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Klima und Wandel

Übers Klima sprechen in Zeiten des Krieges

Daniela Becker
Autorin

"Wie kann die Klimakrise gelöst werden?" ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Ich bin Mitglied von RiffReporter, einem Autorenkollektiv und einer Genossenschaft für freien Journalismus.

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Daniela BeckerSamstag, 05.03.2022

Meine Klimakrise-Philosophie war bis vor Kurzem, die Transformation ist nicht zu schaffen, aber man muss dennoch alles Menschenmögliche probieren.

Mit Beginn des Krieges denke ich nur noch: Das war’s. Nicht nur, dass der Krieg an sich ohne Ende Schäden an Natur an Klima anrichtet – und natürlich entsetzliches menschliches Leid.

Dieser Krieg findet auch mitten in der letzten Dekade statt, die uns noch bliebe, die Klimakatastrophe abzuwenden. Die Konsequenzen könnten dramatischer nicht sein.

Natürlich könnten Krisen theoretisch Katalysatoren zu einer besseren Welt sein. Nämlich, wenn wir konsequent den Weg gingen, den der vormals als „Rasen-auf-der-Autobahn-ist-Freiheit“ bekannte FDP-Vorsitzender Christian Lindner mit seinen „Freiheitsenergien“ aka Erneuerbaren Energien angedeutet hat.

Aber, nicht nur dass ich es als absurd zynisch empfinde, aus dem Leid der vielen Ukrainer:innen, die ihre Heimat verlieren oder sterben werden, so etwas wie Zukunftszweckoptimismus abzuleiten – es scheint mir auch naiv.

Wir haben es ja nicht mal geschafft, die Corona-Pandemie – die im Vergleich zur jetzigen Krise harmlos war – halbwegs organisiert zu bewältigen.

Was hatten wir Hoffnungen! Auch bei Klima wandeln haben wir eine ganze Reihe zur Weggabelung verfasst, an der wir uns befanden; über die Dinge, die sich hätten ändern können und müssen. Im Rückblick bleibt mir nur Ernüchterung. Nach kurzer Zeit war die Luftbelastung und Treibhausgasemissionen wieder hoch wie zuvor, die Autoverkaufszahlen angestiegen, der Flugverkehr wieder auf „normalem“ Niveau. Der Green New Deal ist spätestens mit der Taxonomie nur noch eine Worthülse.

Zwei Jahre nach dem Corona-Ausbruch stehen wir wieder an einem historischen Scheidepunkt. Und es gibt aus meiner Sicht keinen Grund zur Hoffnung.

Ich weiß nicht, was exakt passieren wird. Energiepolitische Interpretationen sind im Moment lediglich Kaffeesatzleserei.

Aber ich kann Indizien interpretieren: Die Ewiggestrigen bringen sich in Stellung. Sie werden versuchen, die Welt zurückzudrehen, um ihre Pfründe zu schützen und uns damit alle in den Abgrund reißen. Über Nacht wurde in Deutschland ohne weitere Debatte ein milliardenschweres Militärbudget verabschiedet. Für Klimaschutz, Energiewende und soziale Abfederung der Transformation war dieses Geld nicht freigemacht worden.

Die Errichtung von LNG-Terminals wurde „versprochen“, ohne darüber zu reden, ob diese überhaupt in einem sinnvollen Zeitraum zu errichten sind, um die aktuell drohende Energiekrise abzufedern. Über die Reaktivierung von Kohlekraftwerken wird geredet – ohne jedwede zeitliche Limitierung solcher Maßnahmen.

Andreas Politiker Pinkwart ruft die Netzagentur zur Überprüfung des Kohleausstiegs auf.

Manuela Schwesig trötet ohne Scham und noch immer ohne sonderlichen Widerspruch aus der eigenen Partei das Lied des angeblichen Friedensprojekt Nordstream 2, obwohl ihre Rolle im Rahmen der „Klima-Stiftung“ mindestens nach einem Untersuchungsausschuss schreit. Eon wehrt sich gegen die Idee, Nord Stream 1 aufzugeben.

Dass ausgerechnet Robert Habeck, der diese schwere Last von Peter Altmaier, Angela Merkel und einer energiepolitisch völlig fehlgeleiteten großen Koalition geerbt hat, jetzt womöglich Kohlekraftwerke in Deutschland reaktivieren muss, macht mich persönlich richtig wütend. Habeck nimmt das Krisenmanagement mit großer Ernsthaftigkeit an. Nicht auszudenken, was im Moment noch am Horizont stehen könnte, wenn die Fossil-Lobbyisten und Windkraftgegner, die jahrelang die Energiewende verhindert haben, weiterhin direkten Zugriff auf das Wirtschaftsministerium hätten.

Aber: Keine ideologische Denkverbote dürfe es geben, sagte Minister Habeck. Sein Ministerium lasse längere Laufzeiten für Atomkraftwerke prüfen. Natürlich macht er das, der Mann ist ja nicht blöd. Das Ergebnis wird wie immer das gleiche sein: Der Strom, den die Laufzeitverlängerung der AKW brächte, nutzt uns nicht signifikant. Und alle mit ein bisschen Sachverstand wissen das.

Woran es fehlt, ist Wärmeenergie, um Häuser zu heizen, um Industrieprozesse am Laufen zu halten und Gas, um Schwankungen im Strombereich auszugleichen. Ein Bereich, der bei der Energiewende jahrelang sträflich vernachlässigt wurde. Das rächt sich nun.

Mal ganz davon abgesehen, dass die Forderungen nach der „zivilen Nutzung von Atomkraft“ – während Russland mit einem Atomkrieg droht, die Strahlung um die AKW-Ruine Tschernobyl aufwirbelt und russische Truppen in der Nähe jedes ukrainischen AKWs oder Atommülllagers eine Bedrohung darstellen – schon eine bemerkenswerte kognitive Dissonanz darstellt.

Das eigentliche Problem ist aber, dass es sehr wohl ideologische Denkverbote gibt.

Denn worüber politisch nicht gesprochen wird: Energie sparen, Tempolimit, autofreie Tage und Wochen, etwaige Strom- und Wärmeenergiebezugskürzungen für Industrie, aber auch private Haushalte, um sich kurzfristig von der Abhängigkeit von russischem Gas, Kohle und Öl freizumachen.

Natürlich ginge das: Versorgungssicherheit bedeutet nicht, dass Energie im Überfluss bereitzustehen hat. Aber diese Gedanken gab es nicht in der Sondersitzung des Bundestags.

Doch nicht einmal die Grünen haben solche Vorschläge auf den Tisch gebracht. Und so kaufen wir weiter Öl und Gas aus Russland und finanzieren damit nicht nur einen brutalen Angriffskrieg, sondern auch die Klimakatastrophe.

Ich schreibe diesen pessimistischen Text in vollem Bewusstsein, dass man so was nicht schreiben sollte. Aber ich bin nur ein Mensch, ein sehr deprimierter.

Deswegen piqe ich hier diesen Text von Christopher Schrader, Autor des Handbuch Klimakommunikation, der sich sehr ausführlich damit beschäftigt hat, wie man besser über Klimaschutz spricht. Auch in Zeiten des Krieges.

Übers Klima sprechen in Zeiten des Krieges

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Kommentare 4
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 2 Jahren

    ich bin optimistischer, aus Trotz! und keiner kann wirklich noch Gas Öl selbst Kohle weiterhin befürworten, wenigstens das hat sich durch diesen Krieg erledigt. Auch die Geiselhaft der Atomkraftwerke durch Putin liefert "herrliche" Argumente gehen Atomkraft wenn man das so zynisch sagen darf. Ich meine klar die "Konservativen" - die Karbonisierer wie du sie nanntest - bringen sich in Stellung und versuchen händeringend aus dem Ganzen doch noch irgendwelche Vorteile zu ziehen. Aber im Grunde weiß jeder es ist vorbei.
    Und ich nehme in meinem Umfeld eine verstärkte wachsende Bereitschaft wahr, aus Trotz und Wut auf Gas etc. aus Russland zu verzichten AUCH WENN das vorübergehend Verzicht und weniger Geld bedeutet. und ja auch den Anspruch vom Staat dann eben einen finanziellen Ausgleich zu bekommen. weil : wenn für die Bundeswehr plötzlich 100 Milliarden (!) vom Himmel fallen (=egal wie sinnvoll nötig man das jetzt auch findet), dann gibt es keine Argumente mehr gegen Sondervermögen für Energiewende-SOFORT und Energiebürgergeld etc.
    Gerade jetzt sollte die Politik das momentum auch weiter nutzen (wo doch momentan so schnell sich geeinigt werden kann), um zb ein Tempolimit durchzusetzen und die 10h-Regelung bundesweit abzuschaffen, Bus und Bahn zu verbilligen. Dass auch vor dem 24.2. die Sprit- und Heizpreise schon stiegen und beide genannten Vorschläge längst nötig waren und diskutiert wurden, sollte es ...leichter machen.
    Ein Tankrabatt ist natürlich Quatsch - zeigt aber dass selbst die fdp die Gunst der Stunde erkannt hat.

    1. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 2 Jahren

      Und dass der nächste piqd hier der elfte warme Winter heißt ist ja zweifach passend: unsere europäische Angst vorm Frieren ist zumindest für diesen Winter vorbei und die Folge ist ein weiterer Beweis für den Klimawandel...

  2. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor 2 Jahren

    Ich fühle dich, Daniela. Weiterhin optimistisch und handelnd zu bleiben, ist wirklich schwer in diesen Zeiten.So hart das klingt: Das Problem ist "der Mensch". Wir sind zu viele und wir wollen zu viel. Es geht um "Haben" statt um "Sein". Auch wenn viele das nicht hören wollen und sagen "Das bringt doch nichts": Solange wir Menschen unseren "Lebenserfolg" mit materiellem Wohlstand definieren, wird der Planet weiter leiden. Und er wird sich weiter wehren. "Verzicht" darf man nicht laut sagen, weil das eine Verlustangst tief in den Menschen hervorruft, die in keinster Weise in die heutige Zeit passt. Es ist zum Verzweifeln. Und es geht um alles oder nichts.

  3. Hartmut Bischoff
    Hartmut Bischoff · vor 2 Jahren

    Ob man so pessimistisch sein muss, weiss ich nicht. Interessant finde ich deinen Vorschlagskatalog zum Energiesparen. Ich hatte nämlich den gleichen Gedanken: https://hieron-y-mus.d.... Es fühlt sich so an, wie 1973.

    Der Wochenbericht ist mit »Raus aus der Komfortzone« übertitelt. Genau das ist das Gebot der Stunde!

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