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Literatur

Das Fremde (Christoph Peters' Tage in Tokio)

Das Fremde (Christoph Peters' Tage in Tokio)

Jan Kuhlbrodt
Autor und Philosoph

*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)

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Jan KuhlbrodtDonnerstag, 02.12.2021

Seit fünfunddreißig Jahren beschäftigt sich Christoph Peters mit japanischer Kultur, Vor allem Teeschalen haben es ihm angetan. Denn Teeschalen sind nicht einfach nur Trinkgefäße. Und Beschädigungen und Reparaturen scheinen die Gefäße zu adeln. Entsprechend reich ist die Überlieferung von entsprechenden Erzählungen. Christoph Peters referiert:

„Oribe hat seine Schwerthiebe zur Zertrümmerung der Ido-Schale so präzise gesetzt, dass sie in vier beinahe gleichgroße Stücke auseinandergefallen ist. Wie viele versuche er dafür benötigt hat, ist nicht überliefert, aber als von klein auf trainierter, kriegserfahrener Samurai beherrschte er sein Schwert sicherlich absolut souverän. Anschließend hat er die Scherben so wieder zusammenfügen lassen, dass die Lackreparatur ein schmales durchgehendes Linienkreuz ergab.“

Endlich hatte er die Möglichkeit, selbst nach Tokio zu reisen.

Während meines Studiums am Deutschen Literaturinstitut vor nunmehr über zwanzig Jahren hatte ich eine Phase des gesteigerten Interesses an japanischer Literatur. Ausgelöst worden war es durch einen Rechercheauftrag, den ich als studentische Hilfskraft erhalten hatte. Jedenfalls las ich mich quer durch die japanische Moderne, wohl auch um mich vom permanenten Kontakt zu deutscher Gegenwartsliteratur zu erholen, und stieß dabei auch auf die Erzählung „Schwierigkeiten beim Verständnis der Narayqama-Lieder von Fukazawa Shichiro. Sie handelt vom Sterben in japanischen Bergen. Die Erzählung zeichnet eine in ihren Riten erstarrte archaische Gesellschaft. Dennoch war ich zutiefst beeindruckt von der Klarheit der Sprache und der Schilderung. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Buch mein Japanbild bestimmte, aber es hatte zumindest einen gewissen Einfluss, der natürlich von anderen Erzählungen und Romanen überformt wurde, aber als eine Art Keimzelle sich erhielt. Leide war ich noch niemals in Japan, obwohl ein guter Freund von mir seit bald zwanzig Jahren in Kyoto lebt. Und ich werde es wohl auch nicht mehr schaffen, meine durch Literatur gefertigten Bilder an Ort und Stelle zu korrigieren.

Umso interessierter und gebannter lese ich das Buch von Christoph Peters, das in einem gewissen Sinn eine solche Korrektur und Präzisierung des Bildes umschreibt. Nach längerer Beschäftigung mit japanischer Kultur und Geschichte hat der Autor die Möglichkeit, endlich, das Land zu bereisen. Das Buch ist sowohl Reisebericht, als auch Essay über das Fremde, über Vorurteile und deren Korrektur.

„Inzwischen bilde ich mir zwar gelegentlich ein, manches an Japan tatsächlich zu verstehen, doch im nächsten Moment habe ich große Zweifel, ob es überhaupt etwas zu verstehen gibt, denn Begegnung findet nie im Abstrakten und Allgemeinen statt: sie ist immer konkret, situativ und individuell.“

Und so finden wir im Buch den Autor durch Tokio streifend, sein mitgebrachtes Wissen bricht sich am Erleben der Wirklichkeit dieser Stadt. Wir sehen ihn aber auch zögerlichen Schritts am Fremden fast straucheln, zum Beispiel auf der Suche nach einem Lokal, um seinen Hunger zu stillen.

„Schließlich reiße ich mich zusammen und trete ein und bereue meine Entscheidung sofort. Einen Augenblick später denke ich, dass es vielleicht doch genau die Art Lokal ist, die ich gesucht habe: etwas wie der Laden aus dem wunderbaren Film Tampopo -Magische Nudeln – nur eben für Sushi.“

In diesem Lokal, indem er zunächst der einzige Gast ist, trifft der Autor auf eine junge Frau, die sich nach seinen Eindrücken erkundigt und dem Grund seiner Reise. Und Peters merkt, dass ihr Interesse an Keramik und Teezeremonie nicht besonders ausgeprägt sind. Was aus der Entfernung als kulturelles Gemeingut erscheint, findet sich nicht in jedem Einzelnen.

Es ist ein Buch über das Interesse am Fremden aber auch über das Fremde im Eigenen. Matthias Beckmann hat eine Reihe sehr schöner Zeichnungen angefertigt, die den Text illustrieren.

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