Shaun Usher sammelte jahrelang Briefe wie andere Leute Schmetterlinge oder Kronkorken, die erstaunlichsten hat er kommentiert und online präsentiert. So entstand ein einzigartiges Sammelsurium, ein virtuelles Museum, eine weit verzweigte Schatzkammer mannigfaltigster persönlicher Botschaften, die alle eines eint: Sie sind Fenster in Leben, Zeitabläufe, geschichtliche Ereignisse, oft durchdrungen von tiefer Menschlichkeit. Es fällt schwer, einzelne Briefe hervorzuheben, weil wirklich jeder so berührend ist und originell, oft ein kleines Wunder. Ein 17-jähriger Budapester schreibt einen Abschiedsbrief an seinen Bruder, bevor er von den Nazis erschossen wird. Florence Nightingale, die Mutter aller Krankenschwestern, berichtet 1854 vom Grauen in einem Militärhospital in der Türkei und schafft so ein Bewusstsein, das in der Folge unzählige Leben rettet. Der erst 20-jährige Hunter S. Thompson gibt einem Freund Lebensratschläge, die auch 60 Jahre später noch jedem dringend ans Herz zu legen sind, und der deutsche Sportler Luz Long schreibt Jesse Owens, dem vierfachen Goldmedalliengewinner der Olympischen Sommerspiele in Berlin 1936, im Zweiten Weltkrieg von der Front in Nordafrika mit dem Wissen, dass er sterben wird, und bittet den Freund nach dem Krieg seinen Sohn zu besuchen und ihm von seinem Vater zu erzählen, was Owens dann auch tut. Hunderte Briefe, Postkarten, Telegramme und Faxe sind hier versammelt. Eine Auswahl hat Shaun Usher in seinen zwei gefeierten ‘Letters of Note’-Anthologien veröffentlicht. Seit einem Jahr gibt es keine neuen Einträge mehr, weil er sich nach den Briefen den Reden zugewandt hat – ‘Speeches of Note’ ist soeben erschienen, online gibt’s sie hier.