Die Kulturwissenschaftlerin Sarah Diehl plädiert in ihrem neuen Buch für mehr Mut zum Alleinsein. Besonders, aber nicht nur für Frauen sei das wichtig. Alleinsein, so ihre These, hilft beim Erkunden der eigenen Bedürfnisse, und das wiederum ist eine wichtige Voraussetzung für gelingende Beziehungen und Gemeinschaft. In diesem Interview mit Beate Hausbichler bekommt man einen guten Eindruck von dem Buch.

Die heute oft beklagte Einsamkeit vieler Menschen liegt laut Diehl nicht daran, dass sie keine Beziehungen mehr führen können, sondern daran, dass unsere gesellschaftlichen Vorstellungen von Beziehungen stark normiert seien. Außerhalb der normalen Familie wird in dieser Hinsicht wenig gefördert und ermutigt. Daher gibt es abseits der patriarchalen Traditionen, die aber viele heute ablehnen, kaum Vorbilder und Alternativen für Gemeinschaftsleben.

Dabei werde die Norm der Familie auch durch Mythen und das Schüren irrationaler Ängste zementiert. Dazu gehöre vor allem die Behauptung, dass es für Frauen gefährlich sei, allein zu sein, zum Beispiel allein zu reisen. Dabei zeigen alle Statistiken, dass die weitaus meisten Gewaltverbrechen gegen Frauen innerhalb von Familien stattfinden. 

Und schließlich können Menschen auch innerhalb von Familien einsam sein:

"Viele stecken in lieblosen Beziehungen fest und vereinsamen in der Partnerschaft, weil sie durch diese davon abgehalten werden, rauszugehen und andere Freundschaften zu gründen."

So gesehen ist der Mut zum Alleinsein vielleicht der erste Schritt zu besseren Gemeinschaften.