Das Interview kostet 39 Cent. Ein Witzpreis, denn das in DER SPIEGEL Geschichte erschienene Gespräch mit Siri Huvstedt geht tief rein in das, was die meisten Europäer an der Idee Amerikas trotz allem immer noch (wenn auch vage) lieben: den Pioniergeist. Beziehungsweise dessen Mythos. Und der ist komplex. Wie in ihren Essays hat Huvstedt das Thema umfassend erforscht und eine klare, erhellende Haltung gefunden:

SPIEGEL: Jeder kann sich aus dem Pionierpuzzle das herausnehmen, was er braucht, um sich und seine Haltung zu begründen.

Hustvedt: So ist das mit vielen Mythen. Sie sind vielseitig einsetzbar. Barack Obama sprach 2008 davon, dass die Pioniere, die den Westen eroberten, unter uns leben. Er selbst ist ein Beweis für diese These: der erste Schwarze im Weißen Haus, zweimal gewählt. Dass er die Metapher vom Pioniergeist für sich nutzen konnte, beweist die Flexibilität dieses Mythos. Leute wie er waren damit ursprünglich ebenso wenig gemeint wie die Frauen.

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SPIEGEL: Der zweite Verfassungszusatz regelt das Recht der Bürger, Waffen zu tragen. Ist das dem Pioniergeist geschuldet?

Hustvedt: Das ist komplexer, als die meisten Leute wissen. Das Problem ist die ungenaue Formulierung dieses Zusatzes. Aber es ist klar, dass das Recht, Waffen zu tragen, ursprünglich nur für eine von der Gemeinde eingesetzte und kontrollierte Bürgerwehr galt. Dahinter steckt natürlich der alte Frontier-Gedanke, dass du da draußen in der Wildnis deine Familie und deine Freiheit verteidigen musst. Die NRA, die National Rifle Association war zunächst nur ein Sportschützenverein. Erst in den Siebzigerjahren haben Nationalisten und sogenannte Survivalists – Leute, die sich auf das plötzliche Ende unserer Zivilisation vorbereiten – die NRA zu der Waffenlobby gemacht, die sie heute ist.

Und: "Das Land ist gegründet auf den Menschenrechten und den Prinzipien der Aufklärung. Das Gefühl, gemeinsam etwas Neues begonnen zu haben, bestimmt das Selbstverständnis, quer durch alle Schichten.“