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Medien und Gesellschaft

#actout: Eine nötige Antwort auf einen katastrophalen FAZ-Kommentar

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
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Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzDonnerstag, 11.02.2021

185 lesbische, schwule, bisexuelle, queere, nicht-binäre und trans* Schauspielerïnnen haben sich im SZ-Magazin geoutet. Mit der Initiative #actout und einem gemeinsamen Manifest wollen sie eine Debatte anstoßen – denn auch im Jahr 2021 und auch in der angeblich ach so aufgeschlossenen Kultur- und Medienbranche haben es queere Menschen schwer.

"Unsere Gesellschaft bildet sich ein, enorm offen und tolerant zu sein", sagt Regisseur Dominik Graf der ZEIT. "Aber diese Schauspielerinnen und Schauspieler stellen der Branche ein wirklich katastrophales Zeugnis aus. Zu mir hat mal ein Fernsehredakteur gesagt, dass ein homosexueller Mann kein Held sein könne. Und das ist gar nicht so lange her."

Und was schreibt Sandra Kegel, verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung?

Bei einer Rolle übergangen zu werden mag ärgerlich sein und sicherlich auch kränkend, aber lebensgefährlich ist das nicht.

Dieser letzte Satz ihres Kommentars ist auch inhaltlich das Allerletzte. Johannes Kram entgegnet:

Ich schreibe den Satz für sie noch einmal auf, damit Sie sich besser daran gewöhnen können, dass er ab sofort aus ihrem Oeuvre nicht mehr wegzudenken ist. Wobei ich mir sicher bin, dass nachfolgende Generationen anzweifeln werden, dass dieser Satz von 2021 ist und nicht von 1951. Wer aufgrund von Diskriminierung eine Rolle nicht bekommt, sollte sich nicht darüber beschweren, weil ihn das nicht umbringen kann. Womit fangen wir an?

Aber dieser Satz ist nur eines von vielen hanebüchenen Argumenten. Unter anderem unterstellt Kegel "Kalkül im Ringen um Aufmerksamkeit bei Verkennung der Verhältnisse", weil die Aufmachung an den "Wir haben abgetrieben"-Titel des Sterns erinnere.

Was sollen schwule, lesbische, bisexuelle, queere, nicht-binäre und trans Menschen noch alles nicht dürfen, womit sich noch alles abfinden, nur weil es "nicht lebensgefährlich" ist? Das Schlimme ist: Ihre Argumentation erstickt jede Emanzipation und jede Antidiskriminierungspolitik im Keim.

Zumindest kann Kram dem Kommentar auch etwas Gutes abgewinnen:

Und trotzdem möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Schon lange hat ein Text in einer großen deutschen Tageszeitung nicht mehr so deutlich gemacht, warum es so schwer ist, die Diskriminierung von LGBTIQ in unserer Gesellschaft zu überwinden
#actout: Eine nötige Antwort auf einen katastrophalen FAZ-Kommentar

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Kommentare 13
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 3 Jahren · bearbeitet vor 3 Jahren

    hm. okay - das mit dem nicht lebensgefährlich soll sich also auf die AbtreibungStory des Stern beziehen. selbst in diesem fall: damals war Abtreibung lebensgefährlich? so kann man das nicht behaupten - es war quasi genauso gefährlich wie es sein kann/konnte in unserer Gesellschaft nicht-hetero zu sein.
    und wieso darf man sich nicht vergleichen nur weil man vielleicht nicht 100 % übereinstimmt?
    Das klingt schon nach whataboutism.

    zudem: wieso überhaupt so relativierend kommentieren? wieso nicht einfach das Outing akzeptieren? woher dieser Rechtfertigungsdrang plus Abwehr?

  2. Ria Hinken
    Ria Hinken · vor 3 Jahren

    Der Satz von Sandra Kegel erinnert mich an eine Aussage eines BG-Arztes. Er sagte einem 17-jährigen, dem man ein Bein amputiert hatte: „Was einen nicht umbringt, macht einen nur härter“.
    Bin froh, dass ich die F.A.S. vor einer Woche gekündigt habe. Lese eh lieber die SZ und immer wieder die taz.

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 3 Jahren

      nein...so ist es sehr offensichtlich nicht gemeint...ich habe mich da mindestens zeitweise bekehren lassen...der Kommentar ist scheisse, aber der Blogbeitrag auch zu empört und eskalativ.
      Siehe Kommentar unten von Kai.

    2. Ria Hinken
      Ria Hinken · vor 3 Jahren

      @Marcus von Jordan Mag sein, dass sie es anders gemeint hat. Der BG-Arzt vielleicht auch. Entscheidend ist jedoch, was von derartigen Aussagen übrig bleibt. Ich denke, dass man von Sandra Kegel erwarten darf, dass sie vor Veröffentlichung gründlich über die Wirkung nachdenkt.

  3. Kai Schächtele
    Kai Schächtele · vor 3 Jahren

    Ich muss ehrlicherweise sagen, dass mich dieser Vorgang etwas erschreckt, weil er illustriert, wie schnell inzwischen ganz große Aufregung entsteht, die bei näherem Hinsehen in sich zusammenfällt. Der Nollendorfblog tut so, als hätte der FAZ-Kommentar ausgesagt: "Ihr mögt zwar wegen eurer Sexualität diskriminiert werden, aber davon stirbt man schon nicht – get over it." Was er aber tatsächlich sagt, ist: "Ihr setzt euch gleich mit dem Schicksal von Frauen, die Anfang der siebziger Jahre abgetrieben und sich damit in Lebensgefahr gebracht haben – geht's noch?" Das ist ein grundlegender Unterschied. Man mag nicht mit der Autorin einer Meinung sein bei der Bewertung der Aktion, aber der letzte Satz im Kommentar bezieht sich eindeutig auf diese Stelle etwas früher: "Was dort befremdet, ist die Aufmachung, die nicht nur im Layout der vielen kleinen Porträts, sondern auch in der Wortwahl – „Wir sind schon da“ – auf den legendären „Stern“-Titel „Wir haben abgetrieben“ anspielt." Dass der Nollendorfblog eine andere gedankliche Grundlage suggeriert, zeigt, dass er den Kommentar entweder mut- bis böswillig missverstanden hat, um eine Welle auszulösen, oder tatsächlich nicht verstanden hat. Das Eine wie das Andere hat in meinen Augen keine piqd-Bühne verdient.

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor 3 Jahren

      Ich stimme dir zu, dass der Blogeintrag zugespitzt und emotional ist. Ich hätte das selbst anders geschrieben. Aber gleichzeitig will ihr mir nicht anmaßen, einem schwulen Mann zu sagen, dass er sich doch bitte nicht so haben soll, wenn er derart angegriffen wird.

      Denn an dieser Stelle sehe ich es anders als du: Ich halte den Kommentar für unterirdisch. Sie unterstellt der Kampagne Kalkül, weil sie die naheliegendste Optik wählt, die an einen 50 Jahre alten Stern-Titel erinnert – und dann folgt eben dieser Satz, über den sich Johannes Kram meines Erachtens völlig zu Recht aufregt.

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 3 Jahren

      ich finde wie Simon - der Blog ist an der Stelle ungenau und aufgeregt. Das ist schlecht, aber der Grund bzw die Gründe für diese Aufregung sind "echt" und in dem Blogbeitrag sehr gut dokumentiert. Es bleibt ein wirklich irritierender Kommentar, der mir die ganze Aktion in ihrer Notwendigkeit erst verdeutlicht hat.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Jahren

      Das sehe ich auch so. Man versteht den letzten Satz nicht, wenn man nicht den ganzen Artikel von Sandra Kegel gelesen hat. Aber man erzeugt Erregungswellen mit aus dem Kontext gerissenen Textteilen. Das sollte man nicht unterstützen.

    4. Maik-A. Schwarz
      Maik-A. Schwarz · vor 3 Jahren

      Nein, ich stimmte Kai Schächtele zu. Dass der Blog den tertium comperationis eines Textes nicht herauszuarbeiten weiß, lässt auf eine Hermeneutik des Verdachts schließen. Die Kritik Kellers ist das Kalkül sich mit den Stern-Frauen gleichzusetzen. Nur so ist der letzte Satz zu verstehen. Diese Kritik halte ich für berechtigt. Mit dieser Kritik könnte sich der Blog-artikel auseinandersetzen, tut er aber nicht, sondern reißt den Schlusssatz dekontextualisiert aus dem Zusammenhang, um Keller in ein transphobes Licht zu rücken. Das ist falsch und unjournalisitisch.

    5. Kai Schächtele
      Kai Schächtele · vor 3 Jahren

      @Maik-A. Schwarz Ich möchte hinzufügen: Eine solche unsachliche und, wie ich finde, unnötige Zuspitzung (die ihrerseits ja volle Absicht ist, mit Fotokachel, Zitat, ab ins Netz und dann die Uhr danach stellen, bis die Explosion hochgeht) schadet nach meinem Empfinden der Debatte, die der Blog führen möchte und die ich ebenfalls für nötig halte. Und es folgt einem Muster, das ich seit Jahren beobachte und mich inzwischen so bestürzt, dass ich im vergangenen Sommer meinen Twitter-Account weitgehend stillgelegt habe: Es werden Erregungswellen erzeugt, die alles mitreißen, was sich ihnen in den Weg stellt, und wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Ich frage mich schon länger, wie wir die großen Fragen der Transformation zwischen planetaren Grenzen und sozialen Bedürfnissen führen wollen, wenn wir uns ständig selbst die Fallen stellen, in die wir hineintappen. Aber man sagte mir gerade unter einem Facebook-Post, dass ich das als hetero Sozialisierter nicht nachvollziehen könne, und darüber muss ich jetzt erstmal nachdenken.

    6. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 3 Jahren

      @Kai Schächtele Ui...da wenn du mir dann auch weiterhelfen könntest, wenn du nachgedacht hast...

  4. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor 3 Jahren

    Ich würde mich freuen, wenn ich einen Hinweis auf eine fällige Reaktion v. Frau S. Kegel zu diesem Beitrag erhalten würde. Vielen Dank und mfG FK

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor 3 Jahren

      Ich bezweifle, dass die verantwortliche Redakteurin des FAZ-Feuilletons einem "Blogger" antworten wird. Was traurig ist und erneut zeigt, dass der intellektuelle Gehalt eines Textes und die Bekanntheit des Mediums, das ihn veröffentlicht, zwei vollkommen unabhängige Variablen sind.

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