Letzte Woche starb 76-jährig der polnische Trompeter Tomasz Stanko in Warschau. In der Volksrepublik Polen aufgewachsen, in der der Jazz die Musik des Klassenfeinds war. Als er erstmals heimlich Jazz hörte, war das für ihn, laut eigenem Bekunden der Klang der Freiheit. Später dann, nachdem Manfred Eicher und ECM Records Stanko und andere Musiker aus Polen und dem ehemaligen Ostblock aufnahmen und im Westen veröffentlichten und noch viel später als der eiserne Vorhang Geschichte war, wurde aus Stankos Musik exemplarisch der europäische Jazz.

Es wurden einige Nachrufe geschrieben und Sendungen produziert, um daran zu erinnern, wer Stanko war und welche Bedeutung er nicht nur für polnische Künstler bis heute hatte. Die besten Beiträge dazu erschienen in der SZ von Thomas Steinfeld, hinter einer Bezahlschranke (Blendle).

Der Jazz, als Klang der Freiheit verstanden, muss ihn damals mit einer Gewalt erfasst haben, die man sich heute nicht mehr vorzustellen vermag. Denn nicht nur, dass er daraufhin selbst zum Jazzmusiker wurde, mit Ornette Coleman als erkennbarem Vorbild – er wurde es vielmehr als Teil einer ganzen Bewegung, die im Osten eine Avantgarde hervorbrachte, die aus der Nachahmung entstanden war, aber an Ernst und Kühnheit zuweilen ihre Vorbilder übertraf.

Und in der Frankfurter Rundschau (siehe dieser piq).

Sein letztes Album erschien erst im vergangenen Jahr. Decembre Avenue, aufgenommen in New York, seinem ehemaligen Sehnsuchtsort, der längst für ihn zur zweiten Heimat geworden war.

Im Deutschlandfunk kann man zudem seinen letzten Auftritt bei der Jazz Baltica 2012 nachhören.