Zum Abschluss des Jahres beschäftigt sich 1E9 ausnahmsweise einmal nicht mit wissenschaftlichen oder technologischen Innovationen, sondern mit einem Vorschlag für gesellschaftliche Innovation: mit "Bürgerpflichten 2.0". 

Inspiriert vom legendären John F. Kennedy Zitat

Frage nicht, was dein Land für dich tun kann – frage, was du für dein Land tun kannst.

lieferte der ehemalige US-Diplomat Richard Haass in seinem Buch The Bill of Obligation Vorschläge für zehn neue Bürgerpflichten, die zum Erhalt von Demokratie und Freiheit beitragen sollen – in einer Zeit, da Verfassungen und Grundrechte allein diesen nicht mehr garantieren können. Zumal Grundrechte miteinander konkurrieren können.

Thomas Lange hat sich nach der Lektüre des Buches gefragt, welche der vorgeschlagenen neuen Bürgerpflichten für Deutschland besonders relevant sein könnten und analysiert diese bei 1E9. Dazu gehört die Offenheit für Kompromisse, die die Empörung über den andauernden "Ampel-Streit" etwas abmildern könnte. Lange zitiert in diesem Kontext auch den Verfassungsrechtler Christoph Möllers:

„Demokratische Kompromisse sind keine zweitklassige Entscheidung. Demokratische Entscheidungen sind oft Kompromisse zwischen Parteien, Flügeln oder Lagern. Dies ist kein Mangel, Kompromisse sind nicht ‚faul‘. […] Das Bedürfnis nach einer kompromisslosen demokratischen Entscheidung folgt der autoritären Fiktion eines reinen politischen Willens.“

Welche Bürgerpflichten das demokratische Miteinander in Deutschland noch voranbringen könnten? Zivilisierter Umgang im politischen Diskurs, aber auch – von wegen "die da oben" – Respekt vor dem öffentlichen Dienst. Und zur pauschalen Verächtlichmachung von Politik und Verwaltung schreibt Richard Haass etwas, was sich wohl auch auf deutsche Verhältnisse übertragen lässt:

„Der Deep State sind wir. Daher sollten wir wollen, dass die Besten und Klügsten unter uns in der Regierung arbeiten, sei es für eine gewisse Zeit oder für eine ganze Karriere.“