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Zeit und Geschichte

Über die neuen Revolten in Syrien: Föderalisierung von unten

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchMittwoch, 20.09.2023

Inmitten eines scheinbar eingefrorenen Konflikts erschütterten im vergangenen Monat zwei Aufstände Syrien. Der erste fand in Suwayda statt, einer mehrheitlich von Drusen bewohnten Provinz, und richtete sich gegen das Assad-Regime. Er verlief, zumindest bis letzte Woche, weitestgehend friedlich. Der zweite Aufstand, getragen von arabischen Stämmen, ereignete sich in der östlichen Provinz Deir Ezzor und richtete sich gegen die von Kurden dominierten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF). Er war von Anfang an gewalttätig. Was beide Revolten gemeinsam haben: Sie sind Ausdruck des langsamen Auseinanderdriftens Syriens.

Der gepiqde Text bietet einen Überblick über die Ereignisse. Für eine Analyse mit ein wenig mehr Abstand habe ich hier einen Artikel übersetzt und gekürzt, den ich mit meinem Kollegen Malik al-Abdeh für unsere Publikation ‚Syria in Transition‘ geschrieben habe:

Die Drusen von Suwayda kehren dem scheiternden Regime Assads den Rücken und streben innerhalb des Staates nach einer Form faktischer Autonomie unter internationalem Schutz. Erstmals im Syrien-Konflikt haben sich zentrale religiöse Führer gegen Assad gestellt — ein Wagnis, das sie ohne gewisse Sicherheitsgarantien aus dem benachbarten Israel samt der dortigen drusischen Community kaum eingehen würden.

Die Araber von Deir Ezzor wollen etwas Vergleichbares: Autonomie innerhalb der Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens (den SDF-Gebieten) unter einem US-Sicherheitsschirm. Die Aufteilung von Einflussgebieten in autonome Teilgebiete ist zumindest für die syrische Opposition nichts Neues. HTS, die islamistische Bewegung, die Idlib im Nordwesten kontrolliert, übernahm 2017 die Kontrolle über das Gebiet und ersetzte die sogenannte Syrische Übergangsregierung mit einer eigenen Verwaltung, der sogenannten Regierung der Erlösung. Eine ähnliche Entwicklung könnte in Suwayda und Deir Ezzor bevorstehen.

In den vergangenen Jahren war die Aussicht auf eine grundlegende Veränderung der Machtverhältnisse in Syrien stets gering. Angetrieben von Machtkämpfen zwischen internationalen und lokalen Akteuren entwickelte sich der Konflikt innerhalb der verschiedenen Einflussgebiete jedoch fortwährend weiter. Dieses Paradox einer Pattsituation auf nationaler Ebene und Entwicklung auf lokaler Ebene entfaltete sich in der relativen Ruhe nach einem türkisch-russischen Waffenstillstandsabkommen von März 2020, das die großen Kampfhandlungen beendete und die Frontlinien einfror.

Für die lokalen Machtzentren stellt sich die Frage, wie sie angesichts des zerfallenen Staates und wenig Aussicht auf einen internationalen Durchbruch zur Lösung des Konflikts am überlebensfähigsten sind. Die de facto Teilung des Landes wird oft bloß aus der Perspektive internationaler Akteure gesehen, die sich Einflussgebiete sichern wollen. Doch die Aufstände in Suwayda und Deir Ezzor zeigen die lokale Unterstützung für „Alleingänge“. Will heißen, man erhebt Anspruch auf ein Territorium, sucht sich einen internationalen Partner als Sicherheitsgaranten und kocht sein eigenes Süppchen. Zumindest solange wie keine Bewegung im Gesamtkonflikt sichtbar ist.

Die Teilung des Landes wird dabei immer ausgeprägter, und der Konflikt um die wenigen verbliebenen Ressourcen nimmt zu. Die arabischen Stämme wollen einen größeren Anteil von den Erlösen aus dem Verkauf von Öl, das die SDF in ihrer Provinz fördern. Suwayda fordert seit langem einen Grenzübergang zum benachbarten Jordanien, um wirtschaftlich zu profitieren. Beides sind legitime Bestrebungen von Bevölkerungsgruppen, die mit brachialem wirtschaftlichem Niedergang zu kämpfen haben.

Niemand will eine dauerhafte Teilung des Landes. Die nationale Einheit ist eine der wenigen Forderungen, auf die sich alle Konfliktparteien einigen können. Was die beiden Revolten zeigen, ist vielmehr eine Tendenz zur schrittweisen Föderalisierung von Syrien. Ähnlich wie im geteilten Deutschland gibt es dabei mehrere Machtzentren und internationale Akteure, die mitmischen. Einen Eisernen Vorhang gibt es (noch) nicht, und davon ist zukünftig auch nicht auszugehen, da die internationalen Akteure nicht ganz so ambitioniert sind wie die Großmächte im Kalten Krieg.

Stattdessen verfeinern sich die Muster des „Flickenteppichs Syrien“. Interessanterweise oft in einer Art, die der Aufteilung zu Zeiten der französischen Besatzung ähnelt. Die Botschaft könnte kaum eindeutiger sein: der Nationalstaat muss neu ausgehandelt werden. 

Über die neuen Revolten in Syrien: Föderalisierung von unten

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