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"Ich höre immer nur Schreie nach Panzern bei Ihnen!"

Charly Kowalczyk
Journalist

Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de

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Charly KowalczykDienstag, 21.02.2023

Seit Wochen stelle ich fest, nicht nur anhand der Diskussion um die Panzerlieferung in die Ukraine, dass die Berichterstattung in vielen Medien ein wenig einseitig pro Waffenlieferungen an die Ukraine daherkam. Mich ärgert das wirklich sehr, obwohl ich für Waffenlieferungen in die Ukraine bin, weil die Ukraine für mich ein Recht auf Selbstverteidigung hat. Aber ich will auch Gegenpositionen hören, will meine eigene Meinung infrage stellen, will mich auseinandersetzen.

In der Auswahl von Gesprächen und Kommentaren geht es zumeist darum, warum Deutschland nicht schneller Waffen in die Ukraine liefert. Und häufig steht dann die Zögerlichkeit des Kanzlers in der Kritik. Als wäre das an sich etwas Negatives, dass da an verantwortlicher Stelle jemand zögert, nachdenkt und sich Gedanken darüber macht, welche Konsequenzen immer weitergehende Waffenlieferungen nach sich ziehen könnten. Ich bin ganz froh, dass nicht Friedrich Merz Kanzler ist, sondern Olaf Scholz.

Der Hörer Dieter Reeg des Deutschlandfunks ist, wie wir in der Diskussion erfahren, nicht der einzige, der mehr Pluralität in den Medien über den Umgang mit Waffenlieferungen in die Ukraine erwartet. Nun hat die DLF-Moderatorin Brigitte Baetz eine halbe Stunde mit ihm und dem Abteilungsleiter Aktuelles im Deutschlandunk, Friedbert Meurer, diskutiert – und das war hochinteressant. Und auch überfällig.

"Meine Kritik bezieht sich auf die Berichterstattung über den Ukraine-Krieg und insbesondere, weil es auch aktuell ist, die Berichterstattung über die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Ich war in dem Zusammenhang in der letzten Zeit oft sehr erstaunt, verwundert und teilweise auch verärgert darüber, wie tendenziös über dieses Thema berichtet wurde und wenn ich sage tendenziös, dann meine ich damit, dass die Berichterstattung oder in der Berichterstattung oft so getan wurde, als gäbe es nichts anderes als diese Waffenlieferung. Und das hat sich eben sehr zugespitzt dieses Muster bei der Lieferung der Leopard-Panzer und leider müssen wir befürchten, deshalb ist es auch ein wichtiges Thema für mich, dass es jetzt weitergeht, es wird ja schon diskutiert über Kampfjets."

Friedbert Meurer antwortet dem Hörer Dieter Reeg aus Frankfurt. Er erklärt, warum der Deutschlandfunk die Frage nach Waffenlieferungen in den aktuellen Sendungen so zentral in den Mittelpunkt stellt. Aber er geht auch der Kritik daran nicht aus dem Weg:

"Herr Reeg, Sie stehen mit der Kritik gar nicht alleine. In den letzten 14 Tagen beantworte ich täglich zwei Stunden lang Hörermails, die alle in die Richtung gehen, wie Sie das formuliert haben und teilweise noch drastischer. Ich hab mir hier mal ein paar Zitate notiert: "Ich höre immer nur Schreie nach Panzer bei Ihnen. (...)" Oder: "Sie entpuppen sich immer mehr als Propaganda-Maschine der zunehmenden Kriegsmaschinerie, einfach widerwärtig." Wir werden wahnsinnig unter Feuer genommen, das gebe ich zu. Das ist so. Das finde ich, was ich grade vorgelesen haben, als zu starken Tobak. Ich gebe auch einiges zu, Herr Reeg, ich glaube in der ersten Woche der Kampfpanzer-Diskussion haben wir fast ausschließlich Leute interviewt, die für die Leopard-Lieferung waren. Das hängt damit zusammen, dass wir unsere Aufgabe sehen, den Verantwortlichen nachzuspüren. (...)"

So beginnt das Gespräch zwischen dem Hörer und dem Redakteur des Deutschlandfunks. Eine sachliche und kontroverse Diskussion. Sie hören sich zu und gehen aufeinander ein. Ein gutes, spannendes und auch notwendiges halbstündiges Gespräch über ein Thema, das uns leider noch eine längere Zeit beschäftigen wird.

"Ich höre immer nur Schreie nach Panzern bei Ihnen!"

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Kommentare 7
  1. Michael Praschma
    Michael Praschma · vor einem Jahr

    "Als wäre das an sich etwas Negatives, dass da an verantwortlicher Stelle jemand zögert", lamentiert Charly Kowalczyk im Teaser zu diesem Piqd, und zwar hinsichtlich der weit verbreiteten Kritik an Olaf Scholz. Der Zusammenhang: Es gebe zu wenig Pro und Contra in den Medien zur Frage der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine.

    Na klar ist es gut, hierbei Pro und Contra abzuwägen, in den Medien selbstverständlich, und auch seitens Scholz. Nur: Wenn jeder Tag ohne diese schweren Waffen das Leid in der Ukraine vergrößert und verlängert, dann ist Zögern eben sehr wohl negativ. Und wenn so viel auf dem Spiel steht, dann muss ein Krisen- und Expertenstab im Kanzleramt in der Lage sein, das in – aber höchstens! – einer Woche entscheidungsreif zu dengeln. Die wesentlichen Kriterien für diese Entscheidung liegen ja längst vor.

    Und dass in den Medien vorwiegend "pro Panzer" geschrieben wird, KÖNNTE ja auch daran liegen, dass diese Debatte inzwischen inhaltlich alles hervorgebracht hat und unterm Strich die Argumente für ausreichende Waffenlieferungen zu einem Sieg der Ukraine eben überzeugender sind. Dass das nicht so eindeutig ist wie bei der Diskussion darum, ob die Erde eine Scheibe ist, liegt in der Natur der Sache, ändert aber nichts daran, dass man nicht das Immergleiche dutzende Male wiederkäuen muss.

    1. Niklas Sievert
      Niklas Sievert · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      Seit wann sind Waffen ein Mittel, um Tot und Leid zu vermeiden? Mir erschließt sich die Logik einfach nicht.
      Es geht hier doch um militär-strategische Fragen- und da haben (ehemalige) Generäle wie Herr Kujat und Herr Veit für mich eine viel höhere Glaubwürdigkeit als Leute wie Frau Baerbock und Herr Hofreiter, die von dem Thema, pardon, keinen blassen Schimmer haben. Wenn Personen des Militärs zur Mäßigung aufrufen und ehemalige Friedensaktivisten zu den Waffen rufen, läuft etwas verdammt falsch.
      Vor allem konnte mir noch niemand das Ziel dieser Aktion erläutern- Russland besiegen? Die Krim von den Russen zurückerobern? Wer glaubt im Traum daran, dass Russland dies zulassen wird? Was ist so schwer daran zu verstehen, dass es sich bei Russland um die größte Nuklearmacht der Welt handelt- und militärisch immer weiter (mit)eskalieren kann, bis hin zum Einsatz der Atombombe? Die ukrainische Armee ist der russischen hoffnungslos unterlegen- daran werden auch Waffenlieferungen aus dem Westen nichts ändern. Ergo: der Krieg wird nur weiter in die Länge gezogen- und das bedeutet eben MEHR statt WENIGER tote Ukrainer.
      Um den Krieg tatsächlich zugunsten der Ukraine zu wenden wäre ein aktives Eingreifen der NATO mit Kampfflugzeugen und eigenen Truppen unumgänglich.
      Das hat jedoch den kleinen Haken, dass wir uns in dem Moment im 3. Weltkrieg befinden. Wollen wir uns auf das Abenteuer ersthaft einlassen?
      "Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten werden die Menschen mit Stöcken und Steinen kämpfen", prognostizierte Albert Einstein.
      Zur Rolle Deutschlands in diesem Konflikt- wir haben auf dem Schlachtfeld, auf dem wir das in der Geschichte der Menschheit größte Leid mit über 25 Millionen Toten (!) angerichtet haben, nichts zu suchen. Wir können nur im Geiste von Willy Brandt immer wieder versuchen, diesen Krieg mit diplomatischen Mitteln zu lösen. Deutschland sollte seine Rolle als Mittler zwischen den Konfliktparteien endlich wieder ernst nehmen. Alles anderes ist die totale Geschichtsvergessenheit.
      Wenn t-online titelt: "Volle deutsche Feuerkraft gegen die Russen" und Zeit online einen Kommentar abdruckt mit der Überschrift: "Ich will den totalen Sieg der Ukraine" (in ekliger rhetorischer Anlehnung an Goebbels "wollt ihr den totalen Krieg!?"), dann ist hier etwas schrecklich ins Wanken geraten.
      Nennen wir es doch beim Namen: die Deutschen machen- nolens, volens- deshalb bei dieser Kriegstreiberei mit, weil sie von den Amerikanern dazu gedrängt werden.
      Bei einer weiteren, auch von uns gepushten Eskalation wachen wir möglicherweise irgendwann im 3. Weltkrieg auf. Danach will es mal wieder niemand vorher geahnt haben.
      Nur- das dann anschließend alleine dem pösen Putin in die Schuhe zu schieben wird einer seriösen Aufarbeitung der Geschichte nicht standhalten.

    2. Michael Praschma
      Michael Praschma · vor einem Jahr

      @Niklas Sievert Niklas Sievert, Ihre Antwort bestätigt, was mich zu meinem Kommentar bewogen hat: Es kommen keine grundsätzlich neuen Argumente hinzu, und die vorliegenden Argumente der Fraktion "Keine Waffenlieferungen" (unzulässig verkürzt, ja) werden sich genauso wie die derzeitige Ukrainepolitik des Westens am Ausgang des Krieges messen lassen müssen. Beide spekulieren, aber man kann schon mehr oder weniger realistisch spekulieren.

      Bis dain bleibe ich dabei, dass eine lange Reihe von auch von Ihnen angeführten Aussagen so sehr dem Prinzip "Sieg der Hoffnung über die Erfahrung" entsprungen sind, dass es völlig korrekt ist, wenn Medien darauf nicht mehr zum x-ten Male eingehen.

    3. Niklas Sievert
      Niklas Sievert · vor einem Jahr

      @Michael Praschma Mit Verlaub, aber das ist doch keine fruchtbare Diskussion. Ob die Argumente nun "neu" sind oder nicht spielt doch für UNSEREN Diskurs überhaupt keine Rolle. Wir beide tauschen uns schließlich erstmalig miteinander aus.

      Könnte ich genauso auf Sie anwenden- "Ihre Sicht ist mir längst bekannt, danke für's Gespräch"- dann spricht halt keiner mehr miteinander und das wiederum macht es unmöglich, aus einer Kontroverse etwas schlauer rauszugehen als man hineingegangen ist. Die hierzu abnehmende Bereitschaft ist ohnehin ein trauriges Phänomen unserer Zeit.

      Und ein Verweis auf "Medien" ("die Medien" mit einer einhelligen Sichtweise, wie Sie es insinuieren, gibt es doch gar nicht, zum Glück!) ist da ein bisschen dünn.

      Es reicht jedenfalls nicht, um meine Argumente auch nur im Ansatz zu widerlegen. Genug Raum gäbe es hier dafür, wir sind doch nicht bei Twitter ;)

    4. Michael Praschma
      Michael Praschma · vor einem Jahr

      @Niklas Sievert Hier liegt ein Missverständnis vor: Ich rede ja gar nicht von einer Diskussion von uns beiden. Alles, was ich geschrieben hat, bezieht sich auf die Kritik an den Medien im eigentlichen Piq, wonach es da zu wenig Pro und Contra gibt. In die inhaltliche Diskussion um Pro und Contra wollte und will ich hier gar nicht einsteigen.

    5. Niklas Sievert
      Niklas Sievert · vor einem Jahr

      @Michael Praschma Danke für die Klarstellung.

  2. Josef Schick
    Josef Schick · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

    Toller Beitrag! Der Hörer argumentierte hoch logisch, und klug! Sehr zivilisiert geführt von beiden Seiten!!

    Wer die „ Vierte Gewalt“ gelesen hat, weiß wie diese Mainstreambildung zustande kommt. „ Die Politik kann sich nicht an der Meinung der Bürger orientieren „- woran dann????
    Seymon Hersh, Danile Ganser, Christian Wehrschütz- wenn wir diese Leute ausblenden, oder als Quelle für Spot und Diffamierung nutzen, verliert der Mainstreamjournalismus seine Daseinsberechtigung.

    Gerne würde ich die Vita Ihrer „ Ukraineexperten“ lesen!

    Wenn sogar wieder Alice Schwarzer die Stimme des Volkes sein muss, und den mind. 50% der Leute wieder eine Stimme gibt….

    Wie weit ist ein Land in den Gedanken frei, dass noch eine fremde Militärmacht auf seinem Staatsgebiet hat? Wenn die Selben die Energieader des Gastlandes gesprengt haben? Schweigen und abtauchen.

    Nur wenn die Mainstreammedien schweigen, holt sich der Bürger die Info über das Internet. Das Vertrauen in die klassischen Medien ist damit leider verloren gegangen.

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