Sind die Orte, in denen in den Dreißigerjahren Menschen besonders oft die Nazis gewählt haben, die gleichen wie die, wo heute die meisten AfD-Wähler sitzen? Der Historiker Davide Cantoni wollte das wissen und hat Wahlergebnisse der NSDAP und der AfD miteinander verglichen. Dafür betrachteten er und sein Team 11.000 Gemeinden in Deutschland. Das Ergebnis: Es gibt tatsächlich so etwas wie ein politisches Erbe, eine Kontinuität im Wahlverhalten. 

Das erklärt nicht den ganzen Wahlerfolg der AfD, aber laut Cantoni ist es ein ähnlich wichtiger Faktor wie andere bekannte Erklärungen: Arbeitslosigkeit, Verlust von gut bezahlten Jobs im Industriesektor, Unsicherheit wegen der Zuwanderung. Was auch deswegen wichtig ist, weil zumindest der Faktor Arbeitslosigkeit auf Deutschland nicht im gleichen Maße zutrifft, wie in Ländern wie Frankreich und den Niederlanden, wo das als Erklärung für den Erfolg von Rechtspopulisten gesehen wird. 

Zwar war die Wahl 1933, die Cantoni als wichtigste Quelle seiner Untersuchung herangezogen hat, keine wirklich freie Wahl mehr. Dennoch war sie "das letzte Mal, dass die deutsche Bevölkerung sich halbwegs frei äußern konnte, bevor das Naziregime die Macht gänzlich übernahm."

Dass diese Gewohnheit des Rechtswählens an bestimmten Orten in Deutschland in den letzten Jahrzehnten nicht so stark zu sehen war, liegt laut Cantoni daran, dass die "sozialen Kosten" nicht so hoch sind, wenn man die AfD wählt – mit anderen Worten, man kann sich damit ruhig sehen lassen. Außerdem hatten einige dieser Orte generell eine niedrige Wahlbeteiligung, bevor die AfD kam.