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Fundstücke

Korruption auf höchster Ebene: die WHO in Syrien

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchMontag, 24.10.2022

Wer in Syrien humanitäre Hilfe leisten will, steht vor einem Problem: Rund 14 Millionen Menschen, von denen der Großteil dringend auf Hilfe angewiesen ist, leben in Gebieten unter Kontrolle des Assad-Regimes. Das Regime wird international trotz seiner endlosen Menschenrechtsverbrechen als Vertreter des syrischen Staates anerkannt. Hilfsorganisationen brauchen also die Erlaubnis des Regimes, um in Gebieten Hilfe zu leisten, die das Regime selbst in Schutt und Asche gelegt hat.

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass eine Diktatur sehr geschickt vorgeht, wenn es darum geht, die internationale Hilfe zu missbrauchen. Letztlich handelt es sich um Erpressung: Entweder die Hilfe wird zu den Bedingungen des Regimes geleistet – oder gar nicht. Die Manager internationaler Hilfe müssen also permanent verhandeln, wann, wo, wie und unter welchen Umständen sie arbeiten können. Wenn sie dann arbeiten können, tun sie das mit lokalen Partnern, die auch vom Regime bestimmt werden. Das perfekte Rezept für Politisierung, Missbrauch und Korruption.

Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass es gewisse Graubereiche gibt. Schließlich muss laufend abgewägt werden, wie hoch der Preis für die Hilfeleistung am Ende sein darf. Allerdings gibt es auch unter den Managern internationaler Hilfe, wie den UN, Korruption und Misswirtschaft.

AP News beleuchtet derzeit einen besonders prominenten Fall: Die Chefin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Syrien, Akjemal Magtymova. Deren MitarbeiterInnen waren anscheinend dermaßen frustriert, dass sie sich an die Presse gewandt haben.

Die WHO, eine UN-Organisation, verfügte 2021 über ein Syrien-Budget von 115 Millionen US-Dollar. 10,000 US-Dollar davon gab Magtymova beispielsweise für eine Party mit feinstem Catering aus, die ihrer eigenen Führungsperformance gewidmet war. Sie selbst wohnte im Four Seasons in Damaskus, eine Art Hauptquartier der UN in Syrien. Die Miete, schätzungsweise 70 Millionen US-Dollar seit 2014, fließt direkt an das Assad-Regime. Anders als ihre KollegInnen bewohnte sie allerdings eine geräumige Suite mit Panoramablick. Im Dezember 2020, als Covid-19 in Syrien in vollem Gang war, verlangte sie von mehr als 100 MitarbeiterInnen, einen Tanz für eine Social Media-Challenge zu lernen. Sechs verschiedene Quellen gaben an, Magtymova habe andere MitarbeiterInnen als „cowards“ und „retarded“ beschimpft.

Magtymova trat ihren Job zu Beginn der Pandemie an, im Mai 2020. Laut mindestens fünf Quellen setzte sie sich über die eigenen Richtlinien hinweg, erschien mit akuter Infektion in Büros, hielt Meetings ohne Maske und steckte andere an. Nach dem bahnbrechenden Erfolg der ersten Dance-Challenge (not) engagierte sie einen Choreographen und eine Produktionsfirma, um weitere Blockbuster zu veröffentlichen. Das nächste Video, wieder mit Tanz – und sogar Kuchenverkostung – wurde veröffentlicht, als die syrische Bevölkerung gerade von einer der intensivsten Covid-Wellen getroffen wurde. Abstand oder Masken gab es nicht. Die Kritik wurde so laut, dass Magtymova Order von ihren Vorgesetzten bekam, das Video wieder von den Social Media Kanälen zu nehmen.

Magtymova wird überdies vorgeworfen, es nicht unbedingt mit Transparenz zu haben. Laut KollegInnen stehen diverse Berichte und Abrechnungen aus. Magtymova soll außerdem fragwürdige Verträge mit lokalen Organisationen abgeschlossen haben, zu denen sie besonders enge persönliche Verbindungen pflegte. Mindestens fünf MitarbeiterInnen gaben an, Magtymova habe mit WHO-Geldern Geschenke für Mitglieder des Assad-Regimes gekauft, darunter Laptops, Goldmünzen und teure Autos.

Einige MitarbeiterInnen gaben außerdem an, Magtymova habe Druck auf sie ausgeübt, Deals mit einflussreichen Regimemitgliedern abzuschließen, um beispielsweise Treibstoff zu überhöhten Preisen zu kaufen. Natürlich braucht die WHO Treibstoff, um Hilfsgüter transportieren zu können. Dass sie den von Warlords kaufen muss, ist ein Fehler im System — manchmal aber nicht zu ändern. Magtymova scheint die Balance den AP-Recherchen nach allerdings völlig verloren zu haben. Dazu passen auch die Schilderungen über einen gewissen Hang zur Selbstinszenierung und Luxus. Speziell über Mitglieder von UN-Organisationen hört man ähnliche Geschichten leider immer wieder. Das ist bitter für die vielen motivierten und sich ethisch korrekt verhaltenden KollegInnen. Es ist bitter für die SteuerzahlerInnen, die die WHO finanzieren. Und besonders bitter ist es für die SyrerInnen, die unter der Korruption leiden.

Als Reaktion auf die AP-Recherche hat die WHO nun eine interne Untersuchung angekündigt. Das Problem: Die WHO untersucht die WHO. Hier braucht es effektivere Mechanismen, um Zustände wie in der katholischen Kirche zu verhindern. Es bleibt zu hoffen, dass die Geberländer das Problem ernst nehmen und den nötigen Druck ausüben.

Korruption auf höchster Ebene: die WHO in Syrien

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