberalen Wirtschaftstheoretiker immer schon gern unterschlagen.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      Ja, das sehe ich auch so und Ulrike Herrmann hat das ja auch ganz herausgearbeitet.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten · bearbeitet vor 9 Monaten

      Das finde ich interessant. In welchen weiteren Kontexten hat Smith die Metapher von der unsichtbaren Hand noch verwendet? Ich kenne nur die eine Stelle:
      "Da aber jeder sein Kapital möglichst zur Unterstützung des inländischen Gewerbefleißes zu verwenden und diesen Gewerbefleiß so zu leiten sucht, dass sein Produkt den größten Wert erhält, so arbeitet auch jeder notwendig dahin, das Jahreseinkommen des Volks so 'groß zu machen, als er kann. Allerdings beabsichtigt er in der Regel weder, das allgemeine Wohl zu fördern, noch weiß er, in welchem Maß er es befördert. Wenn er dem heimischen Gewerbefleiß vor dem fremden den Vorzug gibt, so hat er nur seine eigene Sicherheit vor Augen, und wenn er diesen Gewerbefleiß so lenkt, dass sein Produkt den größten Wert erhält, so bezweckt er lediglich seinen eignen Gewinn und wird in diesem wie in vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, einen Zweck zu befördern, der ihm keineswegs vorschwebte. Das Volk hat davon keinen Schaden, dass jenes seine Absicht nicht war. Oft fördert er durch die Verfolgung seines eignen Interesses das der Gesellschaft weit wirksamer, als wenn er es zu befördern wirklich beabsichtigte. Ich habe niemals gesehen, dass Leute, die zum allgemeinen Besten Handel zu treiben vorgaben, viel Gutes ausgerichtet hätten. In der Tat geben es die Kaufleute auch nur selten vor und es bedarf nur weniger Worte, es ihnen auszureden."

      Um die Verantwortung von Unternehmern und Staat geht es dabei auch nicht. Obwohl es die natürlich gibt, Smith das auch anderswo herausarbeitet. Ich kenne übrigens auch keinen ernsthaften neoliberalen Wirtschaftstheoretiker der das unterschlägt oder leugnet. Auch wenn die Ansichten über Quantität und Qualität auseinandergehen.

    3. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 9 Monaten

      @Thomas Wahl hi. Er verwendet die metapher dreimal - in der Theorie der ethische Gefühle, im berühmten Wirtschaftskontext und in einem astronomischen Text : - )

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten

      @Cornelia Gliem Danke, ich werde mal suchen ….

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten · bearbeitet vor 9 Monaten

      @Cornelia Gliem Voilà, da ist es. Gleicher Grundgedanke im wirtschaftlichen Kontext eines selbstsüchtigen Grundherren, der von der unsichtbaren Hand geleitet, die Ernte (angeblich wie im Interesse der Gesellschaft) an seine Beschäftigten verteilt - ohne das er sich dabei notwendig von ethischen Gefühlen leiten lassen muß:

      „Vergebens, daß der stolze und gefühllose Grundherr seinen Blick über seine ausgedehnten Felder schweifen läßt und ohne einen Gedanken an die Bedürfnisse seiner Brüder in seiner Phantasie die ganze Ernte, die auf diesen Feldern wächst, selbst verzehrt. Das ungezierte und vulgäre Sprichwort, daß das Auge mehr fasse als der Bauch 2), hat sich nie vollständiger bewahrheitet als in bezug auf ihn. Das Fassungsvermögen seines Magens steht in keinem Verhältnis zu der maßlosen Größe seiner Begierden, ja, sein Magen wird nicht mehr aufnehmen können als der des geringsten Bauern. Den Rest muß er unter diejenigen verteilen, die auf das sorgsamste das Wenige zubereiten, das er braucht, unter diejenigen, die den Palast einrichten und instandhalten, in welchem dieses Wenige verzehrt werden soll, unter diejenigen, die all den verschiedenen Kram und Tand besorgen und in Ordnung halten, der in der Haushaltung der Vornehmen gebraucht wird; sie alle beziehen so von seinem Luxus und seiner Launenhaftigkeit ihren Teil an lebensnotwendigen Gütern, den sie sonst vergebens von seiner Menschlichkeit oder von seiner Gerechtigkeit erwartet hätten. Der Ertrag des Bodens erhält zu allen Zeiten ungefähr jene Anzahl von Bewohnern, die er zu erhalten fähig ist. Nur daß die Reichen aus dem ganzen Haufen dasjenige auswählen, was das Kostbarste und ihnen Angenehmste ist. Sie verzehren wenig mehr als die Armen; trotz ihrer natürlichen Selbstsucht und Raubgier und obwohl sie nur ihre eigene Bequemlichkeit im Auge haben, obwohl der einzige Zweck, welchen sie durch die Arbeit all der Tausende, die sie beschäftigen, erreichen wollen, die Befriedigung ihrer eigenen eitlen und unersättlichen Begierden ist, trotzdem teilen sie doch mit den Armen den Ertrag aller Verbesserungen, die sie in ihrer Landwirtschaft einführen. Von einer unsichtbaren Hand werden sie dahin geführt, beinahe die gleiche Verteilung der zum Leben notwendigen Güter zu verwirklichen, die zustandegekommen wäre, wenn die Erde zu gleichen Teilen unter alle ihre Bewohner verteilt worden wäre; und so fördern sie, ohne es zu beabsichtigen, ja ohne es zu wissen, das Interesse der Gesellschaft und gewähren die Mittel zur Vermehrung der Gattung. Als die Vorsehung die Erde unter eine geringe Zahl von Herren und Besitzern verteilte, da hat sie diejenigen, die sie scheinbar bei ihrer Teilung übergangen hat, doch nicht vergessen und nicht ganz verlassen.“
      – Adam Smith: Theorie der ethischen Gefühle, S. 316

      https://de.wikipedia.o...

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 9 Monaten · bearbeitet vor 9 Monaten

    Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee von U. Herrmann ist, Adam Smith als Entdecker der Arbeitsteilung und der Rückkopplungsmechanismen in Märkten zum halben Sozialisten zu machen und gegen "die Neoliberalen" in Stellung zu bringen.

    Der Schluß aber, Adam Smith habe mit der Forderung die Überseeprovinzen des Landes abzustoßen, da sie keinen Beitrag zum Wohlstand der Nation leisten, sich also "nach dem tatsächlichen Mittelmaße seiner Verhältnisse einzurichten", bedeute "die eigene Mittelmäßigkeit zu akzeptieren" ist ziemlicher Humbug. Hier das Zitat.

    "Wenn eine Provinz des Britischen Reiches nicht veranlasst werden kann, zum Unterhalt des ganzen Reiches beizusteuern, so ist es wahrlich Zeit, dass Großbritannien sich von den Kosten befreit, diese Provinzen im Kriege zu verteidigen und im Frieden einen Teil ihrer Zivil- und Militärverwaltung zu erhalten; und dass es seine künftigen Zwecke und Pläne nach dem tatsächlichen Mittelmaße seiner Verhältnisse einzurichten sucht."

    Eigentlich erfordert die Mittelmäßigkeit der geografischen und demografischen Verhältnisse gerade eher herausragende Leistungen um in der Arbeitsteilung bestehen zu können. Smith wußte das:

    "Diese große Zunahme in der Produktionsmenge, welche infolge der Arbeitsteilung die nämliche Anzahl von Leuten zu erzielen vermag, ist drei verschiedenen Umständen zu danken: erstens der gesteigerten Geschicklichkeit jedes einzelnen Arbeiters, zweitens der Ersparnis an Zeit, welche gewöhnlich bei dem Übergange von einer Arbeit zur andern verloren geht, und endlich der Erfindung zahlreicher Maschinen, welche die Arbeit erleichtern und abkürzen und einen Mann instand setzen, die Arbeit vieler zu verrichten."
    Und weiter:
    "Viele Fortschritte sind durch das Genie der Mechaniker gemacht worden, als der Maschinenbau ein eigenes Gewerbe wurde; und manche durch das Genie der sogenannten Denker oder Männer der Spekulation, deren Geschäft es ist, nicht etwas zu machen, sondern alles zu beobachten, und die deswegen oft imstande sind, die Kräfte der entferntesten und unähnlichsten Dinge mit einander zu kombinieren. Mit dem Fortschritt der Gesellschaft wird das Denken oder Spekulieren so gut wie jede andere Beschäftigung, das hauptsächliche oder einzige Geschäft und Beruf einer besonderen Klasse von Bürgern, und zerfällt, wie jede andere Beschäftigung, in eine große Anzahl verschiedener Zweige, deren jeder für eine besondere Gruppe oder Klasse von Denkern zum Beruf wird; und diese Arbeitsteilung steigert im Denkgeschäft so gut, wie in jedem anderen Berufe, die Fertigkeit und erspart Zeit. Jeder einzelne wird dadurch in seinem besonderen Arbeitszweige erfahrener, es wird im ganzen mehr ausgerichtet und die Menge des Wissens ansehnlich vermehrt."

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten

      Smith hat auch den steigenden Wohlstand durch Kapitalismus vorhergesehen (im Gegensatz zu Marx, der eher von der Verelendung des Proletariats ausging):
      "Die große durch die Arbeitsteilung herbeigeführte Vervielfältigung der Produkte aller verschiedenen Künste ist es, die in einer wohlregierten Gesellschaft jene allgemeine Wohlhabenheit hervorbringt, die sich bis auf die untersten Stände des Volkes erstreckt. Jeder Arbeiter hat eine große Menge seiner Arbeitsprodukte außer denen, die er selbst braucht, zur Verfügung; und da jeder andere Arbeiter sich genau in derselben Lage befindet, so ist er imstande, einen großen Teil seiner eigenen Waren gegen eine große Menge, oder, was auf dasselbe hinauskommt, für den Preis einer großen Menge der ihrigen auszutauschen. Er versorgt sie reichlich mit dem, was sie brauchen, und sie versehen ihn ebenso vollkommen mit dem, dessen er bedarf, und ein allgemeiner Überfluss verbreitet sich durch alle verschiedenen Stände der Gesellschaft."

  3. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 9 Monaten

    Gut, dass Du an den von der Mehrheit missverstandenen Adam Smith erinnerst.

    Nicht in die gleiche, aber eine ähnliche Richtung geht dieser Beitrag:
    https://oxiblog.de/ada...
    Und zum runden Geburtstag erschien ein Adam-Smith-Lesebuch bei Suhrkamp:
    https://www.suhrkamp.d...

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      Besten Dank für die Ergänzungen!

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