Manche Alpinisten neigen dazu, Berge zu idealisieren. Ich stelle sie mir eher wie Katzen vor. Bevor sie dich zum ersten Mal gekratzt haben, findest du sie süß. Wenn sie dich kratzen, schaust du sie anders an. Mich haben die Berge schon oft gekratzt. Ich überhöhe sie nicht.

In einer längeren und auch schon länger zurückliegenden Phase meines Lebens war ich viel in den Bergen unterwegs. Dabei habe ich den einen und anderen Gipfel erreicht, viel gelernt und auch, wie ich immer wieder feststellen musste oder durfte, viel Glück gehabt. Einmal wollte mir ein Arzt in Argentinien mehrere erfrorene Finger abschneiden. Es ist dann anders gekommen. All die Schwierigkeiten, die ich mir eingebrockt hatte, resultierten letztlich aus unnötigem Leichtsinn oder schlichtweg meiner (damaligen) Dummheit. Als ich Vater wurde, habe ich damit aufgehört.

Doch Berge und Gipfel können sehr anziehend und faszinierend sein. Das Wesentliche daran lässt sich kaum benennen. Und wer darüber spricht oder schreibt, droht meist ins Pathos abzustürzen.

Gerade las ich ein Interview, das Marius Buhl für DIE ZEIT mit Carla Jaggi geführt hat. Carla Jaggi ist die jüngste Bergführerin der Schweiz. 2018 begleitete und beobachtete Buhl sie bei Ihrer Arbeit anlässlich einer Besteigung des Mönchs im Berner Oberland, woraus diese ebenfalls lesenswerte Reportage entstand. Buhl wurde dabei von Jaggis Freund Julian Zanker gesichert. Der wiederum verstarb bei einem Absturz im Februar dieses Jahres. Und vor allem darum geht es in dem lesenswerten Gespräch zwischen Buhl und Jaggi.