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Kurzinterviews mit Front-Soldaten in der Ukraine

Oleg PogrebnyakFreitag, 26.04.2024

Viele von uns verfolgen die Nachrichten aus der Ukraine aktiv mit. Die sprechen meist eine Sprache der Zahlen und Abstraktionen - x Getötete, y Verwundete, z Mal Raketenalarm in diesen und jenen Städten. Wäre ja sonst auch schwer auszuhalten: wie viele von uns konnten den Film 20 Tage in Mariupol denn schon bis zu Ende anschauen? Wie viele am Stück? Wir lesen und sprechen über Geopolitik, Zusammenhänge, zivile Opfer, Menschen auf der Flucht. Über konkrete Menschen fast nie.

Durch die Abstraktion entsteht dieser bewusste Abstand zu Menschen, der sich am meisten auf die bezieht, die am intensivsten beteiligt sind: den Soldaten.

Ein schwieriges Thema, vor allem in Deutschland. Aber einige Fragen drängen sich zwischen den Zeilen auf: Wer sind diese Menschen, die wir hierzulande als Stückzahlen rezipieren? Was passiert mit denen, die aktiv an Kampfhandlungen beteiligt sind? Wer und warum meldet sich freiwillig, wer wird gezwungen zu kämpfen, wie läuft das ab und wie geht das aus? Diese - für einen Artikel extrem lange - Interviewserie versucht, genau diese Frage anzugehen.

Ich stelle nicht viele Fragen, wenn ich in Deutschland um Hilfe gebeten werde, aber die Erklärungen kommen auch ungefragt. Eine LKW-Ladung alte Bettwäsche? Die behandeln Soldaten mit massiven Verbrennungen, die Wunden nässen stark und die Wäsche muss stündlich getauscht werden. Pflegebetten? Das Krankenhaus wurde nach dem Abzug der russischen Truppen leer vorgefunden. Antimykotische Creme? Das Wasser in den Gräben steht knöcheltief. Nein, Wanderschuhe eignen sich nicht, weil brennbar. Ein Krankenwagen oder zumindest ein Minibus? Zustand egal, wird repariert, der letzte vollausgestattete von euch fährt zuverlässig, die Minibusse sind für die, die selbst sitzen können. Die Feuerlöscher von vor zwei Monaten? Schon leer.

Aber auch das sind indirekte Informationen aus der dritten Hand: NGOs und Privatleute sammeln für konkrete Einrichtungen oder ganze Ortschaften; Menschen, die gerade angekommen sind, will man nicht retraumatisieren und auch die berichten zum Glück nicht von der Kontaktlinie, sondern sind als Zivilisten im Idealfall häufig nicht körperlich betroffen.

Die Interviews mit Soldaten sind erhellend und lassen sich, obwohl anekdotisch, vermutlich auf eine Vielzahl ähnlicher Schicksale übertragen.


Ilya, verwundeter Freiwilliger
Als wir gerade einen neuen Unterstand gebaut haben, ist eine Drohne in unseren Graben geflogen. Wir fällten die Bäume am Abend, wenn Drohnen einen nicht gut erkennen können, und trugen sie zu unserem Platz. Dabei wurden wir erwischt. Wegen unserer eigenen Dummheit: Wir haben lange gebraucht, um diesen Unterstand zu bauen, etwa eine Woche. Wir wollten, dass er sicherer ist. Wir haben eine Drohne, die über das Schlachtfeld fliegt, und sie haben ein Dutzend von den Dingern. Sie sehen alles, und wir wissen nicht, wie wir sie bekämpfen sollen. Man kann sie nicht mit einem Luftgewehr erwischen, man braucht etwas Stärkeres, etwas mit Radar.
Der Unterstand war mit Baumstämmen abgedeckt, aber da war eine kleine Lücke, die hat er gesehen und ist reingeflogen. Unser Graben war klein, eineinhalb mal eineinhalb Meter, am Eingang des Unterstands. Dort tranken wir Tee – Serjoga, Vovka und ich. Da flog der Russe hinein, flog über unsere Köpfe und fiel uns vor die Füsse. Wenn die Drohne sich dem Ziel nähert, schaltet sie ihre Propeller aus und ist nicht mehr zu hören. Serjoga und ich wurden an den Beinen getroffen, und Vovka, der seitlich von uns sass, bekam einen Bauchschuss. Wir hörten nichts mehr, die Trommelfelle waren geplatzt, es gibt ein Quietschen, Nebel, die Beine strampeln herum. Aber niemand hat das Bewusstsein verloren. Wir hatten Glück, unsere Ablösung war auf dem Weg, nach zehn Minuten waren sie da. Ein Auto der Luftaufklärung war nur einen Kilometer entfernt – die hatten einen Sanitäter. Die Jungs kamen, sie holten uns raus. «Scheisse, wir haben uns den Urlaub versaut, was soll ich meiner Frau sagen?» Und der Sanitäter sitzt mit grossen Augen da und fragt: «Haben Sie etwa keine Schmerzen?»

Respekt auch für den oder die nicht namentlich erwähnten Kollegen - als Übersetzer hatte ich besonders die Übertragung der erwartungsgemäß omnipräsenten Flüche im Visier. Es war wohl die beste Lösung, sie abgeschwächt einfließen zu lassen, für mich ist die Gegenüberstellung der sehr derben Sprache im Original und der sehr milden übersetzten Fassung trotzdem belustigend.

Kurzinterviews mit Front-Soldaten in der Ukraine

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