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Flucht und Einwanderung

Gestern & Heute: Gibt es ein Ende des Wachstumszwangs, der immer mehr Menschen vertreibt?

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergFreitag, 10.04.2020
Auf der Rowohlt-Webseite publizieren Autoren Kommentare zum aktuellen Stillstand aufgrund von Corona.


Eugen Ruge, Autor der Bestseller In Zeiten des abnehmenden Lichts oder Metropol, die sich zu Longsellern entwickeln könnten, hinterfragt die jetzige Globalisierung, die nach dem Ende der Pandemie wieder in Gang kommen könnte – ohne notwendige, grundsätzliche Änderungen:

Lassen wir uns von Corona nicht die Laune verderben! Freuen wir Wohlständigen uns über unseren Wohlstand, der darauf beruht, dass eine Näherin in Äthiopien 1,50 Dollar am Tag verdient; dass in Bangladesch die Fabriken zusammenkrachen; dass in China die Flüsse von Chemikalien verseucht werden. Und so weiter. Lasst uns Konsumplunder herstellen lassen, dass es kracht. Lasst uns bald wieder täglich Millionen Tonnen Waren durch diese Welt schippern. Und ein paar Krokodilstränen vergießen über das Klima. Wir wissen doch: Deutschland geht es gut! Sogar die Winter werden allmählich wärmer. Zum Skifahren können wir ja dann in die Alpen fliegen. Oder vielleicht in die Anden?

Auf der Webseite, auf der Eugen Ruges Kommentar veröffentlicht ist, findet man auch Infos zu einem neu aufgelegten Buch aus den 1990er Jahren: DER LUGANO-REPORT von Susan George.

Bereits Ende 1996 hielten – wie in diesem verstörenden Buch erzählt wird – im Tessiner Lugano Limousinen vor dem Eingang eines luxuriösen Konferenzgebäudes. Türen werden geöffnet, angesehene Wissenschaftler steigen aus. Sie bilden eine Arbeitsgruppe, die Leitlinien entwickeln soll, „wie man die liberale freie Marktwirtschaft und jenen Prozess, der sich am besten unter dem Begriff ‚Globalisierung‘ fassen lässt“, nicht nur beibehalten kann, sondern im kommenden 21. Jahrhundert weiter entwickeln und vertiefen kann.

Als gravierendes Problem sieht die Arbeitsgruppe das „erhebliche Bevölkerungswachstum im Süden“ und den damit verbundenen „immer größeren Zustrom von Einwanderern aus dem Süden in den Norden“. Dies werde „früher oder später schwere kulturelle Konfrontationen und Implosionen“ auslösen.

Wenn es im Jahr 2020 tatsächlich acht Milliarden Menschen auf der Welt geben sollte, werden die gravierenden Probleme überdeutlich sein und der jetzigen Form der Globalisierung würde von den Verlierern ein Ende gesetzt werden. Deshalb kommen die hochdotierten Experten – Zynismus gehört zum Handwerk – zu dem Schluss, dass die Zahl der Menschen drastisch reduziert werden müsse – durch Eroberung, Krieg, Hungersnot und Seuchen.

Um das Ziel von vier Milliarden Menschen im Jahr 2020 zu erreichen, muss die Weltbevölkerung über zwei Jahrzehnte hinweg durchschnittlich um hundert Millionen Menschen jährlich reduziert werden.

Nur wenn das vor allem in den weniger entwickelten Ländern gelänge, sei der neoliberale Kapitalismus zu retten – ansonsten zerstöre er die Natur, weil er zu viele Verlierer produziere.

Das Buch ist durchweht von einem kalten, sarkastischen Wind, wie ihn einst schon Jonathan Swift zu erzeugen verstand, der in seinem „bescheidenen Vorschlag“, angesichts der Hungernöten in seiner irischen Heimat 1729 satirisch dafür plädierte, die Kinder der Armen zu schlachten und das Fleisch als „höchst schmackhaftes Nahrungsmittel und eine gesunde Speise anzubieten“.

Allerdings ist die Autorin Susan George keine im Sinne des Erzählers von Gullivers Reisen, vielmehr verfasste sie den Lugano-Report als stellvertretende Direktorin des Transnational Institute (TNI) in Amsterdam. Seit drei Jahrzehnten beriet sie da schon verschiedene UN-Kommissionen und hatte mehrere Standardwerke zu ernährungs- und wirtschaftspolitischen Fragen verfasst. Ihr Buch basierte auf Prognosen, die bis ins Jahr 2020 reichen und sich – wie wir heute wissen – im Kern als richtig erweisen. Deshalb ist das Buch nicht nur antiquarisch zu kaufen.

Zum Sarkasmus von Susan George passt der von Eugen Ruge, der seine Gedanken zu einem hier zu findenden ZEIT-Artikel ausbaute. Der Untertitel (Schuld an Corona) passt nicht ganz zum Artikel, da er eine grundsätzliche Kritik enthält, die man gerade zu Ostern mit dem Papst formulieren könnte:

Diese Wirtschaft tötet.

Oder für alle Glaubenichte mit Susan George, die eine scheinbare Verteidigung schrieb – und mit erschreckender Ruhe und unerbittlicher Konsequenz enthüllte: Wer die bestehende Weltordnung beibehalten will, ist zu wachsenden Brutalitäten gezwungen.

Gestern & Heute: Gibt es ein Ende des Wachstumszwangs, der immer mehr Menschen vertreibt?

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Kommentare 2
  1. Reinhard Graeff
    Reinhard Graeff · vor 4 Jahren

    Capitalism kills - hat das nicht der Papst auch vor ein paar Jahren nicht nur erkannt,sondern auch ausgesprochen?
    Das kommt jetzt nicht von einem radikalen Systemkritiker, sondern von einem pragmatischen Kleinunternehmer ...

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Jahren

      Hier ein Hintergrundbericht nicht von einer linksradikalen, sondern einer kirchlichen Webseite mit Zitaten:
      https://weltkirche.kat...

      Frohe Ostern - trotz alledem - wünscht Achim

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