Peter Handke hat der Zeit ein Interview gegeben, und natürlich schlägt der Text in den Feuilletons hohe Wellen. Nach dem heftigen Streit aus dem Oktober war das auch kaum anders zu erwarten. Verkürzt und möglichst neutral formuliert, stand damals die Frage im Zentrum, ob ein Autor, der die serbischen Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien verharmlost hat, ein würdiger Literaturnobelpreisträger sein kann.

Das aktuelle Interview mit Handke ist nur in der gedruckten Zeit oder hinter einer Bezahlschranke online zu lesen. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich lieber die Deutungen von DLF-Literaturchef Hubert Winkels empfehle als den Primärtext, den man sich natürlich auch unbedingt anschauen sollte. Winkels schafft es aber in sagenhaften elf Audiominuten, die gesamte Komplexität des Themas in grandioser Verständlichkeit aufzufächern und das Phänomen Handke ohne überschießende Parteinahme für oder gegen den Schriftsteller bzw. seine Kritiker zu erklären und auszudeuten.

Für mich ist das Journalismus at its best. Zumal Winkels nichts kleinredet. Dass Handke im Zeit-Interview seine Position eher zuspitzt als relativiert und dezidiert verlangt, den Nobelpreis gerade nicht nur für sein literarisches Werk zu erhalten, sondern auch als Mensch mitsamt seiner Biografie, kommt ebenso rüber wie die berechtigte Kritik am Interviewer Ulrich Greiner:

Und wenn der gute, liebe und zurückhaltende Herr Greiner an irgendeiner Stelle mal fragt: Na ja, könnten Sie auch daran schuld sein, dass es so eskaliert ist mit dem Streit? Dann sagt er [Handke] sofort die Sätze: 'Wenn Sie das noch einmal sagen, hole ich einen Hammer. Spielen sie jetzt Tribunal?' [...] Dann wird er vulgär, grob und auch zum rächenden Gott, [...] der den Hammer holt.

Genau dies, deutet Winkels weiter, sei das quasireligiöse "System Handke", das er aber nicht denunzieren wolle. Man könne über dieses System nur reden, wenn man es kenne. Man müsse lesend "da drin gewesen sein", bevor man über ihn richte.