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Die unheimliche Rückkehr der Fabriken

Jannis Brühl
Redakteur
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Jannis BrühlMontag, 17.07.2023

Den marktliberalen Autoren beim Economist geht es offensichtlich gar nicht gut. Aus diesem von mit gepiqden Text spricht großes Unwohlsein über die jüngsten makroökonomsichen Entscheidungen der Regierungen dieser Welt. Alle wollen ihre eigenen Dinge produzieren! Den Trend zum "Reshoring" (vs. Offshoring) finden sie beim Economist verrückt – und bringen ein paar gute Argumente dagegen in Stellung, für die man kein eingefleischter Marktanbeter sein muss. Vielmehr erhellt dieser Text die Psychologie vieler Regierender: Die wirken wie von kollektiver Panik, einfachsten Versprechen an die Wähler und einem primitiven Verständnis der Weltwirtschaft besessen.

Die Globalisierung ist offensichtlich in der Rückwärtsbewegung. Was noch Anfang des Jahrhunderts zumindest unter den Eliten als einzig wahre Strategie galt – offene Märkte, weltweiter Austausch, Super-Duper-Arbeitsteilung –, wird heute quasi als Ideologie einer untergegangenen Ära abgestempelt. Im Zentrum der Verrücktheiten steht für die Autoren der Glaube, man brauche nur wieder genug Produktion – sprich: Fabriken – im eigenen Land, dann käme all das vermeintlich oder tatsächlich Verlorene zurück: von Wachstum und Innovation bis zum Stolz der Arbeiter. Doch vielleicht ist es ein Irrglaube, die Dienstleistungsgesellschaft und andere "spätmodernde" Phänomene zu verurteilen und sein Heil in einem verklärten Bild der Industriegesellschaft zu suchen.

It is far from clear such jobs can be brought back—no matter how much governments spend. For a start, the manufacturing wage premium has fallen sharply. Production workers’ wages in America now lag behind those of similar service-sector workers by 5%. Moreover, the sort of high-tech factories that America and Europe are attempting to attract are highly automated, meaning they are no longer a significant source of employment for people with few qualifications. Ford’s revamped electric-vehicle (ev) plant in Cologne, located on the banks of the Rhine in Germany’s industrial heartland, is one such example

Die Regierungen von Indien bis zum Intel-Standort Magdeburg überschätzten, wie viel Wachstum und Lohnzuwächse Industrieproduktion wirklich bringe – noch dazu im Zeitalter der praktisch vollautomatisierten Fabrik. Und die astronomischen Summen, die nun im Subventionswettlauf an Konzerne fließen, damit die sich doch bitte in Magdeburg oder sonst wo niederlassen, müsse eine Volkswirtschaft ja auch erst mal bezahlen. Kommt das ganze Geld wirklich wieder rein? Zudem gibt es Zeichen, dass der neue, von Staaten forcierte Boom zu übler Überproduktion führt.

Die Argumente wirken wie ein ernüchterndes Gegenmittel zur allgegenwärtigen Rückkehr von Protektionismus, Paranoia und Wirtschaftsnationalismus. Es ist eine Warnung, dass diese Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen unter dem Eindruck jüngster Ereignisse – Pandemie, Krieg, (kurzfristiges) Lieferkettenchaos – übers Knie gebrochen wurden. Hoffentlich stimmt das nicht. 

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Kommentare 9
  1. Matthis Pechtold
    Matthis Pechtold · vor 10 Monaten

    Sie schreiben im Anreißer "Die Regierungen von Indien bis zum Intel-Standort Magdeburg unterschätzten, wie viel Wachstum und Lohnzuwächse Industrieproduktion wirklich bringe [...]" – da meinten Sie sicher "überschätzten"?

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 10 Monaten

    Den Artikel kann man auch über blendle lesen:
    https://blendle.com/i/...

    Weniger zum Artikel, mehr zur Vorstellung des Beitrages:

    "Die Globalisierung ist offensichtlich in der Rückwärtsbewegung."

    Keineswegs ist die Globalisierung auf dem Rückzug. Nur eine Form, die westliche herrschenden Klassen ab den 1990er Jahren favorisiert haben, ist gescheitert und scheitert täglich.

    Alle gegenwärtigen Mittel zur Produktion - vom Internet bis zu KI - tragen zur weiteren Verflechung der Welt bei.

    Alle zentralen Probleme wie die Klimakatastrophe sind nur im Zusammenspiel aller Kontinente zu lösen.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 10 Monaten · bearbeitet vor 10 Monaten

      Es waren doch nicht nur westliche herrschenden Klassen, die das favorisiert haben. Asien, insbesondere China und seine Herrschenden waren maßgeblich dabei, haben die Bedingungen durchaus mit bestimmt. Und sie waren die eigentlichen Nutznießer, zusammen mit den Armen in Asien. Deren Löhne sind jahrelang massiv gestiegen. Auch die westlichen Konsumenten haben stark profitiert.

      Es ist auch nie die unmittelbare Industrieproduktion allein. Hight Tech und Innovation sind ein komplexer Innovationsprozess - von Forschung und Bildung über Entwicklung entsprechender Service mit hohen Löhnen bis zu Produktion und Handel. Aber ohne industrielle Produktion geht letztendlich gar nichts. Nicht mal eine Energiewende.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 10 Monaten

      @Thomas Wahl Anfang der 1990er Jahren waren es die westlichen Herrschenden. Wenn die nicht ganze Fabriken zum Beispiel nach China geschickt hätten, wäre die Entwicklung anders verlaufen. Parallel dazu stieg die Zahl, die davor warnten: "The Downsizing of America" war 1996 ein Bestseller.

      Nach der Forbes-Liste sind westliche Lohndrücker und Spekulanten mehrheitlich die Reichsten. Die extreme Ungleichheit wird entweder friedlich reduziert oder die Krisen verstärken sich.

      Wenn jetzt sich weniges ändert, ist das kein Ende der Globalisierung.

      Es ist eine zaghafte Richtungsänderung. Ob sie ausreicht, wird sich zeigen.

      Natürlich ist das kommentarmäßig pauschal gesagt. Bei der Deindustrialisierung gab es ja große Unterschiede selbst in Europa: In Nordengland war sie zerstörerisch; in Westdeutschland moderat, in Ostdeutschland gravierend.

      Ja, ohne Industrie geht es nicht, aber es wird eine neue geben müssen. Ein einfaches Zurück wird es weder in den USA noch anderswo geben.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 10 Monaten · bearbeitet vor 10 Monaten

      @Achim Engelberg Wir sind uns einig, dass dies wahrscheinlich nicht das Ende der Globalisierung ist. Auch darin, dass es kein einfaches zurück zu alten Industrien gibt.

      Aber es war nicht so, dass der Westen einfach ganze Fabriken nach China "geschickt" hat und schon gar nicht so, dass China das nicht wollte. China hat eine erstaunlich langfristige Strategie gefahren - von einfachen Textilprodukten über simplen Kleinkram hin zu anspruchsvollen High Tech. Gestützt auf billige aber steigende Löhne. Was langfristig zu mehr Gleichheit führt.

      Und was die Forbes-Liste betrifft, dort kommen die vielen hundert Millionen Chinesen usw. die dadurch in den Mittelstand aufgestiegen sind, gar nicht vor. Nur die Vermögensbewertungen, die eigentlich nicht viel aussagen über den Wohlstand und die Einkommen der Massen. Und die schnell einstürzen, wenn die Blase und die Fiktion platzt. Wie bei der DDR. Wo war der Wert unserer Volkswirtschaft unter dem nüchternen Blick der Wirklichkeit?

    4. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 10 Monaten · bearbeitet vor 10 Monaten

      @Achim Engelberg westliche Lohndrücker und Spekulanten sind mehrheitlich die Reichsten:
      Ergänzt werden kann, dass nicht nur Fabriken-Outsourcing für Zulieferungen zu diesem Ergebnis beigetragen hat, sondern auch Auslagerung von Kernfunktionen der westlichen Inlandsproduktion bspw. in Form von Leiharbeit und Werkverträgen.
      Globalisierung diente als nützliches Gespenst zur Rechtfertigung eines ansonsten unvermeidlichen Outsourcings kompletter Produktionen.
      Und auch zur Erleichterung von Spekulation hat die Globalisierung wesentlich beigetragen.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 10 Monaten

      @Lutz Müller Vor allem hat die Globalisierung zu Wohlstand in Asien beigetragen. Auch wenn der eurozentrische Blick das oft nicht sehen will. Noch sind die westlichen Arbeitnehmer die wohlhabendsten in dieser Welt. Andere hohlen auf - gut so. Aber man kann seinen Wohlstand auch verspielen …..

    6. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 10 Monaten

      @Lutz Müller Einverstanden mit einer Einschränkung: die Globalisierung ist nicht nur ein nützliches Gespenst.

      Die Verflechtung der Welt ist seit den europäischen Eroberungen und den ersten Weltumsegelungen im 16. Jahrhundert eine Tatsache. Diese verlief, wie es bei historischen Prozessen stets der Fall ist, nicht geradlinig, aber kontinuierlich.

      Bei den heutigen Mitteln und Gefahren ist ein Ende der Globalisierung unmöglich. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten der Verflechtung.

    7. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 10 Monaten

      @Achim Engelberg Meine Anmerkung bezog sich ausschließlich auf die "westlichen Lohndrücker und Spekulanten", die vor allem eigene Profitinteressen verfolgen. Das führt häufig zu wenig sinnvollen Globalisierungseffekten, zuweilen werden Qualität und Sicherheit beeinträchtigt, Ungleichheit verstärkt.

      Auch die Arbeitsmarktliberalisierung ist letztendlich ein Resultat der Globalisierung.

      Keinesfalls darf sie verteufelt werden. Seit der internationale Warenhandel aufkam, lebt die Welt vom Austausch, und heute spielt der Transfer der Ideen, der Dienstleistungshandel, zunehmend eine tragende Rolle. Und wie ich Thomas Wahls Antwort verstehe, unter dem Strich zum gemeinsamen Vorteil der Akteure.

      Die größte Herausforderung der Globalisierung wird die Bündelung der Anstrengungen zur Eindämmung des Klimawandels sein, da gibt es sicherlich noch vieles zu überdenken ...

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