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Recht auf Muße statt alte Umverteilungsdebatten

Anja C. Wagner
Bildungsquerulantin
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Anja C. WagnerSamstag, 03.09.2022

Claus Leggewie meldet sich mit einem tagespolitischen Einwurf zur Zukunft der Arbeit zu Wort, wie man es sich nur wünschen kann. Nüchtern blickt er aus Sicht der soziologischen Wissenschaft auf die aktuellen Debatten, die in Deutschland eine 42-Stunden-Woche fordern; derweil andere Länder und fortschrittliche Unternehmen längst die 3-4-Tages-Arbeitswoche einüben, was deutlich zeitgemäßer erscheint. 

Schon länger ist empirisch plausibel, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit, etwa in Gestalt einer regulären Vier-Tage-Arbeitswoche, eine erhebliche Verringerung des ökologischen Fußabdrucks mit sich bringt. Diese arbeitspolitische Maßnahme, die sich unter der Hand in vielen reichen Ländern schon als gängige Praxis eingeschlichen hat, stellt einen weit größeren Hebel der Transformation zur Nachhaltigkeit, einen weit größeren Beitrag zum Klimaschutz dar als viele kleinteilige Verhaltensänderungen beim Konsum und im Alltagsleben (ohne dass man auf diese verzichten sollte.) Das liegt vor allem daran, dass eine flächendeckende Verkürzung der Wochen- und Monats-Arbeitszeit deutlich zur überfälligen Verkehrswende beitrüge, indem sie die Pendler-Mobilität der Fahrten zum und vom Arbeitsplatz einschränkt.

Dieser umweltpolitische "Gewinn" schlägt allerdings nur durch, wenn man sich nicht dem vorherrschenden Diktat der mobilen Freizeitaktivitäten unterwirft. Und stattdessen Genugtuung in vielfältigen, abwechslungsreichen Tätigkeitsfeldern sucht, die "bedingungslos" ausgeübt werden können. Dazu bräuchte es einer Freiheit, die sich weder "auf der Arbeit", noch "in der Freizeit" an Wettbewerb und Auslese orientiert, sondern ein gesellschaftlich anerkanntes Sein im Hier und Jetzt ermögliche. 

Insofern müsste Einkommen und Arbeit entkoppelt und ein Recht auf Muße perspektivisch in die Verfassung aufgenommen werden. Das bedingungslose Grundeinkommen erfährt in diesem Kontext eine emanzipatorische Kraft und ermöglicht eine Utopie, die radikalökologisch geboten ist angesichts der Krisen unserer Zeit. Wobei die Krisen auch eine Transition hin zu einem neuen sozialpolitischen Narrativ ermöglichen. Was aber manche alten Fundamentalist*innen erst verstehen lernen müssen ...

Recht auf Muße statt alte Umverteilungsdebatten

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Kommentare 10
  1. Michael Praschma
    Michael Praschma · vor mehr als ein Jahr

    Ich bitte um Nachhilfe, ohne die verlinkten 17 Seiten engbedruckten Text lesen zu müssen: Warum soll der ökologische Fußabdruck bei den Wegen zum und vom Berufsort kleiner werden, wenn die Arbeit auf mehr Leute (mit weniger Arbeitszeit) verteilt wird? Wenn verschiedene Leute (statt einer Person) die ganzen Arbeitstage z. B. einer Woche übernehmen, sind die erforderlichen Fahrtstrecken bestenfalls gleich; wenn zwei Leute sich als Halbtagskräfte eine Stelle teilen, verdoppeln sich die Wege. Woher bitte kommt die angebliche Einsparung?

    1. Anja C. Wagner
      Anja C. Wagner · vor mehr als ein Jahr

      Es hat sich bei vielen Wissensarbeiter*innen gezeigt, dass sich die Arbeitsleistung auch in 4 Tagen erledigen lässt, wenn die Motivation stimmt, also z.B. der Arbeitslohn einer 5-Tage-Arbeitswoche entspricht. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, aber an weniger Arbeitstagen sozusagen. Damit entfallen dann Anfahrtswege. Dies funktioniert allerdings nicht in allen Branchen. In Schweden musste ein entsprechendes Pilotprojekt wieder einkassiert werden, da im Gesundheitssektor durchgängig Personal anwesend sein muss.

  2. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

    völlig richtig. Auch arbeitspolitisch macht das Sinn: viele Menschen die zb gerade quiet kündigen oder groß Resignation betreiben, auch die völlig überarbeiteten Pfleger Ärzte etc. würden durch kürzere und dennoch ausreichend vergütete Arbeit wieder motiviert bzw. gehalten werden können...

    "ein Recht auf Muße perspektivisch in die Verfassung" - gute Idee!

    1. Der Mensch hat das Recht auf auskömmliche und sinnvolle Arbeit.

    2. Der Mensch hat das Recht auf Muße und seelische Erhebung.
    (Art. 139 WRV)

    :-)

    1. Anja C. Wagner
      Anja C. Wagner · vor mehr als ein Jahr

      Vielen Dank für den Hinweis. Wenngleich Punkt 2 wohl eher der Reproduktion dient, um die Arbeitsproduktivität zu erhalten ...

    2. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor mehr als ein Jahr

      @Anja C. Wagner so wurde es traditionell interpretiert - der Wortlaut Seelische Erhebung allerdings klingt doch ...anders :-).

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      Ja, die völlig überarbeiteten Pfleger und Ärzte können ihre Arbeit sicher auch in 4 Tagen erledigen. Oder die knappen Handwerker werden in 4 Tagen sicher den wachsenden Bedarf ohne Probleme decken. Und die für die Energiewende fehlenden vielen EE-Technologien bauen sich in kurzer Zeit quasi von alleine auf.

      Ich glaube nicht, dass dies wirklich ein Weg ist unsere Zukunftsprobleme zu lösen. Für einige "Wissensarbeiter" mag das ja noch gehen. Rechte auf dem Papier zu vergeben helfen aber in einer alternden und stagnierenden Gesellschaft nicht. Irgendwer muß auch wirklich produzieren.

    4. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl ? es können / müssen dann natprlich mehr Pfleger und Ärzte eingestellt werden. ..

      und bei vernünftiger Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen klappt das vielleicht auch!
      und ob sie jetzt bei 6 bis 7 Tagen die Woche ihre Arbeit "erledigen", ist ja gerade das Problem.

      Und natürlich fehlen uns Facharbeiter - aber das tun sie jetzt ja im so tollen idealen Jetztzustand ja auch.

      unabhängig davon zeigen viele Studien dass Menschen tatsächlich in kürzerer Zeit bei besseren Bedingungen produktiver sein können.

      Und Rechte auf dem Papier: nun so beginnen Rechte oft...

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

      @Cornelia Gliem Es müssen eingestellt werden ist gut - woher sollen die kommen? Wir haben einen eklatanten Mangel an Arbeitskräften, der sich in naher Zukunft verschärfen wird. Und nein, Rechte beginnen nicht auf dem Papier, sondern wenn die Ressourcen quali- sowie quantitativ vorhanden sind sie zu realisieren. Es muß natürlich auch der Wille da sein, sie durchzusetzen und die Fähigkeit sie wahrzunehmen.

    6. Anja C. Wagner
      Anja C. Wagner · vor mehr als ein Jahr

      @Thomas Wahl Klar können wir Lösungen auch zukünftig immer nur im Vorgestern suchen. Warum nicht die 100-Stunden-Woche wieder einführen? Statt über effizientere Wege nachzudenken und Arbeit "an sich" (also auch jenseits der Erwerbsarbeit) und mit den vorhandenen "smarten" Maschinen anders und effizienter zu organisieren - und nebenbei finanziell gerecht zu kompensieren.

      Dass es auch anders geht, zeigen zukunftsorientierte Unternehmer*innen, zum Beispiel hier: https://www.swr.de/swr...

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Anja C. Wagner Wenn dann alle nur 4 Tage Wochen anbieten suchen wieder alle nach Lehrlingen. Ist also keine Lösung. Smarte Maschinen gut und schön - kosten auch Geld, müssen gewartet und programmiert werden. Andererseits sinkt ja die Arbeitszeit schon seit langem. Die Probleme werden dadurch nicht weniger. Es steigen die Ansprüche an Pflege, Gesundheit und Qualität der Waren. Unsere Infrastrukturen werden komplexer, müssen instand gehalten und modernisiert werden. Und sind ziemlich verlottert. Forschung und Entwicklung nimmt auch immer mehr Kapazitäten in Anspruch. Also ja, vier Tage die Woche klingen gut. Aber es ist sicher keine Patentlösung für alternde Gesellschaften, in denen die Produktivität nur noch langsam steigt. Dafür aber Energiepreise um so mehr.

      https://www.piqd.de/vo...
      https://www.piqd.de/vo...

      Auch das ist bedenkenswert:
      "The second reason the “rise of the robots” thesis is dubious is that if we were really automating a bunch of jobs, we’d expect to see productivity boom, as it did when agriculture was mechanized a century ago. But total factor productivity growth, while it has recovered somewhat from the doldrums of the early 2010s, is not yet back up to where it was in the late 90s and early 00s:"
      https://noahpinion.sub...

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