In fast jeder größeren deutschen Universitätsbibliothek gibt es neben den Freihandmagazinen, aus denen man sich die Bücher einfach selbst holt, und den Handschriftenlesesälen für die Dinge, die man nur unter Aufsicht in die Hand nehmen darf, auch noch eine Tür, durch die oft auch nur ausgewählte MitarbeiterInnen dürfen: die geschlossenen Magazine. Nicht selten finden sich dort hunderte Regalmeter von Büchern, von denen die Bibliothek nicht ganz sicher ist, ob sie überhaupt da sind. Das sind die Bände, die den Zweiten Weltkrieg überlebt haben, oft hektisch aus den Städten aufs Land geschafft, halb weggebrannt, mitunter als Andenken zerfleddert.

Die Bestände, die im Sommer 1945 noch da waren, kehrten meist irgendwann an ihre früheren Orte zurück, aber um nachzugucken was genau fehlt oder unvollständig geworden ist, fehlt häufig die Zeit – weshalb jede Bestellung dieser Bücher aus dem uralten Zettelkasten studierte BibliothekarInnen an die Regale eilen lässt, um zu überprüfen, ob der Band wirklich da ist.

Für diese verlorenen, verbrannten und verschleppten Bücher gibt es hierzulande keinen besseren Kenner als Klaus Garber, den die Frankfurter Rundschau hier interviewt. Sein Herzthema spätestens seit der Emeritierung sind die nach Osteuropa verbrachten Handschriften, Originale und Rara, die bis heute nicht an ihre rechtmäßigen BesitzerInnen zurückgegeben wurden – obwohl ein Ausgleich im Rahmen der Rückführung von Beutekunst ja sicher möglich gewesen wäre. Garber ist einer der Forscher alten Schlages, an dem man sich reiben kann, vielleicht muss: Sein deplatzierter Hinweis, die „neuen Bundesländer“ seien Mittel- und nicht Ostdeutschland dürfte jedenfalls sämtlicher Diplomatie einen Bärendienst erweisen.