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Zeit und Geschichte

"Seine Krankheit hieß Deutschland." – Paul Celan zum 100.

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMontag, 23.11.2020

Paul Celan, der nun 100 Jahre alt geworden wäre, der aber mit 49 Jahren sich das Leben nahm, ist ein Klassiker, der umwölkt ist von Phrasen und Sonntagsreden.

In einem berührenden und aufrüttelnden Text bringt Daniel Graf uns Paul Celan aus Czernowitz, der in Paris starb, nah. Mit Hilfe vieler Querverweise ist es eine großartige Einführung, die es ermöglicht, auf diesen literarischen Gipfel hinter all den Klischeewolken zu blicken.

Sein Thema war die Shoah. Er schrieb sehr konkret davon. Freunde, seine Eltern wurden ermordet. Nein, kein Passiv: Deutsche Täter demütigten und ermordeten sie.

Nach einem anekdotischen Einstieg stellt Daniel Graf Neuerscheinungen zum doppelten Gedenkjahr (Todes- und Geburtsjahr) vor: Erinnerungen, eine Briefedition, ja sogar die "Biographie eines Gedichts" in Buchform. Hervorgehoben wird diese Studie zu Paul Celans Verhältnis zu Deutschland.

Viele Facetten hatte diese reich entwickelte, tragisch-gebrochene Persönlichkeit, die schwer auf einen Nenner zu bringen ist. Da sind:

Der jugendliche Exzentriker, der Humor und Ironie und absurden Wortwitz liebte.

Der angeblich vergeistigte Dichter, der beim Tischtennis Dürrenmatt und dessen Familie «in Grund und Boden» spielte (O-Ton Dürrenmatt), bevor man zu Hammel­keule und reichlich Mirabellen­schnaps überging.

Der homme à femmes, der sich seine Libertinage auch während der scheinbar bürgerlichen Ehe mit der Künstlerin Gisèle Lestrange bewahrte – wovon auch die Briefwechsel mit mehreren Geliebten zeugen. (Die berühmteste von ihnen, Ingeborg Bachmann, war ihrerseits Teil von komplexen Beziehungsgeflechten.)

Der politisch hellwache Beobachter, der in Momenten der Hoch­stimmung aus voller Kehle und in verschiedenen Sprachen die sozialistischen Lieder seiner Jugend sang. Aber auch ein feines Ohr für jede Ideologisierung hatte und beim Anblick von Studierenden mit Mao-Bibeln Ende der Sechziger trocken kommentierte: «Turnen statt Denken».

Der Freund, der mit Bekannten aus Czernowitzer Tagen ausgelassen sein konnte und zur Literatur­wissenschaftlerin Gisela Dischner gesagt haben soll: «Die Leute erschrecken immer, wenn ich lache. Ich bin doch schliesslich der tragische Dichter.»

Der jüdische Autor, der die Kontinuitäten des Antisemitismus im Nachkriegs­deutschland überaus genau registrierte – und dennoch zwischenzeitlich die Nähe zu Ernst Jünger suchte, vom Denken Martin Heideggers fasziniert war...

Nach Schlaglichtern auf seine Biographie steht verständlicherweise sein Werk im Zentrum. Über einen Link kann man hören, wie Paul Celan sein berühmtes Gedicht DIE TODESFUGE vorträgt.

Schon im rumänischen Erstdruck in der Zeitschrift «Contemporanul» erschien das Gedicht mit dem expliziten Hinweis:

Das Gedicht, dessen Übersetzung wir veröffentlichen, geht auf Tatsachen zurück. In Lublin und anderen «Todeslagern» der Nazis wurde ein Teil der Verurteilten gezwungen aufzuspielen, während ein anderer Gräber schaufelte.

«Alle Bildelemente in der ‹Todesfuge› haben eine präzise historische Entsprechung», schreibt Thomas Sparr.

Aber so genau wollte man das im Nachkriegs­deutschland lieber nicht wissen.

So lebte er zwischen Verrissen und einer Eingemeindung, die ihn, wie er einmal bitter bemerkte, "lesebuchreif gedroschen" hat.

Im Jahre 1960 erhielt Paul Celan für seine geschichtsgesättigte Dichtung den Georg-Büchner-Preis. Seine Dankesrede gehört bis heute zu einem Höhepunkt. Hier ist sie zu lesen.

Ach, Suhrkamp legt eine neue kommentierte Gesamtausgabe vor.

"Seine Krankheit hieß Deutschland." – Paul Celan zum 100.

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