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Tierexperiment zeigt: Dominante Führung verschlechtert Kommunikation in und Lösungsfindung von Teams

Ole Wintermann
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Ole WintermannSonntag, 19.07.2020

Setze Führungskräfte mit ihrem Team auf einer einsamen Insel aus und warte ab, ob die Führungskräfte auch in 3 Tagen noch führen, heißt es oft in Beraterkreisen, wenn die Kompetenz von Führungskräften zur Sprache kommt. Dieses Bonmot kann nun auch als wissenschaftlich abgesichert gelten. 

Wissenschaftler der Universitäten Konstanz und Austin/Texas haben mit Hilfe eines Tierexperiments herausgefunden, dass offensichtlicher Führungsanspruch des Alpha-Tieres (männlich), der durch Aggressionen gegenüber Artgenossen ausgedrückt wird, zwar zu einer “Leitungsfunktion” dieses Alphatieres führt, dem sich die anderen fügen. In dem Moment aber, in dem diese unmittelbare Einflussnahme nicht mehr existiert, weil das Alphatier nicht “vor Ort” ist, stellt sich eine sozialere und effizientere Form des Informationsaustauschs sowie eine bessere Lösungsfindungskompetenz des Teams ein. Oder wie die Autoren mit Blick auf klassische Hierarchien in Unternehmen auch schreiben: 

“(It) sheds light on the potential of domineering individuals to obstruct effective communication in organizations…. The same traits that make you powerful in one context can actively reduce your influence in others, especially contexts in which individuals are free to choose who to follow.”

Herausgefunden wurden diese Erkenntnisse durch das Studium des Sozialverhaltens einer speziellen Fischart. Dabei wurden die vielen Datenpunkte, die sich ergaben, mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz erst gesammelt und dann kontextualisiert. Die auch in Unternehmen, so die Autoren, angelegten Anreizstrukturen zum Aufbau eines dominanten Verhaltens sind für die Organisationen extrem kontraproduktiv. In einer immer komplexer werdenden Entscheidungsumgebung, in dem das Wissen des gesamten Teams gefragt ist, kann zwar (a)soziales Dominanzverhalten eine Entscheidungsfindung beschleunigen; wenn es aber um die Lösung komplexer Probleme geht, folgt die Gruppe in erster Linie nicht-dominanten Charakteren, die eben gerade nicht durch die Anreizsysteme in Unternehmen befördert werden. Die Gegenstrategie der so “entthronten” dominanten Charaktere ist die Zerstörung der Kommunikation innerhalb der Gruppe, ohne dass dadurch deren tatsächlicher Einfluss gestärkt würde:

"Our results illustrate that although domineering individuals most often ascend to positions of power, they can in fact create the least effective influence structures at the same time."
Tierexperiment zeigt: Dominante Führung verschlechtert Kommunikation in und Lösungsfindung von Teams

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Kommentare 11
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

    Wie haben eigentlich diese Fische als Art überlebt, wenn dieses Verhalten so toxisch ist? Evolutionär hat sich ja das Gesamtverhalten der Schwärme offensichtlich bewährt. Das jetzt durch dem Begriff "toxisch" mit menschlicher Kommunikation zu vergleichen und zu bewerten, halte ich für weit hergeholt. Da halte ich es doch lieber mit Kahnemann, mit dessen differenzierten Unterscheidung "langsames und schnelles Denken" auch die unterschiedlichen Funktionen von hierarchischer Führung und Team gut erklärbar sind.

    1. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als 3 Jahre

      Das eine widerspricht ja nicht dem anderen; das Überleben mit der Strategie der unterschiedlichen Kommunikations- und Selbstorganisationsmechanismen hat sich ja bewährt. Die Brücke zu schlagen zur Schnell/Langsam-Systematik von Kahneman (nur 1 "n"), hielte ich aber für gewagt, da deren Kennzeichen aus meiner Sicht nicht mit oben/unten einhergeht.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Ole Wintermann Ok, das mit der Brücke zu Kahneman ist wohl etwas zu sehr um die Ecke gedacht .... Mir ging es um die schnelle Reaktion in Gefahrensituationen im "menschlichen Schwarm" einerseits. Andererseits um Rationales Denken in Teams und Hierarchien. Aber auch da ist natürlich dominantes Verhalten schädlich, besonders wenn unvernünftig .....

  2. Marco Jahn
    Marco Jahn · vor mehr als 3 Jahre

    Dazu bedarf es keines Tierexperiments, das gleiche Verhalten kann man in gefühlt jeder 2.Firma vorfinden:
    a) wenn der Chef ein patriarchalischer Typ ist, sind alle Vorschläge anderer Mitarbeiter der Firma hinfällig,weil schlußendlich doch meist das gemacht wird, was der Chef will. Die Folge: die Mitarbeiter hören schlußendlich irgendwann auf, sich noch irgendwelche Lösungsstrategien für Probleme auszudenken, wenn sie sowieso kategorisch verworfen werden.
    b) wenn der Chef nicht da ist, läuft der Laden besser als in seiner Anwesenheit.

    1. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als 3 Jahre

      Danke für die Rückmeldung. Ja, beim Lesen beschleicht einen das Gefühl, sich bestätigt zu sehen. Was aber ja spannend ist, dass die Kommunikation per se empirisch nachgewiesen zerstört wird.

    2. Saskia Dörr
      Saskia Dörr · vor mehr als 3 Jahre

      Wie bereits geschrieben ist aus der von @olewintermann gepiqten Studie nicht ohne weiteres auf menschliches Verhalten zu schließen. Da sollte auf soziologische Forschungen zurück gegriffen werden.

  3. Saskia Dörr
    Saskia Dörr · vor mehr als 3 Jahre

    “Bei Cichliden scheint der soziale Wert eines dominanten führenden Individuums vom situativen Kontext abhängig zu sein.” Das ist die Erkenntnis der Studie. Als Biologin kann ich nur davor warnen, Erkenntnisse über Verhalten anderer Spezies auf eine andere - hier Homo sapiens sapiens - zu übertragen. Die biologischen Grundlagen und sozialen Kontexte sind dabei genau zu berücksichtigen. In der Originalpublikation (siehe unten) wird dieser Kontext zwar hergestellt, um die Bedeutung der Studie aufzuwerten, aber keine direkten Bezüge dargestellt. Ich denke auch, dass uns die Soziologie bereits Studien zu Führung in Organisationen und ihren kontextualen Wert zur Verfügung stellt, die wir auch in Unternehmen nutzen können.

    https://www.pnas.org/c...

    1. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als 3 Jahre

      Hallo Saskia, dank dir für die Einschätzung. Ich war erst auch recht skeptisch, ob die Erkenntnisse von Fischen auf Menschen übertragen werden können, zumal ja noch eine KI "dazwischengeschaltet" wurde. Aufgrund der Ähnlichkeit der geschilderten Ergebnisse des Experiments mit ja durchaus bekannten Problemen in Unternehmen bei der Einführung von Instrumenten und Kulturen von New Work halte ich aber zumindest die Übertragbarkeit für sinnvoll. Davon abgesehen gilt natürlich immer, dass Tierexperimente nur eingeschränkt übertragen werden können.

    2. Saskia Dörr
      Saskia Dörr · vor mehr als 3 Jahre

      @Ole Wintermann Hallo Ole, als Anregung für soziologische Studien ja, mehr nicht. Wie müssen uns klar darüber sein, dass der “Biologismus”, also die Übertragung vermeintlicher “Naturgesetze” auf den Menschen Grundlage für den Rassismus der Nazis war. In der aktuellen gesellschaftlichen Debatte und dem Aufflammen rassistischer Strömungen bin ich daher umso sensibler.

    3. Ole Wintermann
      Ole Wintermann · vor mehr als 3 Jahre

      @Saskia Dörr Hallo Saskia, ja, auf jeden Fall sollte man im Einzelfall immer abwägen, ob eine Gleichsetzung oder Übertragung angebracht wäre. Ich habe jedoch in der Demografieforschung zu Beginn der 2000er erlebt, dass die Nazi-Vergangenheit dieses Faches und das daraus erfolgte Nicht-Befassen in D nach 1945 mit der Demografie dazu geführt hat, dass das Fach bis zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich Grundlage politischer Planungen gewesen ist - mit all den Folgen, wenn Politik wissenschaftsfern agiert.

    4. Saskia Dörr
      Saskia Dörr · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Ole Wintermann Hallo Ole, sehe den Kommentar gerade erst. Ich habe gesagt, dass ich Analogien aus der Natur kritisch bis fragwürdig finde, da Ihnen der wissenschaftliche Hintergrund fehlt. Ich habe gesagt, dass diese Nichtwissenschaftlichkeit eine Grundlage z.B. für die Nazis war. Dein Bezug einer Nichtbefassung der Politik mit Nazi-Themen nach 1945 und daraus resultierende Wissenschaftsferne ist neu und bezieht sich nicht auf den bis dahin diskutierten Kontext. Dazu habe ich keinerlei Aussage getroffen. Ich bin Naturwissenschaftlerin und bin ein „Fan“ der wissenschaftlichen Methodik sowie wissenschaftlich begründeter Erkenntnis und Entscheidungen. Gerade deshalb ist es wichtig, Erkenntnisse in ihrem Kontext zu betrachten und nicht mehr daraus zu machen. In diesem Fall eine verhaltensbiologische mögliche Analogie.

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