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Technologie und Gesellschaft

AI-Sextbots verändern emotionale Dating-Standards

René Walter
Grafik-Designer, Blogger, Memetiker | goodinternet.substack.com

Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.

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René WalterDonnerstag, 21.09.2023

Vor wenigen Wochen schrieb ich über die neue Welt der AI-Pornographie und wie Bild-Synthese es (vor allem männlichen) Usern erlaubt, mit wenigen Klicks jede nur erdenkliche Pornografie mit jeder Frau zu erzeugen, von der man Bilder im Internet findet. Doch die wunderbare neue Welt des AI-Porns und seiner Auswirkungen auf Beziehungen im echten Leben enden nicht mit Bildgeneratoren.

Freya India beschreibt auf ihrem Blog, wie eine neue Flut von Sextbots, also Chatbots, die vorrangig auf sexuelle Inhalte trainiert werden, den bereits immensen Druck auf Frauen erhöhen, die sich nicht mehr nur dazu gezwungen sehen, mit perfekten Influencer-Körpern auf Instagram scheinbar konkurrieren zu müssen, sondern nun auch mit Avataren, die von ihren Nutzern in sämtlichen Eigenschaften editiert und angepasst werden können und ihre synthetische Stimmung gänzlich der des menschlichen Users anpassen. Keine Lust gibt's nicht.

Auf meinem Newsletter beschrieb ich bereits vor einigen Monaten eine Gefahr der "romantischen Selbstradikalisierung", in der User von Love-AI-Apps, die wie alle LLMs und wie ein algorithmischer Spiegel nur die eigenen Stimmungen und Haltungen reflektieren, durch intensive Nutzung einer neuen Form von radikalisierter Selbstliebe unterworfen werden, was im schlimmsten Fall in einem selbstverstärkenden Feedbackloop von verbalen Misshandlungstendenzen münden kann.

Der Druck, dem sich Frauen nun durch synthetische Avatare und ihre allzeit bereite Unterwürfigkeit ausgesetzt sehen, rundet dieses Bild ab.

Eva AI ermöglicht es Ihnen beispielsweise nicht nur, das perfekte Gesicht und den perfekten Körper auszuwählen, sondern auch die perfekte Persönlichkeit anzupassen. Sie bietet Optionen wie "attraktiv, lustig, selbstbewusst", "schüchtern, bescheiden, rücksichtsvoll" und "intelligent, streng, rational" an. Erschaffen Sie sich eine Freundin frei von jeglichem Urteil! Die es Ihnen ermöglicht, ohne Drama Zeit mit Ihren Kumpels zu verbringen! Die über all Ihre Witze lacht! "Kontrollieren Sie alles so, wie Sie es möchten", verspricht Eva AI. Gestalten Sie ein Mädchen, das "immer auf Ihrer Seite ist", sagt Replika.

Wie können wir damit konkurrieren? Schon jetzt klagen Frauen in Beziehungen über partner, die süchtig nach Pornos und mit tatsächlicher Intimität nicht zufrieden sind. Nun sehen wir uns einer Zukunft gegenüber, in der Männer süchtig nach emotionaler Bestätigung anderswo werden könnten, um sich etwas von dieser unvergleichlichen Hingabe zu holen. Noch schlimmer: Was ist mit jungen Jungen, die damit aufwachsen? Deren erste sexuelle Erfahrung darin besteht, mit KI-Frauen zu chatten, die nie Nein sagen, nie streiten, nie eigene Gedanken oder eine eigene Identität haben - und dann versuchen, sich mit einer echten Frau zu verabreden?
 

Bemerkenswerterweise sind – und noch gibt es dazu keine offiziellen Statistiken, ich glaube an dieser Stelle der Aussage von Andreessen Horowitz AI-Investorin Justine Moore – die allermeisten der tatsächlichen Nutzer dieser Sextbots weiblich. Eine eigene kurze Recherche bestätigt dieses Bild: Von den populärsten 24 Bots auf der Chatbot-Plattform Janitorai sind nur 5 weiblich und die allermeisten "male, dominant". Dieses Bild dreht sich für die Nutzung von Porno-AI-Bildgeneratoren übrigens komplett um, deren Nutzer überwiegend Männer sind. 

Dies erscheint mir als ein komplettes Versagen des Marketings für diese Romance-Sextbots, die öffentlich zwar als AI-Girlfriends angepriesen werden und durch ihre Werbung den psychologischen Druck auf echte Frauen erhöhen, tatsächlich aber meistens von Frauen als AI-Boyfriends genutzt werden. Die sexistische Tendenz des Marketing, alles was mit Sexualität zu tun hat, mit spärlich bekleideten Damen zu bewerben, addiert hier eine emotionale Dimension zu den ohnehin bereits wirksamen Verzerrungen auf das Selbstbild des eigenen Körpers durch Werbung, Influencer und Social Media.

Mit fortschreitender Verbesserung all dieser Technologien werden die allzeit bereiten Sex-Avatare auch unser Intimleben beeinflussen, ob wir das wollen oder nicht – und wieder bewahrheiten sich die Prophezeiungen des Films Blade Runner 2049, dessen Liebes-KI mit dem vielsagenden Namen Joi ich abschließend mit diesen drei sehr passenden Worten zitieren möchte:

You look lonely.

AI-Sextbots verändern emotionale Dating-Standards

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Kommentare 3
  1. Lorenz W.
    Lorenz W. · vor 7 Monaten

    Dass Frauen mehr mittels der verbalen und Männer mittels der visuellen Modalität Befriedigung finden, scheint sich hier experimentell ein weiteres Mal zu bestätigen. Männer schauen Pornos, Frauen lesen Arztromane. Also kein Marketingversagen sondern konsequente Digitalisierung von Bedürfnisbefriedigung. Sorgen machen müssen sich in erster Linie Stormy Daniels und Dr. Norden wegen drohender Arbeitslosigkeit. Auf der einen Seite unter dem Druck unerreichbarer Ideale (gab es immer schon) zu leiden und auf der anderen sich sein Belohnungssystem mit „unearned dopamine“ zu zerschießen bleibt hingegen eher eine Frage der persönlichen Einstellungen und Preferenzen.

    1. René Walter
      René Walter · vor 7 Monaten

      Das Marketingversagen besteht ja, wie geschrieben, darin dass diese Sextbot-Apps trotz vorwiegend weiblicher Nutzerschaft an Männer vermarktet werden. Die Ads auf shady Portalen verkaufen ja nicht AI Boyfriends, sondern AI Girlfriends.

  2. Jürgen S.
    Jürgen S. · vor 7 Monaten

    Je älter ich werde, desto verlockender scheint mir der Gedanke, eine KI-Freundin zu haben, die klug ist, vielleicht ein wenig Witz hat und (vor allem) nicht rumzickt. Aber ich schätze, auch die KI wird nach die Realität nachahmen und bald wird es die ersten Ratgeber geben: Meine KI-Freundin macht zu viel Druck.

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