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Jan Kuhlbrodt
Autor und Philosoph

*1966 in Karl-Marx-Stadt
Studium in Leipzig und Frankfurt am Main
Redakteur bei EDIT und Ostraghege
freier Autor
letzte Veröffentlichungen: Kaiseralbum (Verlagshaus Berlin), Das Modell (Edition Nautilus), Die Rückkehr der Tiere (Verlagshaus Berlin)

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Jan KuhlbrodtMontag, 30.04.2018

Morgen ist der 1. Mai, ein Tag, an dem im vergangenen Jahrhundert mit heißer Nadel gestrickt so etwas wie weltweiter Zusammenhalt, wie es früher hieß, der progressiven Kräfte zelebriert werden sollte. Man konnte ihn begehen, indem man sich der im Ostblock herrschenden kommunistischen Ideologie unterwarf, und, wenn man die Augen vor den realen Verwerfungen verschloss, sich als Teil einer weltumspannenden Bewegung fühlen, ja man könnte sich darin auf eine gewisse Weise sogar geborgen fühlen, das Bewusstsein entwickeln, auf der richtigen Seite eines weltweiten Konfliktes zu stehen, der mit dem Sieg der internationalen Arbeiterklasse in einem Paradies jenseits von nationalen und Klassenschranken führen würde.

Real hat die Geschichte natürlich in einem Nebel geendet, in dem wir heute herumstochern, und aus dem heraus sich partikularistische und nationalistische Gespensterwolken erheben. Und wenn morgen zum Beispiel in Chemnitz zu einer Demonstration aufgerufen wird, dann richtet sie sich nicht abstrakt gegen den Kapitalismus, sondern eben gegen genau eine Wolke.

Die Identität der Gegendemonstranten leitet sich dabei aus dem ab, was die Nationalisten, gegen die demonstriert wird, vorgeben. Identität ist letztlich immer auch ein Reflex.

Dass ich das hier schreibe, heißt nicht, dass ich es nicht für richtig und wichtig halte, sich diesen rechten Vollidioten in den Weg zu stellen, aber ich plädiere dafür, dass man, wenn im alltäglichen Kampf noch etwas Zeit bleibt, sich Lektüren widmet, wie zum Beispiel dem Buch „Außer sich“ von Sasha Marianna Salzmann, denn dieser Text beschreibt nämlich genau dieses: Die Auflösung tradierter Identitätskonzepte. Nationaler, geschlechtlicher und auch religiöser.

Den Anker der Erzählung bildet die Suche eines Zwillingspaares nacheinander, oder vielmehr die Suche von Alissa nach ihrem Bruder Anton, die nach dessen Verschwinden in Berlin beginnt, sich sowohl zeitlich und räumlich in alle Richtungen ausbreitet und sich über weite Teile Osteuropas, die ehemalige Sowjetunion und der Türkei erstreckt. Die Erzählung bläht sich gewissermaßen wie in Segel im Wind jüngerer und jüngster Geschichte, deren Gefügtheit sich letztlich als die eines Trümmerhaufens erweist.

Aber nicht nur die Geschichte löst sich in eine Abfolge von Unsicherheiten auf, auch die Identität der Protagonisten ist alles andere als gefestigt. Das erklärt auch den Titel des Buches. Das Ich ist nicht im Inneren der Handelnden zu suchen, sondern immer schon außer sich, es scheint eine Reaktion zu sein auf die Bedingungen unter denen es auftaucht oder entsteht. Entsprechend aber, und eben auch unter wechselnden Bedingungen wird es fluid.

Vielleicht damit der Leser sich im Fließenden nicht verliert, ist dem Roman eine Personenliste vorangestellt, der schon zu entnehmen ist, dass der einzelne immer auch mehrere ist. Dennoch kann man sich im Handlungsgeflecht zuweilen verirren, was das Leseabenteuer aber nicht schmälert, sondern im Gegenteil.

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