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Ohne Zusammenbruch vom Kapitalismus verabschieden?

Stefan Dierkes

Stefan ist einige Jahre alt und ist gelernter alphabetophiler Prokrastinierer. Daher sind seine Schriften bislang vor allem im Gyrus supramarginalis erschienen.

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Stefan DierkesFreitag, 15.01.2021

taz-Wirtschaftskorrespondentin Ulrike Herrmann erforscht in diesem Essay einige Modelle zu einer nicht auf Wachstum ausgerichteten Wirtschafts und fragt sich dabei:

Eine Welt ohne Wachstum, schön und gut. Die Frage ist nur: Wie verabschieden wir uns vom Kapitalismus, ohne dass alles zusammenbricht?

Dass es in einer endlichen Welt kein unendliches Wachstum geben kann, ist klar. Trotzdem, so Herrmann, können wir nicht einfach "Goodbye, Kapitalismus" sagen, ohne uns mit dem Wie des Goodbyes zu beschäftigen:

Über den Prozess der Transformation wird kaum nachgedacht. Der Kapitalismus fährt gegen eine Wand, aber niemand erforscht den Bremsweg.

Bei dieser Bremsweg-Forschung soll weniger unser Konsum, sondern vor allem die Produktion erforscht werden, denn für sie ist das "Endziel" unseres Wirtschaftens die Sicherung der Arbeitsplätze: "Wir arbeiten, um zu arbeiten. Denn nur wer Arbeit hat, hat Einkommen, Sicherheit und Anerkennung." Das zeigt sie am Beispiel des US-amerikanischen Ökonomen John Kenneth Galbraith, der 1958 herausfand:

In einer Wirtschaftskrise wird nie bedauert, dass viele Waren nicht entstehen, weil die Fabriken nicht ausgelastet sind. Die sinkende Gütermenge ist egal. Niemand leidet, weil plötzlich weniger Autos hergestellt werden. Stattdessen werden nur die Arbeitsplätze beklagt, die in der Krise wegfallen. Angeblich konsumieren wir uns zu Tode – aber das ist eine falsche Wahrnehmung. Wir produzieren uns zu Tode. Das kollektive Ziel ist Vollbeschäftigung, nicht Vollkonsum.

Da dieses Ziel der Vollbeschäftigung aber immer mit Wachstum verbunden wird, bleibt ein Dilemma:

Ohne Wachstum geht es nicht, komplett grünes Wachstum gibt es nicht, und normales Wachstum führt unausweichlich in die ökologische Katastrophe. Der Kapitalismus erscheint wie ein Fluch. Er hat den Reichtum und den technischen Fortschritt ermöglicht, der es eigentlich erlauben würde, mit wenig Arbeit auszukommen. Aber stattdessen muss unverdrossen weiterproduziert werden, obwohl das in den Untergang führt.

Etwas überraschend beschreibt sie dann zum Ende den Zustand der britischen Kriegswirtschaft zwischen 1940 und 1945 als bemerkenswertes Modell, als

ein Kapitalismus ohne Markt, der bemerkenswert gut funktioniert hat. Die Fabriken blieben in privater Hand, aber die Produktionsziele von Waffen und Konsumgütern wurden staatlich vorgegeben – und die Verteilung der Lebensmittel öffentlich organisiert. Es gab keinen Mangel, aber es wurde rationiert.

Ein ähnlich funktionierender, staatlich die Produktionsziele organisierender Kapitalismus schält sich am Ende als die von ihr vorgeschlagene Lösung herausz. Insbesondere appeliert sie aber an die Zunft der Volkswirtschaftler:innen, sich viel stärker mit dem Thema Postwachstumsökonomie zu befassen und sich dabei Gehör zu verschaffen.

Ich persönlich finde ihren Argumentationsweg sehr spannend, auch wenn das Ende, und einige Zwischenstationen, dabei sicherlich streitbar sind. So glaubt sie auch, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen, den Kapitalismus eher befeuert, da mit dem dadurch errungenen Mehr-Einkommen auch die Nachfrage steigen würde, was wiederum das Wachstum ankurbeln würde. Das halte ich allerdings höchstens für eine Hypothese und übersieht auch die sozialen Vorteile eines Grundeinkommens.

Trotzdem empfehle ich dieses fantastische Essay allen, die sich über die Zukunft des gesellschaftlichen Wirtschaftens Gedanken machen möchten.

Herrmann's Essay stammt im Übrigen aus dem Band "Utopien - Für ein besseres Morgen" (Dietz Verlag), der für einige hier sicherlich auch spannend sein könnte.

Ohne Zusammenbruch vom Kapitalismus verabschieden?

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Kommentare 1
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre

    Ich finde, der Begriff Wachstum wird zu undifferenziert verwendet. Und dann meist auf Wachstum unter Verwendung materieller Ressourcen bezogen. Das Wachstum von Dienstleistungen, digital oder nicht, benötigt kaum oder nur wenige „Rohstoffe". Letztendlich hängt alles an der verfügbaren Energie. Und da hat die Menschheit noch nicht mal annähernd die "Endlichkeit" erreicht. Auch wenn die fossilen Brennstoffe verbraucht sind - Kernenergien sind quasi "unendlich".

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