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Medien und Gesellschaft

Sprachschützer*innen gegen "Gender-Unfug": Till Raether dekonstruiert das absurde Manifest

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
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Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzMittwoch, 13.03.2019

Vergangene Woche hat der "Verein Deutsche Sprache" (VDS) ("eine Art Sprach-Pegida", wie es Stefan Niggemeier ausdrückt) einen alarmistischen Aufruf veröffentlicht. Die mehr als 100 Erstunterzeichner*innen würden wohl vehement gegen dieses Gendersternchen protestieren, denn sie fordern: "Schluss mit dem Gender-Unfug!"

Weil sich viele Prominente beteiligten, erhielt das Manifest eine Menge unverdienter Aufmerksamkeit. Von "Witzfiguren und Wutbürgern" schrieb die taz, eine "Front der Fanatiker" erkannte die SZ, und bei Spiegel Online zerpflückte Margarete Stokowski ein Pamphlet der Mitunterzeichnerin Sibylle Lewitscharoff.

Die beste Reaktion kommt von Till Raether, der die selbsternannten Sprachschützer*innen mit ihren eigenen Waffen schlägt: Er entblößt "das Unvermögen der Deutschbeschützer*innen, ihrer eigenen Sprache Schönheit zu schenken":

Warum benutzen die Sprachschützer*innen die schreckliche Metapher von der "Vergewaltigung der Sprache"? (...) Wie hässlich, geschmacklos und verletzend kann ein Sprachbild sein? "Man kann Sprache nicht vergewaltigen", schreibt meine Kollegin Alena Schröder. Man kann nur die Traumata anderer für billige Effekte einsetzen.

In einem einzigen Lewitscharoff-Absatz entdeckt Raether:

  • ein Metaphern-Gewirr
  • einen affektierten Archaismus
  • einen lexikalischen Fehler
  • vier Tautologien
  • zwei Klischees
  • sowie ein klassisches schiefes Bild

Teils ist Rather lustig:

Ich bin zufriedener Nutzer des Gender-Sternchens. Mit "Verrenkung" ist womöglich gemeint, dass der Stern aufgrund seiner Tastatur-Randlage etwas schwerer zu erreichen ist, aber das ist Übungssache.

Teils bitterernst:

Es lohnt es sich, das Kampfwort "Gender-Unfug" etwas genauer zu betrachten und seine Verwender*innen bei genau diesem Wort zu nehmen. Der Versuch, Sprache davor zu schützen, dass sie sich verändert, entspringt nicht der Liebe zur Sprache, wie ihre Vereinsmeier*innen glauben machen wollen, sondern der Liebe zum Hergebrachten, zum Immer-so-Gewesenen.


Sprachschützer*innen gegen "Gender-Unfug": Till Raether dekonstruiert das absurde Manifest

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Kommentare 8
  1. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor 5 Jahren

    frage in die runde: gibt es im aktuellen deutschen schriftthum bereits den begriff «sprachwandelleugner» ? wenn nicht, könnte er hilfreich sein, um das diskussionsklima... hm, zu erwärmen. wie schön ließe sich darüber streiten, ob der sprachwandel menschengemacht ist, oder die "anpassung an weltweite machtverhältnisse"! und da unsere journalisten° so gerne abkürzen und "klimawandelleugner" gern mal zu "klimaleugnern" verknappsen, würde aus dem 'verein deutsche sprache' in null,nix ein verein der "sprachleugner". /ironie off

    journalisten° = kringel weil inklusiver, weniger binär als das sternchen. ebenso leicht auf der tastatur zu ertippern, ohne verrenkungen. endständig weil optisch weniger 'disruptiv' als mittel-ständiges sternchen. endständig weil es als visuelles gegengewicht vorangestellten artikeln die generische wichtigkeit nimmt (die außer germanisten° eh niemand mehr versteht, deutsch-schüler° schon gar nicht).

    danke für's piqn von till raethers kolumne, simon!

  2. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor 5 Jahren

    Brigitta Hauser-Schäublin, die als Professorin für Ethnologie in Göttingen lehrte, schreibt in der NZZ: "Anglizismen [dazu zählt das Gendersternchen], denen ich in verschiedensten Teilen der Welt begegnet bin, haben nie zu einer Bereicherung der lokalen Sprache beigetragen; sie waren in den Fällen, die ich selbst verfolgt habe, eine Vorstufe zum langsamen Verschwinden der lokalen Sprache. Sie waren, vergleichbar mit dem, was in der deutschen Sprache geschieht, Ausdruck von Anpassungsprozessen an weltweite Machtverhältnisse." https://www.nzz.ch/mei...

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor 5 Jahren

      Danke für den Link! Zu dem gesamten Beitrag möchte ich erneut Till Raether zitieren:
      "Der Versuch, Sprache davor zu schützen, dass sie sich verändert, entspringt nicht der Liebe zur Sprache, wie ihre Vereinsmeier*innen glauben machen wollen, sondern der Liebe zum Hergebrachten, zum Immer-so-Gewesenen."

    2. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 5 Jahren

      @Simon Hurtz Es ist halt nicht so, dass sich Sprache einfach so verändert, vielmehr werden Veränderungen von bestimmten Gruppen bewusst vorangetrieben und deshalb kann man auch über alle Details reden. Dabei ist es auch eher selten so, dass es nur eine Lösung gibt. Und manchmal muss man sich halt nicht einig werden.

    3. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 5 Jahren

      @Dirk Liesemer immer diese Verschwörungstheorien. und sich dann wundern dass man zt in die rechte Ecke gestellt wird. Das gender-Sternchen als
      Methode die armen deutschen umzuvol... umzuerziehen...

    4. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 5 Jahren

      "Anpassungsprozesse an weltweite Machtverhältnisse". Tja, wenn das bedeutet, dass die deutsche Sprache künftig besser abbildet, dass Frauen Teil der Gesellschaft sind, auch Macht haben und sollten. Was ist so verkehrt daran?

    5. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 5 Jahren

      @Daniela Becker Ne, das heißt es eben auch nicht. Niemand wehrt sich grundsätzlich gegen Veränderungen, die ja auch in vollem Gange sind. Es geht im von mir verlinkten Text vor allem ums Gendersternchen.

    6. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 5 Jahren

      Wo bitte sind lokale sprachen verschwunden weil es Anglizismen gab? lokale sprachen verschwinden wenn überhaupt weil Menschen verschwinden sich vermischen verändern oder immer schon mehrsprachig waren. Und der Tod der deutschen Sprache wurde schon so oft propagiert - gibt es aber immer noch.
      Und jede kleine dorfsprache erhalten zu wollen verhindert größere gesellschaftliche politische Einheiten - dann hätte es nie
      so etwas wie Luther-Deutsch und hochdeutsch gegeben nie ein Deutschland als staat oder zukünftig ein Europa der Europäer, von denen viele deutsch sprechen werden und englisch. ein deutsches Englisch. ein europäisches englisch als interlingua.

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