Santa Marianita ist ein 5.000-Seelen-Fischerdorf in Ecuador. Mit schlechtem Internet, niedrigem Wohlstandsniveau und bescheidener Infrastruktur ist es einer der Orte, an denen man wohl keine aktive Computerspielkultur erwarten würde – und doch wird hier leidenschaftlich gespielt, wenn auch etwas anders als bei uns: Die Kinder gehen dafür in die Papelaria, einen Schreibwarenladen mit kunterbunt bemalter Fassade. Dort befindet sich das örtliche Internetcafé, in dem sie an einigen wenigen Computern im Internet surfen und ihre Hausaufgaben machen können. Außerdem spielen sie dort in ihrer Freizeit leidenschaftlich – und zwar alle das gleiche Spiel am gleichen Rechner: Das 14 Jahre alte GTA: San Andreas, das eher zufällig in den Ort kam, weil es auf einem der Rechner installiert war, als ihn die Besitzer kauften. Seither teilen sich die Dorfkinder dieses eine Spiel mit anhaltender Begeisterung – und mangels Alternativen.

Doch nicht nur die Kinder spielen in Santa Marianita, auch die vielen, oft jungen Fischer des Ortes vertreiben sich ihre Zeit etwa mit FIFA-Spielen unter Deck: Eine PlayStation 3, gekauft für den Gegenwert eines typischen Monatseinkommens, sorgt während der oft wochenlangen Einsätze auf See für Ablenkung. Auch wenn der Fischer, dem sie gehört, für jedes Update in den Nachbarort fahren muss, ist die Konsole für ihn und seine Kollegen ein wertvoller Schatz.

Das sympathische und sehenswert bebilderte Porträt von Santa Marianita zeigt die Faszination digitaler Spiele selbst unter widrigen Umständen. Den vielfältigen Hindernissen, wie sie in Wohlstandsländern undenkbar sind, begegnen die porträtierten Menschen mit einer erstaunlichen Mischung aus Kreativität und geistiger Flexibilität. Für den 13-jährigen Roy Alvio de Vera etwa ist San Andreas nicht einfach nur das einzige verfügbar Spiel, sondern vor allem: sein Lieblingsspiel.