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Fundstücke

"Krieg. Ich habe immer noch Angst es auszusprechen"

Charly Kowalczyk
Journalist

Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de

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Charly KowalczykFreitag, 24.02.2023

Inga Lizengevic hat ein beeindruckendes Feature geschrieben. Ich hab gebannt zugehört. Die Autorin recherchiert seit Jahren in der Ukraine und kann dadurch auf viele Bekanntschaften zurückgreifen, die sie während ihrer journalistischen Arbeit dort kennengelernt hat. Und das merkt man dem Stück an. Ein Jahr dauert nun schon der Krieg und sein Ende ist nicht absehbar. Die Verzweiflung der Menschen in der Ukraine kommt einem so nah.

Die Autorin berichtet darüber, wie sie ihre Eltern nach dem Ausbruch des Krieges nach Berlin geholt hat. Sie wollten nicht aus Kiew weg, sie hatten dort große Pläne. Die Mutter, eine Schauspielerin. Der Vater, ein Theaterregisseur. Am 24. Februar 2022 beginnt der Krieg, und die Eltern hatten nicht wirklich damit gerechnet, dass Russland die Ukraine überfällt. Die Mutter der Autorin erzählt, wie sie zum ersten Mal in den Luftschutzkeller ging: 

"Es ist halt ein Keller. Wie lange kann man da bleiben? Fünf Minuten? Zwölf Minuten? Einige Frauen haben Stühle mitgebracht. Eine hat einen Stuhl, neben ihr einen zweiten. Den hat sie wohl für jemanden aus ihrem Haushalt mitgebracht. Sie zu mir: setzen sie sich. Ich: der ist wohl für jemand anderen gedacht. Sie: Erstmal können sie darauf sitzen. Ich habe mich gesetzt. Dann sitze ich da und denke: und wie lange soll das so gehen? Wie lange muss ich hier sitzen? Nach einer Weile bin ich gegangen. Nach oben. Wir sind im Hof herumspaziert. Als ob es im Hof weniger gefährlich wäre... Wir hatten eben keine Erfahrung..."

Die Journalistin Lena Chychenina lebt in Bucha. Sie schildert den Einmarsch der Soldaten Russlands, mit Panzern, in dem Vorort von Kiew. So eindrücklich. Man fragt sich beim Zuhören die ganze Zeit, wie verarbeiten Menschen diese Erfahrungen? Wie lebt man damit weiter? Auch nach dem Krieg? Wochen nach der Besetzung erfährt die Welt, welche Grausamkeiten russische Soldaten in Bucha begangen haben. Dass es viele nicht überlebt haben. Lena Chychenina hat es überlebt:

"Zu bestimmten Zeiten durfte man das Haus verlassen. Ich bin zu meiner Wohnung gegangen. Ein Panzer kam vorbei. Einer von den Soldaten hat mit dem Gewehr auf mich gezielt. Dann hat er es sich anders überlegt. In anderen Fällen haben sie es sich nicht anders überlegt. Wie in einem Computerspiel. Sie fahren durch die Straßen und erschießen Menschen, oder eben nicht."

Im Feature erfährt man viel, was man sonst selten hört oder liest. Direkt von Soldaten. Über die vielen ukrainischen Toten. Von dem unendlichen Leid an der Front. Alik aus Kiew, der an den Protesten am Maidan teilgenommen hat, will eine friedliche Ukraine. Nun muss er die Ukraine verteidigen. Im Krieg. Und was das für ihn bedeutet, erzählt er der Autorin: 

"Früher habe ich mich bei dem Gedanken wohl gefühlt, dass ich niemanden umgebracht habe. Das war früher. Aber früher gab es auch nicht das Gefühl, dass der Sieg näherkommt, wenn jemand umgebracht wird. Früher konnte man nicht genau wissen, ob es ein Russe ist, auf den man schießt, oder ein Ukrainer, dem das Gehirn gewaschen wurde. Und ich wollte niemals jemand sein, der auf andere Ukrainer schießt. (...) Der Mensch mit der Waffe ist ein Besatzer, gekommen um zu töten, zu vergewaltigen, das zu zerstören, was all die Jahre aufgebaut wurde. Unsere einzige Chance ist es so viele umzubringen, dass sie überlegen, ob es sich lohnt das fortzusetzen. (...) Denn es ist unmöglich mit diesen Menschen zu reden. Sie wollen dir nicht zuhören und auf halbem Weg einen Kompromiss finden. Es gibt keinen halben Weg und keine Kompromisse. Die einzige Möglichkeit das zu bewahren, was in den Jahren nach dem Maidan aufgebaut wurde, ist so viele zu töten, dass sich die anderen umdrehen und gehen."

"Krieg. Ich habe immer noch Angst es auszusprechen"

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Kommentare 1
  1. Susanne Franzmeyer
    Susanne Franzmeyer · vor einem Jahr

    Danke, lieber Charly, hab es eben gehört und ja, es ist ein sehr bewegendes, persönliches Feature. Ich hätte noch eine Stunde weiterhören können. Danke für die Empfehlung.

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