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Volk und Wirtschaft

Radikaler Liberalismus – eine Welt ohne Grenzen?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlDonnerstag, 11.01.2024

Es ist immer interessant, einen Gedanken in aller Radikalität durchzudeklinieren. Allerdings sollte man dann nicht alle Bedenken einfach ohne Empirie mit scheinbar logischen Behauptungen bei Seite wischen, wie es Ilya Somin in diesem Interview tut. Er plädiert für die weltweite Personenfreizügigkeit, analog zur innerstaatlichen Mobilität. Manchem wird die Hypothese, dass staatlich unbeschränkte Migration zu Wohlstand führt, sicher einleuchten. Ob aber auch die andere Seite, die Steuerung und Organisation durch den Markt und die privaten Aktivitäten erfolgen soll, begrüßt wird? Also, wie denkt ein klassischer Liberaler:

Nein, vielmehr habe ich mich damit beschäftigt, weshalb Menschen in den USA oder der Schweiz von einem Gliedstaat oder Kanton in einen anderen ziehen. Die internationale Migration ist eine Variante dieser Abstimmung mit den Füssen, die noch viel stärker wirkt. …. Die Gewinne an Freiheit und Wohlstand sind bei internationaler Migration ungleich grösser, als wenn die Menschen von Basel nach Zürich ziehen.

Klingt in dieser Abstraktheit erst mal in der Tat logisch. Auf die Frage, warum bei diesen zu erwartenden riesigen Gewinnen nationalistische Akteure wie Trump oder die AfD und die Fratelli d’Italia gewählt werden, antwortet er:

In der Politik haben schlechte Ideen zunächst oft die Oberhand. So etwa, dass die Frau sich dem Mann unterordnen sollte. Auch die Sklaverei wurde lange von einer Mehrheit befürwortet. Unsere Beschränkungen der Zuwanderung sind nicht viel anders als die Rassentrennung.

Ein Land solle auch nicht die Geschwindigkeit der Einwanderung drosseln. Er sieht solche Versuche als zentrale Planung und diese sei generell eine schlechte Idee. 

Weshalb sollte die Regierung in Washington wissen, wie viele Menschen in Kalifornien oder in Texas leben sollten? Die Regierung weiss auch nicht, welche Immigranten besonders produktiv, innovativ oder unternehmerisch sein werden. Wenn die zentrale Lenkung auf dem Arbeitsmarkt so gut funktioniert hätte, wäre die Sowjetunion sehr erfolgreich gewesen.

Wobei er übersieht, dass eine solche, an allgemeinen Merkmalen orientierte statistische Steuerung von Entwicklungen, genau keine zentrale Planung á la Sowjetunion darstellt. Es geht nicht darum zu wissen, welcher einzelne Einwanderer besonders innovativ ist. Man will damit nicht den Arbeitsmarkt "planen". Das wäre natürlich ein absurder Versuch. Man will die statistische Wahrscheinlichkeit für den Erfolg von Migration erhöhen.

Somin hält in seinem absoluten Vertrauen auf die Märkte auch die Befürchtung, dass bei freiem Zuzug z.B. bald 50 Millionen oder mehr Menschen in der Schweiz leben könnten, für überzogen. Die Zahl sollte letztendlich von den freien Märkten und der Zivilgesellschaft bestimmt werden. Kulturelle oder politische Unterschiede spielen keine Rolle. Wie das funktionieren könnte, sagt er hier nicht, meint aber 

50 Millionen Menschen werden aber nicht in die Schweiz ziehen – eben weil sie ein kleines Land ist und es keine Wohnungen und Arbeitsplätze für sie gäbe. Und in der Tat hat die Freizügigkeit in der EU zu nichts dergleichen geführt, auch wenn es grosse Wohlstandsunterschiede zwischen den Nationen gibt.

Man braucht nur nach Berlin schauen, um zu sehen, dass schlechter werdende Infrastrukturen, fehlende Wohnungen, und Arbeitsplätze kein Grund sind nicht dorthin zu ziehen. Was dann die Infrastruktur weiter überlastet und verschlechtert. Das mag natürlich auch am Politikversagen im Wohnungsbau liegen, wie Somin es sieht, aber deswegen solle man nach seiner Hypothese die Einwanderungspolitik nicht restriktiver gestalten.

Eine Vorstellung, wie er sich eine Steuerung der Migration durch die Zivilgesellschaft konkret vorstellt, gibt Somin in der Washington Post. Sein Vorbild ist Kanadas "Private Sponsorship of Refugees-Programm", das es einzelnen Bürgern und Organistionen oder Gemeinden ermöglicht, Flüchtlinge finanziell und anderweitig eine Zeit lang (oder bis der Flüchtling autark ist) zu unterstützen.

Im Gegensatz zum US-Programm können die Flüchtlinge nach der Sponsoring-Periode dauerhaft bleiben und das Programm ist nicht auf Menschen aus bestimmten Ländern beschränkt. Die Kombination von finanzieller Unterstützung mit persönlicherer Unterstützung, wie z.B. der Unterstützung von Flüchtlingen bei der Suche nach Sprachkursen oder der Anmeldung ihrer Kinder für Schulen, gibt den Flüchtlingen die Möglichkeit, einzureisen. Die Empfänger privater Hilfe müssen Flüchtlinge sein, wie von den Vereinten Nationen definiert (oder nach anderen Kriterien). …… Privat gesponserte Flüchtlinge sind demnach in der Regel besser ausgebildet als rein staatlich unterstützte Flüchtlinge. Und selbst wenn man die bessere Ausbildung als Variablen herausrechnet, ergab eine kürzlich durchgeführte kanadische Studie, dass privat gesponserte Flüchtlinge höhere Beschäftigungsquoten und Einkommen hatten als staatlich geförderte.

Ich würde Somin sofort zustimmen, wir brauchen Migration und

Migration kreiert zusätzlichen Wohlstand für die Eingewanderten, höhere Gewinne für die Firmen, die sie einstellen, aber auch mehr Chancen für die Einheimischen. Man kann einen Teil dieses zusätzlichen Wohlstands nutzen, um die Infrastruktur zu stärken. Ich bin überzeugt: Die zusätzlichen Kosten für die Infrastruktur sind viel niedriger als die zusätzliche Produktivität der Einwanderer.

Aber nur, wenn man es richtig anstellt und dabei die kulturellen und politischen Konflikte und Kosten im Auge behält. Sonst destabilisiert es Staaten und Regionen und damit ist keinem geholfen. Die totale Personenfreizügigkeit funktioniert genauso wenig wie die undurchdringliche Mauer.

Radikaler Liberalismus – eine Welt ohne Grenzen?

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