Eigentlich werden in Tageszeitungen wissenschaftliche Editionen, die 219 € kosten, nicht besprochen. Nun verkündet die WELT, dass durch "Karl Marx – Friedrich Engels. Deutsche Ideologie. Manuskripte und Drucke" fest steht, dass es Marx' "wichtigstes" Buch gar nicht gegeben hat. Bei Superlativen sollte man vorsichtig sein, bemerkte schon Bismarck – der Antipode von Marx. Am Ende wird die Absicht des Artikels deutlich:

Leider kommt der "MEGA"-Band zur "deutschen Ideologie" zu spät, um noch für das gerade begonnene Marx-Gedenkjahr nützlich zu sein.

Aber die Hauptbotschaft ..., dass es nämlich eine geschlossene Philosophie von Marx und Engels nie gegeben hat und das vermeintliche Hauptwerk "Die deutsche Ideologie" ein reines Konstrukt geschichtsklitternder Marxisten war, könnte zum Stachel werden. Der dringend nötig ist, um den richtigen Ort von Marx und Engels zu bestimmen: bieten für Gegenwart und Zukunft keinerlei Lösungen mehr an.

Das Konvulut ist weder das wichtigste Werk, noch spielte es bei der Herausbildung des Marxismus eine Rolle. Engels begründete 1888, warum er das alte gemeinsame Manuskript von 1845/46 nicht publizieren möchte:

Der fertige Teil besteht in einer Darlegung der materialistischen Geschichtsauffassung, die nur beweist, wie unvollständig unsere damaligen Kenntnisse der ökonomischen Geschichte noch waren. ... Dagegen habe ich in einem alten Heft von Marx die im Anhang abgedruckten elf Thesen über Feuerbach gefunden. Es sind Notizen für spätere Ausarbeitung, rasch hingeschrieben, absolut nicht für den Druck bestimmt, aber unschätzbar als das erste Dokument, worin der geniale Keim der neuen Weltanschauung niedergelegt ist.

Und diese waren z. B. für viele 68er ein Erweckungserlebnis. Wer mehr lesen will und DAS KAPITAL scheut, der nehme "Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte", ein noch aktuelles Meisterwerk der Geschichtsschreibung.

Geschichtsklitterung allerdings betreibt das als Beispiel ausgewählte Stück.