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Europa

Eine kurze Geschichte Rußlands und der Ukraine

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlMittwoch, 23.03.2022

Gerade in den aktuellen chaotischen Zeiten des Ukrainekrieges lohnt es sich kurz innezuhalten und zurück zu schauen. Im "The Guardian" führt Keith Gessen die langen Linien der ukrainisch-russischen Geschichte mit den dreißig Post-Sowjetjahren zusammen.

Historisch war die Ukraine, oft geteilt, nicht direkt als einheitliches Ganzes erkennbar. So waren sicher auch die historischen Erinnerungen des Landes selbst gebrochen. 

Mit den Worten eines Historikers: "Seine verschiedenen Teile hatten unterschiedliche Vergangenheiten". Erschwerend kommt hinzu, dass einer der wertvollsten Aspekte der politischen Kultur der Ukraine historisch gesehen - das Erbe des Kosakenhetmanats des 17. Jahrhunderts - der Anarchismus war. Die ursprünglichen Kosaken waren Krieger, die der Leibeigenschaft entkommen waren. Ihr politisches System war eine radikale Demokratie. Es lag etwas Schönes darin. Aber in Bezug auf den Aufbau eines modernen Staates hatte es Nachteile. In einer inzwischen berüchtigten CIA-Analyse, geschrieben kurz nach der Gründung der unabhängigen Ukraine, wurde vorhergesagt, dass es eine gute Chance gab, dass das Land auseinanderfallen würde.

Das Land aber ging seine Wege - chaotisch zwar. Aber immer wieder neu. Wir erinnern uns an die Abfolge vieler Präsidenten und Präsidentinnen sowie an Faustkämpfe in der Rada. Waren das von Amerika finanzierten Scheinaktivitäten oder Provokateure? Oder eher echte Meinungsverschiedenheiten in der Bevölkerung darüber, was die Ukraine sein sollte? Man kann wohl sagen

Zum Guten und zum Schlechten war die Demokratie tief in der ukrainischen politischen Kultur verwurzelt, und so, während die Macht in Russland nie einer Opposition übertragen wurde, geschah dies in der Ukraine immer wieder.

Die Russen hingegen wählten ihren scheinbar erprobten Präsidenten ständig von neuem - es kann dort wohl nur einen geben?

Ja, die Ukraine war unter den Sowjetrepubliken einzigartig. Obwohl in der Neuzeit nur wenige Jahre unabhängig, existierte eine starke nationalistische Bewegung, einen lebendigen literarischen Kanon und eine starke Erinnerung an seinen unabhängigen Platz in der Geschichte Europas vor Peter dem Großen. Das mag im Baltikum noch ähnlich sein. Aber die Ukraine war und ist auch sehr groß, 

das zweitgrößte Land Europas nach Russland. Es wurde industrialisiert und war ein wichtiger Hersteller von Kohle-, Stahl- und Hubschraubertriebwerken sowie Getreide- und Sonnenblumenkernen. Es hatte eine hochgebildete Bevölkerung. Und diese Bevölkerung, als sie 1991 unabhängig wurde, zählte 52 Millionen - an zweiter Stelle nach Russland unter den postsowjetischen Staaten. Es lag strategisch günstig am Schwarzen Meer und an der Grenze zu zahlreichen osteuropäischen Staaten und zukünftigen NATO-Mitgliedern. 

Auch kulturell und historisch war die Ukraine im Zaren- oder Sowjetreich von außerordentlicher Bedeutung.  Zwar hatten sich die russische und ukrainische Sprachen irgendwann im 13. Jahrhundert auseinander entwickelt, eigene Literaturen gebildet

aber die beiden blieben nah - etwa so nah wie Spanisch und Portugiesisch. Während der größte Teil des Landes ethnisch ukrainisch war, gab es vor allem im Osten eine große ethnische russische Minderheit. 

Man muß auch sagen, dass ukrainische Nationalisten eine andere Perspektive auf die Geschichte haben. 

Für viele begann die Besetzung ihres Landes 1921 (als die Bolschewiken die Kontrolle über die Ukraine konsolidierten) oder 1939 (als Stalin den letzten Teil der Westukraine als Teil des Molotow-Ribbentrop-Pakts zur Teilung Polens zwischen Deutschland und der UdSSR übernahm), wenn nicht 1654, als das Kosakenhetmanat den Schutz des russischen Zaren suchte. 

In dieser Perspektive wurden die berüchtigten Widerstandskämpfer, bekannt als ukrainische Aufständische Armee, zu Gründungsvätern der modernen Ukraine. Sie hatten sich sowohl der sowjetischen als auch der deutschen Besatzung in der Westukraine widersetzt und wurden von den Sowjets als Faschisten bezeichnet. Für Nationalisten war die eigentliche ukrainische Tragödie des 20. Jh. nicht die Nazi-Invasion, sondern die große Hungersnot von 1932/33, in der Millionen von Ukrainern umkamen.
Sie war als Holodomor - "Mord durch Hunger" - bekannt und wurde konsequent als vorsätzlicher Akt Stalins (und damit Russlands) zur Zerstörung der ukrainischen Nation bezeichnet.
Man muß diese Perspektive nicht eins zu eins übernehmen. Aber man sollte sie kennen.
Eine kurze Geschichte Rußlands und der Ukraine

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Kommentare 1
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 2 Jahren

    Ein kompakter, guter Beitrag von Masha Gessens "kleinem Bruder".

    Ergänzend sei sein Stück vom Beginn des Krieges 2014 empfohlen:
    https://www.newyorker....

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