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Klima und Wandel

Warum mancher Jubel über Energiewende-Erfolge verfehlt ist

Ralph Diermann
Energiejournalist

Strom, Wärme und Mobilität – das sind meine Themen. Ich arbeite seit 2008 als freier Energiejournalist u.a. für die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Online, die Neue Zürcher Zeitung, für Riffreporter sowie für einige Fachzeitschriften.

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Ralph DiermannMittwoch, 13.03.2024

Eine Standard-Reaktion auf Energiewende-Missmut ist der Verweis auf die Strombörse: Nachdem die Preise dort seit Herbst 2021 und vor allem nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine stark angestiegen sind, hat sich der Wind etwa seit Mitte letzten Jahres gedreht – Strom ist dort seitdem so billig wie seit Jahren nicht mehr. Das wird gemeinhin dem beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren, vor allem der Photovoltaik, gutgeschrieben (was allerdings nur ein Teil der Wahrheit ist, denn ebenso schlagen sich hier der Rückgang des Verbrauchs sowie die niedrigeren Gaspreise nieder).

Der Ökonom Peter Seppelfricke von der Hochschule Osnabrück begründet in der jüngsten Ausgabe seiner Kolumne für Capital, warum es Augenwischerei ist, die niedrigen Börsenpreise als Beleg für den Erfolg der Energiewende zu nehmen. Denn diese Betrachtungsweise lässt außeracht, dass der überwiegende Teil der Kosten dort gar nicht abgebildet wird: Die Wetterabhängigkeit der Solar- und Windenergie verlangt Backup-Kapazitäten, Flexibilitäten und Speicher; die dezentrale Erzeugungsstruktur erfordert einen umfassenden Netzausbau. Deswegen sei es im Übrigen auch wenig erhellend, auf die niedrigen Gestehungskosten der Erneuerbaren („die Sonne schickt keine Rechnung“) zu verweisen, da diese Kosten hier ebenfalls nicht eingepreist sind.

Zudem erläutert Seppelfricke einen Effekt, mit dem sich die Erneuerbaren kannibalisieren: Je mehr Strom sie erzeugen, desto stärker sinkt in dieser Zeit der Börsenpreis – und damit die Erlöse, die sich mit dem Ökostrom erzielen lassen. Da die meisten Anlagenbetreiber aber für ihren eingespeisten Strom eine Fix- oder eine Mindestvergütung bekommen, muss der Staat umso mehr Geld zuschießen.

Was Seppelfricke hier ausführt, wird in Energiewirtschaft und -forschung schon seit vielen Jahren intensiv diskutiert. Einen wichtigen Beitrag liefert er damit aber trotzdem, da er die öffentliche Debatte um Energiewende-Erfolge etwas zurechtrückt - auch wenn man über einige seiner Schlüsse trefflich streiten kann.

Warum mancher Jubel über Energiewende-Erfolge verfehlt ist

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Kommentare 11
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor einem Monat

    Hm. Intuitiv würde ich sagen, dass die Systemkosten früher oder später sehr wohl in der Strombörse abgebildet werden sollten, sofern die Stromanbieter an ihnen beteiligt sind und deren Kosten über Stromverkauf hereinbringen müssen.
    Ansonsten Selbst-Kannibalisierung wegen der Variabiltät der EE - ja. Könnte man kurzfristig durch Curtailment lösen: Anlagen abschalten bis Strompreis wieder kostendeckend ist. Mittelfristig wird es durch 1. Speicher, 2. Langstreckenverbindungen und 3. Nachfragesteuerung gelöst werden.
    Im Übrigen sind hohe Stromkosten eine gute Sache, wenn man den Prozess der Dekarbonisierung vorantreiben will: sie fördern die Effizienz. Das sehen die Populisten zwar anders, aber die sehen ja auch nicht, dass uns das Klima gerade wirklich aus dem Ruder zu laufen droht.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Monat

      Ich denke, hohe Stromkosten behindern eher die Dekarbonisierung. Man braucht nämlich für den Umbau der Infrastrukturen sehr, sehr viel Strom. 🤔

  2. Susanna Sandvoss
    Susanna Sandvoss · vor 2 Monaten

    Ich hätte das gerne auch noch in Beziehung zu nicht-wirtschaftlicher Betrachtung gehabt. Das hier ist auch eine einseitige Herangehensweise. Das Klima verändert sich rasant, Atommülllager sind immer noch ein Problem usw. So hinterlässt es den Eindruck, Erneuerbare seien schlecht, ohne Verbesserungsvorschläge zur Energieversorgung zu machen.

    1. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor 2 Monaten

      Der Autor verweist im Text ja selbst darauf, dass auch die externen Kosten der Energieerzeugung berücksichtigt werden müssen. Die lassen sich allerdings nur schwer kalkulieren. Klar ist aber, dass die externen Kosten der fossilen Energien um ein Vielfaches höher sind als die der Erneuerbaren. Warum der Autor im Text nur die externen Kosten der Atomenergie und der Erneuerbaren und nicht die der Kohle- und Gaskraftwerke anspricht, bleibt sein Geheimnis.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Monaten · bearbeitet vor 2 Monaten

      Weder sind EE schlecht (aber genau so wenig problemlos wie AKW), noch sind Atommüll und seine Lagerung ein unlösbares Hindernis. Es gibt eigentlich genug technische und wirtschaftliche Konzepte. Das ideale Energiesystem sollte möglichst einfach sein, wenig Ressourcen für die Erstellung etc. benötigen und natürlich auch wenig Raum in der Umwelt einnehmen.. Optimal wäre wahrscheinlich aus technischer, wirtschaftlicher und ökologischer Sicht eine Mischung aus EE (wo sie hinpassen) und AKW mit hoher Energiedichte sein. Das finden eines möglichst optimalen Systems in dem viele Variablen, viele Faktoren eine Rolle spielen ist kein entweder oder. Aber eben nicht komplett im Voraus planbar/berechenbar. Es muß sich entwickeln. Viele einzelne Technologien müssen probiert und vervollkommnet oder eben u.U. verworfen werden.

    3. Susanna Sandvoss
      Susanna Sandvoss · vor 2 Monaten

      @Thomas Wahl Danke für die Antwort. Mir sind noch keine wirklichen Lösungen für die Atommüll-Lagerung begegnet. Gibt es da einen Link oder sonst einen Hinweis, wo sich welche finden?

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 2 Monaten · bearbeitet vor 2 Monaten

      @Susanna Sandvoss https://www.nzz.ch/int...

      https://www.spiegel.de...

      In Deutschland hat man eigentlich lange gar nicht mehr richtig nach Endlagerstätten gesucht. Wie bei Kraftwerken, Windrädern etc. will keiner sowas in seiner Nähe haben. Auch ist die Dauer von 1 Mio. Jahre wohl etwas übertrieben:
      "Die hochradioaktiven Abfälle strahlen nach 1000 Jahren noch etwa fünf Mal stärker als das Uranerz, aus dem das Natururan gewonnen wurde. Nach 200 000 Jahren ist die Radioaktivität auf das Niveau von Natururan abgesunken. Die radioaktiven Stoffe dürfen aber auch nach diesem Zeitraum nicht in grösseren Mengen in Nahrung oder Atemwege gelangen – ebenso wenig wie chemische Giftstoffe wie Blei oder Quecksilber."

      https://www.kernenergi....

      Aber u.U. braucht man solche Lager gar nicht, wenn man die immer noch energiereichen "abgebrannten" Brennstäbe in zukünftigen Reaktorgenerationen nutzt.

      https://www.mdr.de/wis...

      https://www.nuklearfor...

      https://www.quarks.de/....

      —————————
      "Atommüll« ist Wertstoff:
      Heutige Reaktoren können den nuklearen Brennstoff nur zu einem kleinen Teil nutzen. Der größte Teil – etwa 97% – wird gar nicht gespalten, muss aber als Atommüll gelagert werden. Das sorgt für Angst und Kontroversen. Die gute Nachricht: Fast der gesamte Müll ist Brennstoff für moderne Kraftwerke der Generation IV. Das ist keine Utopie: Russland macht das bereits teilweise und verbrennt seit Anfang 2020 in seinem Schnellreaktor BN-800 Atommüll. Der Brennstoff enthält recyceltes Plutonium aus alten Brennstäben und Abfälle aus der Urananreicherung.

      Weltweit werden – von Deutschland kaum bemerkt – neue Reaktorkonzepte entwickelt, die das gleiche Prinzip verfolgen und Atommüll als Brennstoff nutzen. Beispiele sind der Natrium-Reaktor der US-Firmen GE Hitachi Nuclear Energy und TerraPower von Bill Gates, der Stable Salt Reactor der britischen Moltex Energy oder der Mikroreaktor Aurora Powerhouse von Oklo (USA). Sogar Deutschland hat mit dem Dual-Fluid-Reaktor ein innovatives Reaktorkonzept hervorgebracht. Für die weitere Entwicklung haben die Erfinder ein Unternehmen mit Sitz in Kanada gegründet. Dort finden sie und andere Reaktorentwickler eine kernkraftfreundliche Gesellschaft vor und eine Politik, die die Chancen der Kernenergie sieht, sie wertschätzt und fördert.

      Allein unser deutscher Atommüll, der in den letzten Jahrzehnten angefallen ist, könnte uns mehrere hundert Jahre lang mit Strom versorgen. Was zurückbleibt, braucht nicht eine Million Jahre gelagert zu werden; wenige Jahrhunderte reichen. Was fehlt, ist nur der politische Wille, diese Aufgabe mit Zuversicht anzugehen."
      https://nuklearia.de/1...

    5. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Monaten

      @Thomas Wahl Danke für die Infos. Die kreislaufwirtschaftliche Wiederverwendung wäre tatsächlich optimal, wenn die Sicherheit gegeben ist. Es ist nachvollziehbar, dass auch die Kosten wesentlich geringer werden.
      Und die immer noch bestehendem Abhängigkeiten von der russischen Atomindustrie (siehe https://www.piqd.de/vo...) können reduziert werden. Ein ideales Feld für die internationale Kooperation bei der friedlichen Kernkraftnutzung - wenn wir den Frieden im Osten erleben, vielleicht auch wieder mit Russland.

    6. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 2 Monaten

      Eine gute Frage. Es geht immer noch viel zu oft um Effizienz, die sich ausschließlich an bekannten, nachweisbaren Kosten orientiert. An langfristige Umwelt- und wirtschaftliche Schäden wird nicht gedacht.

      Über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle gibt es einen Bericht auf 344 Seiten: https://www.bmuv.de/fi... Dort heißt es auf S. 110:
      „Die finanziellen Mittel in Höhe von ca. 24 Mrd. Euro für die Zwischen- und Endlagerung sind dem Bund von den Betreibern zur Verfügung gestellt und in einen Fonds, der als öffentlich-rechtliche Stiftung organisiert ist, zum 1. Juli 2017 übertragen worden.“ Die Mittel sollen angelegt werden, um aus Kapitalerträgen eine ausreichende Finanzierung künftiger Aufwendungen zu gewährleisten.

      Dabei ist die Endlagerung noch gar nicht geklärt, das wird aus dem Bericht deutlich. Es gibt keine Erfahrungen, nur erste Kalkulationen. Der Autor des Artikels will so ein kompliziertes Thema auf einer Seite beiseite schieben. Wie er auf die 4 % kommt, erklärt er nicht - 80 Jahre AKW-Betriebsdauer und X Jahre Folgeaufwand?

      Zu den „höchsten Kosten“ für Verstetigung bzw. Versorgungssicherheit nennt er gar keine Zahl.

      Zutreffend ist nur, dass auf den Börsenpreisen keine Energiepolitik aufgebaut werden kann.

      Seine Kritik an DIW und Fraunhofer ist reiner Populismus.

      ***
      Ein Konzept für eine gesamtwirtschaftliche, umwelt-ökonomische Datenbasis entwickeln Statistiker’innen im Rahmen der UN. Es ist eine komplizierte Aufgabe - „Grünes BIP“: https://www.piqd.de/vo...

  3. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 2 Monaten

    So ist es wohl …..

  4. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor 2 Monaten

    Tja die öffentliche Debatte - - - in praktisch jedem Themenbereich fragwürdig.

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