Es ist ein piq der Superlative: Seit 2012 dauerte das Langzeitprojekt "Geschichte im Fluss. Flüsse als europäische Erinnerungsorte". Es begann mit Strömen in unseren Breiten wie Elbe oder Rhein, dann ging es in den Osten bis zur Wolga oder in den Westen zur Marne. Die Donau, die den Kontinent quert, erhielt ihren exponierten Platz. Den Abschluss bildet "Fluss der vielen Namen": Evros, der auch Meric oder Martisa genannt wird und durch Bulgarien fließt und über weite Strecken die türkisch-griechische Grenze markiert.

Das Dossier besteht aus 98 Essays von 78 Autoren aus 17 verschiedenen Ländern. Fotos von Inka Schwand dokumentieren das Leben entlang der Flüsse.

Biographien wie die von Elias Canetti machen Geschichte erlebbar:

Rustschuk, an der unteren Donau, wo ich zur Welt kam, war eine wunderbare Stadt für ein Kind, und wenn ich sage, dass sie in Bulgarien liegt, gebe ich eine unzulängliche Vorstellung von ihr, denn es lebten dort Menschen der verschiedensten Herkunft, an einem Tag konnte man sieben oder acht Sprachen hören.

Als er 1981 den Nobelpreis bekam, ehrten ihn sieben Staaten: Bulgarien, Deutschland, England, Österreich, Israel, Spanien und die Schweiz. Er besaß die österreichische und britische Staatsbürgerschaft, vor den Nazis floh er aus Österreich mit einem türkischen Pass, aber bekannte sich zur österreichischen Literatur. Ein deutschsprachiger Schriftsteller jüdischer Herkunft mit einem europäischen Leben.

Mit interaktiven Karten kann man virtuell reisen und reale Exkursionen planen.

Uwe Rada koordinierte alles:

Die Idee hinter dem Dossier war es, Flüsse nicht nur als national aufgeladene Grenzströme zu betrachten. Denn sie sind gleichzeitig verbindende Elemente, die nationale Grenzen überwinden und die Möglichkeit zum Austausch schaffen.

Flüsse ... sind Heimat, Erinnerungsstätten, religiöse Symbole, Botschafter und Wegmarken in der Geschichte. So ist der Evros eine Außengrenze Europas und zugleich eine Verbindung zwischen Orient und Okzident.