In der Natur gibt es keine wirklich glatten Flächen und auch nicht so etwas wie ein Rechteck. Nur der Mensch muss solche Dinge errechnen und sich vorstellen, damit er Strukturen findet, auf denen er aufbauen kann. Im Rückgriff auf diese Realitäten tappt er sodann leicht in die Stillstandsfalle, läuft Gefahr das Wesentliche nicht mehr zu erkennen. Die Dinge bestehen nun einmal auch aus Zerfall, Zufall und Veränderung. Auch die Musik (v.a. die westliche) folgt klaren mathematischen Regeln. Wer dagegen verstößt und Fehler macht, wird bevorzugt beschimpft oder wahlweise beschmunzelt.

Hans-Joachim Roedelius war in seiner Musik immer auf der Suche nach dem Organischen, dem Fließenden. Sein musikalisches Haus ist eher ein Hundertwasserhaus, denn ein World Trade Centre.

Vor wenigen Monaten erschien seine Autobiographie, die ebensowenig vorgefertigten Formen folgt wie seine Musik. Am Ende des Buches habe er festgestellt, dass er nicht mehr derselbe sei, der das Buch begonnen habe, sagt der mittlerweile 83-Jährige. Veränderung ist eben das große Leitmotiv in seiner Kunst. Nichts bleibt eben wie es ist

Gerade eben erschienen ist ein Album mit dem Titel „Einfluss", das er zusammen mit dem Pianisten Arnold Kasar für die Deutsche Grammophon aufgenommen hat. Seine Diskographie hat längst dreistellige Dimensionen angenommen. Gerne sucht er sich Duopartner. Musiker mit denen er in einen Dialog tritt und wechselseitige Einflüsse improvisatorisch entwickelt werden können. Brian Eno und David Bowie sind die prominentesten unter seinen Kooperationspartnern gewesen. Aber ein Namendropping hat Roedelius eigentlich nicht nötig...