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Feminismen

Der Muff von 2000 Jahren

Annett Gröschner
Schriftstellerin und Journalistin
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Annett GröschnerMittwoch, 14.03.2018

Jedes Mal, wenn mir mein Diplom in die Hände fällt, auf dem mir bescheinigt wird, Diplom-Germanist zu sein, möchte ich einen Stift nehmen und hinter das t noch ein "in" schreiben. Ich finde mich in der Bezeichnung nicht wieder, sie ist für mich männlich konnotiert. Dabei wäre es unkompliziert gewesen, einfach die weibliche Bezeichnung zu schreiben, genau wie der Sparkasse kein Zacken aus der Krone fallen würde, mich als Kundin zu bezeichnen, wenn ich das wünsche, schließlich hatte ich schon mit 6 die ersten Sparmarken. Der Bundesgerichtshof ist da anderer Meinung. Er findet, das generische Maskulinum sei geschlechtsblind, aber das stimmt schlicht nicht. Das Bewusstsein dafür hat sich längst geändert. Und bloß, weil etwas 2000 Jahre verwendet wird, muss es ja nicht gut und schon gar nicht gerecht sein. Gute Gelegenheit für Antje Schrupp, das Problem noch ein wenig weiterzudenken.

Was bei Verwendung eines generischen Maskulinums NICHT möglich ist, das ist die Sichtbarmachung von Männern als spezifische Gruppe. Weil Bezeichnungen für Männer einfach identisch sind mit Bezeichnungen für Menschen. Mit dem Feminismus ist aber genau dieses sprachliche Bedürfnis in die Welt gekommen. Wir bestreiten den Anspruch von Männern und Männlichkeit, das Allgemeine zu repräsentieren, und uns den Status des Partikularen zuzuweisen. Männer sind nur ein Teil der Menschheit, und zwar ein spezifischer Teil, der nicht den Anspruch erheben kann, für uns zu sprechen.

Die Aggressivität gegenüber den Kritikerinnen und Kritikern des generischen Maskulinums rührt eben auch daher, dass diese Kritik an den Grundpfeilern unserer Kultur rüttelt.

Während Frauen aufgrund des generischen Maskulinums von klein auf üben (müssen), zu unterscheiden, ob sie gemeint sind oder nicht, werden Männer daran gewöhnt, dass sie immer gemeint sind, dass es prinzipiell immer um sie geht, es sei denn, es ist ausdrücklich von Frauen die Rede.

Wie wäre es denn mit einem generischen Neutrum?

Der Muff von 2000 Jahren

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Kommentare 16
  1. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

    Wenn es denn so einfach wäre und man mal eben mit ein paar neuen Begrifflichkeiten eine Sprache entwickeln könnte, die unproblematisch, praktiabel ist und stilistisch elegant ist. Finde folgenden Artikel recht aufschlussreich, der unter anderem nicht nur zeigt, dass das generische Maskulinum durchaus Sinn macht, sondern auch, dass es teilweise generische Feminina gibt: http://deacademic.com/...

    1. Annett Gröschner
      Annett Gröschner · vor 6 Jahren

      Danke für den Hinweis. Ich habe auch meine Schwierigkeiten mit den Versuchen der gendergerechten Sprache, vor allem, wenn ich literarische Texte schreibe, finde mich aber in den generischen Maskulina nicht wieder. Das hat Antje Schrupp ja in ihrem Text ja auch analysiert. Ein generisches Neutrum wäre ein Ausweg.

    2. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

      @Annett Gröschner Mir ist nicht ganz klar, wie das aussehen würde, etwa die Autofahrenden statt die Autofahrer?

    3. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      @Annett Gröschner Ich habe relative lange alles rund gendergerechte Sprache für übertrieben gehalten - angesichts anderer immer noch sehr offensichtlicher Ungleichheitsbehandlungen. Bis sich dann die (w/m) Stellenausschreibung durchgesetzt hat. Da ist mir selbst zum ersten Mal sehr bewusst geworden, dass ich mich vorher überhaupt nicht mitgemeint gefühlt habe. Ich finde es gut, dass dieses Thema jetzt mal wieder Anlass bietet sich differenziert damit auseinanderzusetzen.

    4. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Dass eine gendergerechte Sprache zu weniger Ungleichheit führt, lässt sich im Iran aber nicht beobachten. Viel entscheidender ist, dass der Gleichheitsgrundsatz ins Grundgesetz geschrieben wurde. Seither sind auch Frauen immer mit angesprochen.

    5. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      @Dirk Liesemer Nur weil etwas im Gesetz geschrieben steht heißt das ja noch lange nicht, dass es auch umgesetzt wird. Da muss man sich schon immer aktiv darum bemühen und regelmäßig den Soll/Ist-Zustand abgleichen.

    6. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Klar, aber Gesetze sind ein sehr effektives Mittel, um einen Ist-Zustand zu verändern.

    7. Dirk Janssen
      Dirk Janssen · vor 6 Jahren

      Ich empfinde es bisher so, dass die Befürworter gendergerechter Sprache recht "harte" Argumente auf ihrer Seite haben (generisches Maskulinum verfestigt die Ungleichwertigkeit, sprachliche Uneindeutigkeit und Frauen fühlen sich eben nicht mitgemeint). All dies, soweit ich das bisher verstehe, relativ gut belegt. Das Hauptargument gegen gendergerechte Sprache ist fast immer eines, dass eine solche Sprache als schlechten Stil, als schlecht lesbar oder schlecht vorlesbar ansieht. Es scheint mir, dass die Gegenargumente durch Gewöhnung leicht überwunden werden können.

    8. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

      @Dirk Janssen Wo gibt es denn einen empirischen Beleg für die These, dass das generische Maskulinum die Ungleichwertigkeit verfestigt? Bin ja mal sehr gespannt, wie man eine solche Frage überhaupt isoliert von anderen gesellschaftlichen Faktoren untersuchen will.

    9. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      @Dirk Liesemer Ich finde das hier einen recht guten text dazu https://www.stuttgarte...

    10. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Interessanter Text auf jeden Fall! Trotzdem dürften auch kulturell-politische Gründe eine erhebliche Rolle spielen, weshalb sich einige Frauen nicht angesprochen fühlen: Frauen waren halt tatsächlich lange Zeit nicht gemeint. Erst mit der Etablierung des Gleichheitsgrundsatzes hat sich das verändert (was die Konservativen gleich geahnt haben, weshalb sie den Grundsatz vehement abgelehnt haben). Und das Binnen-I - auch das zeigen Forschungen - betont eher das weibliche als das männliche Geschlecht.

    11. Annett Gröschner
      Annett Gröschner · vor 6 Jahren

      Antje Schrupp schreibt: "Während Frauen aufgrund des generischen Maskulinums von klein auf üben (müssen), zu unterscheiden, ob sie gemeint sind oder nicht, werden Männer daran gewöhnt, dass sie immer gemeint sind, dass es prinzipiell immer um sie geht, es sei denn, es ist ausdrücklich von Frauen die Rede. Das sind dann diese „Frauenthemen“, die sie nichts angehen und nicht betreffen." Ich glaube, da liegt ein wichtiger Punkt. Diesen Unterschied gäbe es bei einem generischen Neutrum nicht. Schweden hat es mit der Einführung des Pronomens 'hen' für seine Sprache versucht. Der Gebrauch ist fakultativ.

    12. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

      @Annett Gröschner Ich finde das „fakulativ“ so wichtig und die Frage kommt mir zu kurz. Nimmt man nämlich die Gerichte raus aus der Frage gerechter Sprache und macht das Ganze zu einer Frage von Höflichkeit und Zugewandtheit, so wird das viele Mütchen kühlen, Widerstände vermeiden und meiner Ansicht nach viel schneller Veränderung erzeugen.

    13. Annett Gröschner
      Annett Gröschner · vor 6 Jahren

      @Marcus von Jordan Schwierig. Nur mit Höflichkeit hätte ich als Alleinerziehende bis zur Volljährigkeit meines Kindes noch einen Vormund gehabt und das Wahlrecht bis heute nicht. Im Falle der Sprache plädiere ich aber auch für Gelassenheit. Sprache verändert sich so oder so, da können die das generische Maskulinum Verteidigenden sich noch so dagegen sträuben. Ich hatte einen sehr klugen Germanistikprofessor, Erwin Arndt, der äußerlich aus der Zeit gefallen schien. Der sagte in den Achtzigern. "Irgendwann wird 'mein Vater sein Mantel' sich statt des Genitivs durchgesetzt haben. Und wir werden es nicht wirklich aufhalten können." Je mehr Frauen sich nicht mehr mitgemeint fühlen, wenn die Sparkasse "Kunde" schreibt, desto eher wird sich das ändern.

    14. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor 6 Jahren

      @Annett Gröschner Das mit der Gelassenheit gefällt mir ebenso wie spielerische Umgangsweisen. Man wird sich auch daran gewöhnen müssen, dass sich konkurrierende Schreibweisen verbreiten (was ja literarisch interessant sein kann und vielleicht gar neue Möglichkeiten eröffnet). Aus diesem Grund halte ich nichts davon, wenn Studenten irgendwelche Vorschriften gemacht und immer neue Leitfäden verabschiedet werden.

    15. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

      @Annett Gröschner Ich hoffe auch sehr, dass wir da differenzieren können. Das Sparkassenformular ist eben nicht das Gleiche wie das Frauenwahlrecht. Und wo so getan wird als ob, macht das eine gute Sache unnütz angreifbar und schadet viel mehr, als es nutzt.

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