Dieser Fund schien auf das Schlimmste hinzudeuten: Kannibalismus oder barbarische Gewalt gegen Eindringlinge. Archäologen haben in Whar­ram Per­cy in North York­shire ein Mas­sen­grab aus dem Mittelalter entdeckt. Daran fanden sie ver­stüm­mel­te und teil­wei­se ver­brann­te Lei­chen. Was verraten die 137 Kno­chen­frag­men­te, die von min­des­tens zehn ver­schie­de­nen Frau­en, Män­nern und Kindern stammen, den For­schern? Ihre Überreste lagen au­ßer­halb des Fried­hofs, vie­le der Kno­chen weisen Mes­ser­spu­ren auf­, an­de­re wu­rden ab­sicht­lich zer­bro­chen. An 17 Schä­del­fragmenten fanden sich Spu­ren von Feu­er.

Warum die Toten zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert in England derart geschändet wurden, ist noch nicht eindeutig geklärt. Die ersten Hypothesen der Forscher erwiesen sich als falsch: We­der ein be­waff­ne­ter Kon­flikt als Ursache für einen Gewaltexzess noch Kan­ni­ba­lis­mus bei ei­ner Hun­gers­not kommen in Frage. 

Denn ei­ne Iso­to­pen­ana­ly­se der Kno­chen zeigt, dass die entstellten To­ten vermutlich in dem Dorf auf­ge­wach­sen wa­ren, in dem ihre Leichen gefunden worden waren: Sie waren also keine Fremden oder auswärtige Eindringlinge, gegen die in den Krieg gezogen worden war. Und dass die Menschen zu Opfern von Kannibalen geworden waren, erwies sich ebenfalls als falsche These. Die Forscher wussten, wenn Leichen zum Verzehr zerteilt werden, dann finden sich Schnittmarken an Gelenken und Muskelansatzstellen. Das war bei den Opfern von Wharram Percy nicht der Fall.

Nun vermuten die Wissenschaftler von der University of Southampton, so berichtet es das Magazin Damals, dass die Leichen erst posthum so malträtiert wurden, um zu verhindern, dass sie als Wiedergänger aus der Welt der Toten in die der Lebenden zurückkehren konnten. Wandelnde Untote waren ein im Mittelalter verbreiteter Aberglaube. Zur Abwehr dieser "Zombies" wurden die Leichen so zugerichtet, dass ihre Auferstehung unmöglich sein sollte. Und das Jahrhunderte vor "The Walking Dead".