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Alleinerziehend in der Krise

Jennifer Sutholt
psychologische Beraterin

Als psychologische Beraterin unterstütze ich alleinstehende Personen mit Kinderwunsch, baue ein Informationsportal für Co-Elternschaft auf und engagiere mich ehrenamtlich bei Solomütter Deutschland e.V.

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Jennifer SutholtFreitag, 30.09.2022

Jule Weber ist sehr jung Mutter geworden, offiziell alleinerziehend. Sie fand für sich ein Lebensmodell, das abseits der Norm der Kleinfamilie aus Mutter-Vater-Kind funktioniert.

Wir leben mit vier Erwachsenen, (m)einem Kind und dem Hund in einer großen Wohnung zusammen. Alle haben ihr eigenes Zimmer und dazu haben wir noch ein Wohnzimmer mit Esstisch, an dem auch immer alle zusammen zu Abend essen, es wird immer für alle gekocht. Generell haben wir viele klassische WG-Elemente nicht: Keine getrennten Kühlschrankfächer, keinen Putzplan. Wir führen gemeinsam einen Haushalt, kaufen für alle ein, eigentlich ist es mehr eine große Familie, als die wir zusammen wohnen.
Eine der drei anderen Erwachsenen ist meine Frau, die ist als letztes mit eingezogen und hat mich in dieser WG-Konstellation kennengelernt und auch direkt mit der Info, dass das keine Übergangswohnsituation für mich ist, sondern mein Zuhause, meine Wahlfamilie und dass ich da nur ungerne raus wollen würde.
Das fand sie zum Glück auch prima, darum ist sie dann einfach mit eingezogen. Alle anderen Beziehungen in der Wohnung sind platonisch.

Die junge Frau schaffte es, sich eine alternative Familie zu schaffen, die sich frei von Normen und an eher Freundschaft, weniger an Blutsverwandtschaft orientiert. Dass ihr Modell sehr anders ist als die Lebensrealität der meisten alleinerziehenden Frauen, weiß Jule und findet:

In der Gesellschaft wird immer noch von einer Normfamilie ausgegangen, die längst nicht mehr die Regel ist. Vater-Mutter-Kind(er) und die Mutter arbeitet auf keinen Fall Vollzeit und kann sich zuhause um alles kümmern – das entspricht ja einfach nicht der Realität.
Es gibt so viele Abweichungen davon, die schlicht und einfach nicht mitgedacht werden und deren Wohlbefinden dadurch massiv gefährdet ist. Seien es finanzielle Schwierigkeiten, Unvereinbarkeiten aller Art, emotionale Belastung und auch der Fakt, wie man gesellschaftlich betrachtet wird.

Die ZEIT begleitet in ihrem Artikel „Die Krisenmanagerin“ das Leben einer Frau mit zwei Kindern, die nach der Trennung von ihrem Mann von diesem sowohl finanziell als auch bei der Betreuung im Stich gelassen wurde. Deren Alltag sieht ganz anders aus:

Bei Sarah Bentner zum Beispiel sieht der Tag so aus: Sie steht auf, gibt den Katzen ihr Futter, gibt dem Hund sein Futter und seine Medizin, geht mit dem Hund raus, macht den Kindern ihr Frühstück, fährt mit den Kindern in die Kita, fährt weiter zum Einkaufen oder direkt zur Arbeit, kümmert sich um ihre Klienten, kümmert sich danach wieder um ihre Kinder und dann auch noch um den Haushalt. Und weil sie sich um ihre Kinder und den Haushalt nicht genug kümmern könnte, wenn sie sich in Vollzeit um psychisch kranke Menschen kümmern würde, arbeitet sie in dem Wohnprojekt nur in Teilzeit, rund 60 Prozent. Deshalb verdient sie in Wahrheit gar nicht 3480 Euro brutto, sondern nur knapp 2000 Euro.

In diesem wirklich ausführlichen Artikel wird Sarah über mehrere Wochen begleitet, auch die aktuelle Energiekrise wird aus ihrer Sicht beleuchtet. Sie legt ihre Ein- und Ausgaben offen und so wird für die Leser*innen deutlich, wie sehr sich Einelternfamilien einschränken müssen, wie wenig Unterstützung sie bekommen und wie einfach es für den anderen Elternteil ist, sich der Verantwortung für die gemeinsamen Kinder zu entziehen. 

Es gibt jemanden, der die Probleme vieler Alleinerziehender grundlegend lösen könnte. Es sind die Männer, genauer: die Väter. Also jene Menschen, die, wenn ihre Partnerin ein Kind bekommt, in 93 Prozent der Fälle weiterhin Vollzeit arbeiten. Die in lediglich 25 Prozent der Fälle Elternzeit nehmen und dann wiederum meist nur den Mindestzeitraum von zwei Monaten. Die auch nach der Trennung fast immer Vollzeit arbeiten und sich oft bestenfalls am Wochenende oder vielleicht an ein oder zwei Werktagen mit ihren Kindern beschäftigen.

Verantwortlich ist aber auch der Staat, der mit veralteten Strukturen krampfhaft an der Ehe der heteronormativen Kleinfamilie mit einem Versorger festhält.

Aber eben auch, weil der Staat es unterstützt. Zum Beispiel, indem er durch das Ehegattensplitting den Paaren einen steuerlichen Anreiz liefert, an der traditionellen Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern festzuhalten. Oder indem er das volle Elterngeld auch dann auszahlt, wenn sich die Männer kaum an der Elternzeit beteiligen. Und auch, weil manche Arbeitgeber sich immer noch weigern, sowohl Männern als auch Frauen in Teilzeit Aufstiegsmöglichkeiten anzubieten.

Wie weit sich dieses Bild von der Realität so vieler Familien entfernt hat, lässt sich anhand der Zahlen und Fakten auf solomuetter.de sehen. In Deutschland ist fast jede fünfte Familie eine Einelternfamilie, 3,7 Mio. Kinder leben bei nur einem Elternteil, 88 % der Alleinerziehenden sind Mütter. Die meisten warten im Moment vergeblich auf leicht zugängliche Unterstützung, sowohl generell zum Beispiel durch Betreuungsangebote und finanzielle Hilfen, aber auch aktuell in der Krise, bei der staatliche Hilfen wie die Erhöhung des Kindergeldes bei so vielen Familien nicht ankommen.

Alleinerziehend in der Krise

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