Eines Abends im Jahr 1899 kehrten sie nicht von der Feldarbeit nach Hause zurück. Harriet Muse wartete vergeblich auf ihre beiden Söhne George und Willie, etwa neun und sechs Jahre alt. Sie ist schwarz, arm, Analphabetin und die Familie ist auf die Mitarbeit der beiden Jungen auf den Tabakplantagen angewiesen. Es sind zwei besondere Kinder, sie kamen mit einer Pigmentstörung zur Welt. Albinismus heißt das Fachwort: Sie haben afroamerikanische Gesichtszüge, aber hellex Haut und Haare. Wie bei fast allen Menschen mit Albinismus ist ihre Sehkraft und das räumliche Sehen eingeschränkt. Sie werden erblinden.

Ein Mann namens Candy Shelton soll die Brüder mit Süßigkeiten zu seinem Planwagen gelockt haben und war mit ihnen davongefahren. Er sucht Talente für den Zirkus und die beiden Jungs mit der Pigmentstörung plant er für Freakshows ein. Ob er der Mutter die Kinder quasi abgekauft hat, ist umstritten.

"Zwei Albino-Brüder waren schon eine Sensation", schreibt Jasmin Lörchner für Spiegel Online. "Selbst die ärmsten Farmarbeiter kratzten ihr letztes Geld zusammen für den seltenen Anblick, über den tagelang jeder sprach." Die Muse-Brüder wurden als Wilde präsentiert, in Eko und Iko umbenannt, als Bindeglied zwischen Mensch und Affe vorgestellt. 

Erst 1927 sehen George und Willie Muse ihre Mutter wieder. Jahrelang sucht sie nach ihren Jungen. Von den Behörden erhält sie keine Hilfe, der lokale Polizeichef ist beim Ku-Klux-Klan. Doch dann kommt ein Zirkus nach Roanoke in Virginia. "The Greatest Show on Earth" verspricht der Direktor und präsentiert dem Publikum Eko und Iko, die "Botschafter vom Mars", die mit ihrem Raumschiff in der Mojave-Wüste gestrandet seien. Harriet Muse fährt eine Stunde lang nach Roanoke, geht in die Vorstellung und prangert die Entführung und die Ausbeutung ihrer Söhne an. Sie erreicht, dass ihnen nachträglich ein Gehalt gezahlt wird und nimmt sie mit.

George und Wille kehren später zum Zirkus zurück – freiwillig und für guten Lohn.