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Rüstungskonzern Hensoldt AG: Profit schlägt Compliance?

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchSamstag, 24.06.2023

Russlands Überfall auf die Ukraine ist ein PR-Glücksfall für die deutsche Rüstungsindustrie. Als Olaf Scholz das Ulmer Werk der Hensoldt AG besucht, verkündet Vorstandschef Thomas Müller dem Kanzler und Aktionärsvertretern, Hensoldts Produkte seien technologisch „die besten, wirklich die besten elektronischen Systeme zur Verteidigung unserer liberalen Grundordnung“.

Überraschung: In Wirklichkeit scheint Hensoldt es mit liberalen Werten nicht ganz so genau zu nehmen. Dem Spiegel wurden diverse interne Dokumente zugespielt. Daraus entstanden ist ein Text, der viele Fragen aufwirft. Vor einem Monat erschien er bei Spiegel+. Hier nun ohne Paywall bei Spiegel International. Es folgt eine Zusammenfassung.

Die Bundesregierung hat vor drei Jahren 25,1 Prozent der Hensoldt AG gekauft. Technik von Hensoldt steckt in allen möglichen Waffensystemen, unter anderem dem Leopard-2 sowie Iris-T. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hat Hensoldts Aktienkurs sich beinahe verdreifacht.

Compliance (= Regeltreue) ist besonders in der Rüstungsindustrie ein wichtiges und heißes Eisen. Deals werden oft über Ecken, unter Beteiligung diverser Unternehmen und Regierungen, eingefädelt. Korruption und Grauzonen gibt es entsprechend zuhauf. Leitend zuständig für Compliance ist bei der Hensoldt AG ein Jurist namens Solms Wittig. Laut internen Unterlagen mischt Sittig sich regelmäßig in laufende Geschäfte ein und macht sich dadurch nicht nur Freunde.

Besser kann man die Rolle von Compliance wohl nicht beschreiben. Die Aufpasser warnen, mahnen — aber können längst nicht jedes Fehlverhalten verhindern. Ein Beispiel dafür sind Hensoldts Geschäfte mit Uganda.

Uganda wird seit 37 Jahren autoritär von Yoweri Museveni regiert. Hensoldts hausinterne Analyse warnte 2020, es gebe ein „sehr hohes und kritisches Korruptionsrisiko“. Wegen des „Geschäftspotenzials“ drang man laut Spiegel-Recherchen dennoch in den Markt ein. Ein üblicher Vorgang: Hensoldt engagierte eine lokale Beraterfirma, die über die nötigen Verbindungen für einen Deal verfügt. Der Leiter der Geschäftsentwicklung Afrika schrieb an seine Kollegen gar, die Berater hätten besonderen Zugang zur Armee und Spezialkräften, die von Musevenis Sohn geleitet werden. Er sei ein „Bekannter von uns“. Hensoldt hat sich auf Nachfrage nicht zu dieser Beziehung äußern wollen. Der Deal sei jedoch nicht zustande gekommen.

An die Luftwaffe Ugandas lieferte Hensoldt dann aber doch. Compliance-Chef Sittig schrieb im Dezember 2020 einem Mitglied des Exekutivkomitees: „Wir haben einen Fall, der uns Kopfschmerzen bereitet.“ Ugandas Luftwaffe sollte Sensoren bekommen, die vor herannahenden Raketen warnen. An dieser Stelle wird es etwas kompliziert. Denn, wie in der Rüstungsbranche üblich, Hensoldt war nicht direkter Vertragspartner, sondern Zulieferer, in diesem Fall an die israelische Rüstungsfirma Bird Aerosystems. Das israelische Unternehmen arbeitete in Uganda mit einem einflussreichen Waffenhändler namens Boaz Badichi zusammen, der für Deals mit Despoten bekannt ist. Badichis Firma sowie eine lokale Tochterfirma bemühten sich zwei Jahre darum, den Deal mit der Luftwaffe auf die Beine zu stellen. 

Compliance-Chef Wittig schlug Alarm. Es sei nicht klar, ob Hensoldt sich strafbar mache. Denn obwohl Hensoldt ja „bloß“ Zulieferer war, könnte ihr Mittäterschaft vorgeworfen werden, falls der israelische Waffenhändler in Korruption verwickelt sei. Sittig forderte eine Prüfung durch externe Rechtsexperten. Das dauerte der Verkaufsabteilung von Hensoldt aber offenbar zu lang. Der Deal wurde ohne weitere Prüfung durchgezogen.

Auf Nachfrage sagte Hensoldt, es habe keine konkreten Anhaltspunkte für rechtswidriges Verhalten gegeben. Ergänzende Ermittlungen hätten das letztlich bestätigt. Derlei Ermittlungen sind allerdings schwierig, und das hat in der Waffenbranche System. Die internationalen Unternehmen outsourcen gewisse Bereiche an lokale Partner, deren Methoden sie kaum kontrollieren können — und vermutlich auch nicht wollen. Laut internen Dokumenten gab es innerhalb Hensoldt einen heftigen Streit um das richtige Vorgehen. Letztlich setzten sich die Verkaufsleute gegen die Compliance-Abteilung durch. Wenn Compliance ernst genommen wird, sollte es eigentlich anders herum laufen.

Im Spiegel-Artikel wird noch ein weiteres Beispiel ausgeführt, dabei geht es um fragwürdige Deals mit Katar. Hensoldt hat die Anschuldigungen der Spiegel-Recherche übrigens allesamt zurückgewiesen. Wie wertegeleitet und feministisch deutsche Außenpolitik ist, wenn Profit in einem Rüstungsunternehmen mit Staatsbeteiligung offenbar über Compliance geht, muss die Bundesregierung beantworten.

Rüstungskonzern Hensoldt AG: Profit schlägt Compliance?

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