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piqer für: Fundstücke Pop und Kultur Liebe, Sex und Wir
Ich bin Journalist und schreibe über Kultur- und Hochschulthemen. Studiert habe ich amerikanische Kultur, Medien und Politik in Hamburg und Washington, DC. Heute wohne ich mit meiner Familie in Hamburg-Altona – in einem Haus mit "187"-Tag, um die Ecke vom Bikram-Yoga, circa mitten in den Widersprüchen.
Lea ist schwanger. Sie weiß, dass sie das Kind nicht will. Wie schwer sie es sich dennoch mit der Entscheidung gemacht hat, eine Abtreibung zu verlangen, das hat sie meiner Kollegin Laura Cwiertnia erzählt.
Laura hat lange mit Lea gesprochen, ihr Tagebuch gelesen, ihre Geschichte in Leas eigenen Worten aufgeschrieben: „Neun Momente einer Abtreibung", vom Sex über die Zweifel, die Tablette, das Blut, die Erinnerungen.
Es ist eine ganz normale Geschichte – in dem Sinne, dass nichts an dem Fall von Lea besonders spektakulär oder ungewöhnlich ist. Der Tonfall der Erzählerin ist ruhig und ernst. Es gibt komische Momente, über die man lachen kann (Schweigekloster? Seriously?). Einfach, weil es eben fast immer im Leben auch komische Momente gibt.
Der Text erzählt von einer Entscheidung, die alltäglich ist, aber für viele Betroffenen alles andere als leicht. Eine Schule der Empathie. Gerade als Mann, der niemals in Leas Situation sein wird, kann man hier viel lernen.
So in etwa dachte ich, als wir Lauras Text über Leas Entscheidung in der aktuellen Ausgabe von „Zeit Campus" abdruckten. Seitdem wurde er auch online veröffentlicht. Inzwischen hat er 650 Kommentare, was ziemlich viel ist für unsere Verhältnisse. Das hat mich überrascht. Nicht alle Kommentare klingen so, als seien ihre Absender durch eine Schule der Empathie gegangen, teilweise eher im Gegenteil. Auch daraus kann man etwas lernen über die Erfahrung von Lea und vielen Frauen in einer ähnlichen Situation.
Eines kann man jetzt jedenfalls nicht mehr behaupten: dass es Frauen, die abtreiben, in unserer Gesellschaft zu leicht gemacht würde.