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Zeit und Geschichte

Schöne, neue Welt(un)ordnung oder: Auf der Kippe

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMittwoch, 03.01.2024

Die Welt steht auf der Kippe. Ein Zurück geht nicht mehr, ein weiter so führt in eskalierende Katastrophen, aber wo ist ein Weg ins Offene? 

Paul Mason und Herfried Münkler sind vertraute Gäste auf Piqd. Nun publizierten beide über eine neue Welt(un)ordnung.

Neben dem Artikel von Paul Mason gibt es diesen Podcast mit Herfried Münkler von Peter Dausend und Ileana Grabitz auf ZEIT-Online.

Beide nehmen den Abzug des "Westens" aus Afghanistan im August 2021 als Ausgangspunkt, beide nutzen historische Rückblenden.

Herfried Münkler spielt als Politikwissenschaftler und -berater Möglichkeiten durch; Paul Mason blickt stärker auf die ökonomische Basis.

Es gibt, um eine Metapher von Karl Marx zu bemühen, einen rechtlichen und geopolitischen Überbau, der von der darunter liegenden wirtschaftlichen Basis nicht mehr getragen werden kann, weil diese Basis zerbrochen ist.

Die Weltwirtschaft hat begonnen, sich zu deglobalisieren, und zerfällt in rivalisierende Sphären. Der globale Informationsraum wird balkanisiert. Russland und China haben einen Systemwettbewerb gegen den Westen gestartet und sind mit Erfolg dabei, Oligarchien und gescheiterte Demokratien für ihr Projekt zu rekrutieren.

Beide Beobachter analysieren jenseits des Schwarz-Weiß-Musters oder des ebenso simpel-falschen Demokratie-Diktatur-Rasters die Lage.

Der Aufbau einer neuen Ordnung, die oft schon den Keim ihres Untergangs in sich trägt, braucht seine Zeit; über die Zeit des formierten "Kalten Krieges" schreibt Mason:

Das Nachkriegsgefüge erforderte eine jahrzehntelange intellektuelle Anstrengung und rechtlich, politisch und ökonomisch ein in entscheidenden Punkten neues Denken des Westens – lange bevor dieses neue Denken in Form von Gesetzen und Institutionen in die Tat umgesetzt wurde.

Heute gilt es, die Unzufriedenen, die nicht unbedingt Diktatoren wie Putin oder einen tödlichen Antisemitismus der Hamas wünschen, sondern vor allem mit der Ungerechtigkeit der untergehenden Weltordnung brechen wollen, zu gewinnen.

Denen soll man nicht Wege zum vermeintlichen Glück vorschreiben, sondern Vorschläge zur Weiterarbeit machen:

Deshalb muss der neue Multilateralismus ein Gemeinschaftswerk sein, in das die fortschrittlichen und humanistischen Traditionen Chinas ebenso einfließen wie die des indischen Subkontinents, Afrikas und Lateinamerikas sowie des Westens. Er muss sich auf ihr Wissen stützen und ihre Werte verkörpern – aber er muss auch den Universalismus neu formulieren und Zusammenhalt stiften.

Ist eine solche gleichberechtigte Zusammenarbeit inmitten der realen Ungleichheit möglich?

Eine Unsicherheit ist bei beiden Autoren zu spüren, aber beide provozieren mit dem Wissen von gestern Fragen fürs Heute, die ins Morgen zielen.

Schöne, neue Welt(un)ordnung oder: Auf der Kippe

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Kommentare 5
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 4 Monaten

    Danke, find ich sehr inspirierend. Die Unsicherheit spüre ich auch. Wie immer aber auch einiges kritisches beim Lesen von Paul Mason:

    "Die Welt nach 1945 war das Resultat lang gehegter juristischer, ökonomischer und geopolitischer Visionen." War sie auch, aber vor allem war sie Resultat einer konkreten Machtkonstellation unter der sehr verschiedene "Visionen" ausprobiert wurden.
    Ja, Politiker wie Kaja Kallas, Sanna Marin und Wolodymyr Selenskyj verkörpern auch für mich einen neuen Geist. Aber ohne die Macht der USA hätte sich dieser Geist, gegen China und Rußland, nicht entfaltet. Und er würde untergehen, wenn die USA sich zurückziehen.

    Ja, klasse: "Wir sollten uns nicht fragen: „Wie erhalten wir die alte Weltordnung aufrecht?“, sondern wir sollten uns die Frage stellen, die 1943/44 John Maynard Keynes und sein amerikanischer Amtskollege Harry Dexter White formulierten: Wie soll die Welt aussehen, wenn wir gewinnen? (Wobei mit „wir“ heute alle Völker der Welt gemeint sein müssten und nicht nur „der Westen“.)"

    Nur sehe ich dieses "wir" nicht, es ist und bleibt ein Fiktion. Und wenn es ums gewinnen geht, dann heißt das "Kampf", eben mit dem zunehmend erstarkenden Asien und Afrika.

    Und das die Völker dort ihre Diktaturen nicht abschütteln, liegt sicher nicht daran, "dass die bestehende Weltordnung ihnen nicht zusagt und sie sich eine neue Weltordnung wünschen." Den Machthabern geht es doch nicht um irgendwelche Wünsche ihrer Völker. Eher liegt es daran, dass ihre Traditionen andere sind, sie über die Weltordnung wenig wissen und die jeweiligen Machstrukturen auch gar keine Aufklärung fördern. Sehr wohl aber Vorurteile, Rassismus und Nationalismus. Deshalb wird und kann der neue Multilateralismus gar kein Gemeinschaftswerk sein. Er wird wie immer in der Geschichte das ungesteuerte Resultat unterschiedlicher sich überkreuzender Kräfte und Interessen sein. Ein politisch, wirtschaftlich und militärisch "schwacher Westen" wird sich darin wohl auch nur schwach wiederfinden. Es geht nicht ums intellektuelle Wünschen sondern ums reale können. Da überschätzt Mason m. E. die Rolle der intellektuellen Anstrengungen, den Anteil der sich fortschrittlich fühlenden westlichen Intellektuellen gewaltig.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Monaten

      Ich glaube, wenn man die Paul Mason eigene Emphase ein- oder abrechnet, ist es realistisch.

      Der wirtschaftliche Abstieg oder auch Aufstieg geht oft mit einem intellektuellen zusammen.

      Leider hinter einer Bezahlschranke, aber dazu aufschlussreich:
      https://www.tagesspieg...

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Monaten · bearbeitet vor 4 Monaten

      @Achim Engelberg Der wirtschaftliche Aufstieg hängt sicher stark mit dem Aufstieg der MINT-Fächer zusammen. Was die sozialwissenschaftlichen Narrative dazu wirklich beigetragen haben, wird wahrscheinlich dramatisch überschätzt. Natürlich können sich reiche Gesellschaften viele solche Wissenschaftler und Universitäten leisten. Und natürlich glaubt man auch, solange das System dominiert, diesen Wissenschaftlern eher. Aber sowenig die heutige Welt den Wünschen und Voraussagen der vielen Sozialwissenschaftlern entspricht, sowenig ist die heutige Herausforderung durch den globalen Süden eine in erster Linie eine an unsere intellektuelle wissenschaftliche Weltanschauung. Es ist die Ökonomie, die demografische, wirtschaftliche und militärische Dynamik. Vorrangig Hard Power eben ….. Aber wir müssen uns schon selbst kritisch fragen, ob wir die Welt, die Gesellschaften, richtig interpretiert haben und heute gut verstehen. So richtig überzeugend waren die Ergebnisse, die Prognosen ja in Ost und West nicht. Beide waren ja nicht auf der Siegerstrasse, wie wir heute vermuten können.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Monaten

      @Thomas Wahl Unterschätzt.

      Natürlich meine ich nicht nur sozialwissenschaftlich, sondern kulturell in seiner Gesamtheit.

      In unseren Breiten (wahrscheinlich auch global) begann es meistens kulturell und mir erscheint das nach der Pest des Neoliberalismus ( »There ist no such thing as society«) wieder entscheidend zu werden.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Monaten

      @Achim Engelberg Ich sehe allerdings gerade eher einen intellektuellen Niedergang auch im Westen. Und eigentlich glaube ich auch, "There ist no such thing as neoliberalism" ….. nicht wirklich als klares Phänomen jedenfalls.

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