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Zeit und Geschichte

Hat die Treuhand den Osten zerstört?

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerSamstag, 24.08.2019

30 Jahre nach dem Fall der Mauer fordern Linke und AfD einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Treuhand. Der Grund liegt auf der Hand: Im Osten stehen Wahlen an und die beiden Parteien wollen ihren jeweiligen Wählern versichern, dass sie all diejenigen vertreten, die sich als Bürger zweiter Klasse fühlen. Dabei dürfte vor allem die jahrelange Agitation der Linken zu diesem Gefühl beigetragen haben. Wenig überraschend will sich die Partei denn auch nicht mit dem Zustand des Ostens und dem (äußerst geringen) Restwert der industriellen Betriebe zur Zeit der Wende befassen. Vor einigen Monaten ist nun auch die AfD mit ihrem faktenresistenten Lautsprecher Björn Höcke den Kritikern beigesprungen. Mittlerweile verbreitet auch noch Petra Köpping, die sich für den SPD-Parteivorsitz bewirbt, falsche Fakten und will diese auch auf Nachfrage nicht zurücknehmen, was extrem peinlich ist. In diesem dichten Hintergrundbericht zeigt Sabine Adler, welche großen Legenden gepflegt werden und die Stimmung im Osten vergiften. Statt eines Untersuchungsausschusses, denke ich, sollte man lieber eine Historikerkomission beauftragen.

Hat die Treuhand den Osten zerstört?

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Kommentare 44
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

    Ist vielleicht auch noch interessant: https://www.bpb.de/sys...

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

      Ah, interessant, danke für den Tipp!

  2. Kerstin A.
    Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

    Treuhand? Staatlich organisierte Kriminalität zum Wohle der westdeutschen Raubritterfeldzüge durch den Osten. Mit dem Ziel der 100%igen Kolonialisierung des Osten. Bei dem Thema hätte es der Ermittlungen im Bereich der Wirtschaftskriminalität gebraucht. Die Straftaten im Namen der Treuhand und die damit verbundenen Subventionsbetrügereien im Mega-großem Stil (Stichwort - Werften zb) dürften allerdings inzwischen verjährt sein.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      Ihre Version ist eine der Legenden ..... Wirtschaftskriminalität hat es sicher gegeben, wie immer wenn es um große Umbrüche geht oder in normalen Zeiten nur ums Geld.

    2. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl Legenden? Ja neee ... is klar ... wie wäre es denn einfach mal mit eigenverantwortlicher Informationsgewinnung? Stichwort - Vulkan-Affäre ... mit 850 Millionen DM an Subventionen für Werften in Ostdeutschland, die in westdeutsche Werften gesteckt wurden, die Spitze der Wirtschaftkriminalität mit Beteiligung der Treuhand, die bis heute noch nicht einmal ansatzweise aufgearbeitet wurde ....

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Ja, nun sind sie alle Pleite .....

    4. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl "Ja, nun sind sie alle Pleite ..... " ... Kapitalismus vom Feinsten. Wirtschaftskriminalität und gleichzeitig das Verschleuderung von Steuergeldern im Millionenhöhe zum Wohle des Profits.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. „Kapitalismus“ ist nicht vor Fehlern und Mißbrauch gefeit. Die Frage ist, ob diese Beispiele für das Ganze stehen oder für den partiellen Mißbrauch.

    6. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Nur mal so interessehalber: Haben Sie eigentlich den oben verlinkten Radiobeitrag gehört?

    7. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Ja. Allerdings ändert dieser Radiobeitrag nicht meine Meinung zum Thema Treuhand, deren "Wirken" in Ostdeutschland und der Umgang mit diesem Thema drei Jahrzehnte später. Denn ich war nämlich live und in Farbe als Ostdeutsche dabei.

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Dabei war ich auch. Nur ist dies kein Beweis für die Richtigkeit unserer Ansichten. Man erlebt es immer wieder, dass verschiedene Teilnehmer einer Veranstaltung hinterher völlig konträre Eindrücke schildern.

    9. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl Oder all die Immobilien, die für 1 DM von der Treuhand an Wessis verschleudert wurden, während ostdeutsche Kommunen Unsummen für ihren Besitz an die Treuhand zahlen sollten. Vor allen dann, wenn Kommunen und Gemeinden verhindern wollten, dass kommunales Eigentum bzw. Gemeindeeigentum als 1-DM-Geschenke an die Strohmänner von NPD und braunen Vereinigungen auf dem Treuhand-Silbertablett überreicht werden, um den Aufbau von rechtsextremen Strukturen im Osten tatkräftig zu fördern.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Aha, die Treuhand hat die NPD finanziert?

    11. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl "Aha, die Treuhand hat die NPD finanziert?" das habe ich nicht geschrieben. Nachlesbar. Ist das jetzt so ein Beispiel für Ihren Diskussionsstil?

    12. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Sie schrieben: „Vor allen dann, wenn Kommunen und Gemeinden verhindern wollten, dass kommunales Eigentum bzw. Gemeindeeigentum als 1-DM-Geschenke an die Strohmänner von NPD und braunen Vereinigungen auf dem Treuhand-Silbertablett überreicht werden, um den Aufbau von rechtsextremen Strukturen im Osten tatkräftig zu fördern.“ Daraus entnehme ich, Sie meinen, die Treuhand hat den Aufbau von rechtsextremen Strukturen im Osten tatkräftig wirtschaftlich gefördert. Oder was war damit gemeint?

  3. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor mehr als 4 Jahre

    Schon der letzte Satz vom Klischee des Kapitalismus Ze ist mir , daß die angebliche Wahrheit zu dem Thema garnicht dargestellt werden soll. Ich empfehle zu dem Thema Klaus Blessing "Wer verkaufte die DDR" , bezeichnend ist wieder einmal die abwertende Haltung gegenüber den Linke, was mich bei der Quelle dieses Pamphlets nicht verwundert.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      Welchen letzten Satz meinen Sie?

    2. Nutzer gelöscht
      Nutzer gelöscht · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer In dem Beitrag wird man auf die Seite des Deutschlandfubks verlinkt . Wenn man sich den dort befindlichen Beitrag bis zum Ende durchliest findet man am Ende diesen Satz , Selbstverständlich in den Raum gestellt ohne auszuführen welche Klischees gemeint sind , vermutlich um , wie üblich , eines besseren belehrt zu werden , also eine Behauptung wie es bei den investigativen Journalisten mittlerweile üblich ist .

    3. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      (in Antwort auf gelöschten Kommentar) Ich verstehe den Satz als eine Zusammenfassung aller vorherigen Aussagen, etwa dass fast nur an Westdeutsche verkauft worden sei.

  4. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 4 Jahre

    Ich kann dieses Interview von Deutschlandfunk Kultur mit dem Historiker Marcus Böick sehr empfehlen: https://www.deutschlan...
    Er hat unlängst ein Buch über seine umfangreiche Untersuchung der Treuhand veröffentlicht, dass es mittlerweile auch bei der BPB zu kaufen gibt: http://www.bpb.de/shop...

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      Ich wollte das Interview auch erst piqen, weil kurzweilig und erhellend, aber an entscheidenden Stellen, wo dezidiert nach seiner Meinung gefragt wurde, wich er dann doch leider ins Deskriptive aus.

    2. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Du hast recht, in dieser Hinsicht war das Gespräch leider etwas unbefriedigend. Aus informationeller Sicht aber Top. Auch, dass er deutlich gemacht hat, dass es nicht nur in den neuen Bundesländern strukturschwache Regionen gibt, was sicher den meisten klar ist, aber in medialen Debatten oft vergessen wird.

      Ebenso wie der Umstand, dass nicht alle westdeutschen bspw. in Leipzig oder Berlin sehr viele Wohnungen kaufen und besitzen, sondern nur ein sehr kleiner, reicher Teil der Bevölkerung. Das war eine interessante Anmerkung aus dem Publikum bei der Diskussion über die Unterschiede zwischen Ost und West beim piqd Salon am letzten Donnerstag.

    3. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

      @Maximilian Rosch Ich kenne übrigens auch ein paar Westdeutsche, die nach der Wende im Osten zu teure Wohnungen gekauft und dabei viel Geld verloren haben. Darüber wird aber nicht allzu viel geredet, weil es den Leuten natürlich peinlich ist.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Ich kenne da auch ein paar. Und ich kenne Ossis, die die Immobilien ihrer Eltern zurückbekommen haben. Die wiederum ziemlich ruiniert waren. Auch darüber spricht man kaum.

    5. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer .... und ich kenne viele Ostdeutsche, die von Westdeutschen aus den Wohnungen und Häusern vertrieben wurden, weil nach diesem "Einigungsvertrag" galt - Rückgabe vor Entschädigung. Darüber redet auch niemand auf der politischen und gesellschaftlichen Ebene. Im Übrigen läuft derzeit die zweite West-Welle im Osten. Jetzt wird der Rest vom Westen aufgekauft. Denn nach 30 Jahren "deutscher Einheit" ist sind die Menschen im Osten mehrheitlich nicht finanziell in der Lage, Wohneigentum oder Land zu kaufen. Dafür hat die Politik erfolgreich gesorgt mit den West- und Osttarifen, dem Ausbeutungsparadies Ostdeutschland (Stichworte - Niedriglohn, oft genug noch nicht einmal der gesetzliche Mindestlohn, Zeitarbeit, Praktikums-Wahnsinn ....)

    6. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Ja, auch solche Fälle gibt es, aber darüber wird seit Langem durchaus gesprochen, auch dank der Linken (wobei Rückgabe eben auch heißt, dass es sich um von der DDR enteignete, oft abbruchreife Immobilien handelt). Wo steht denn was zur zweiten Welle? Übrigens besitzt auch im Westen die Mehrheit der Menschen kein Wohneigentum https://de.statista.co... Was Sie aber ganz vergessen: Dass die Ostdeutschen weniger Kapital zur Verfügung haben, ist in ganz erheblichen Maße der DDR geschuldet. Dort war es jahrzehntelang nicht möglich, Kapital aufzubauen. Mir ist schleierhaft, wie man das so gänzlich ausblenden kann.

    7. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 4 Jahre

      @Kerstin A. Dazu hatte ich diese Woche auch ein interessantes Gespräch. Während es in vielen Regionen in Bayern, Baden-Württemberg oder auch in NRW fast unmöglich ist, mit "normalen" Einkünften eine Eigentumswohnung oder gar ein Haus zu kaufen, geht das etwa in Sachsen-Anhalt noch recht gut. Auch wenn den Menschen dort rein statistisch gesehen weniger Geld zur Verfügung steht.

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      Das Buch von Böck kann ich auch nur empfehlen. Es ist sehr differenziert, ohne Schaum vorm Mund.

  5. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

    Was Richard Schröder labert ist unerträglich dumm und falsch.

    Unlängst empfahl ich diese Analyse von Wolfgang Engler:
    https://www.piqd.de/ze...
    Mittlerweile ist sie von den BLÄTTERN FÜR DEUTSCHE UND INTERNATIONALE POLITIK
    nachgedruckt:
    https://www.blaetter.d...

    Hier wird die ostdeutsche Erfahrung mit dem Zyklus der kapitalistischen Transformation, die spätestens seit dem 19. Jahrhundert international war, verbunden.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

      Hallo Achim, Du meinst aber nicht die Schröders Kritik an den sachlichen Fehlern in Köppings Buch, oder? PS: Dein Piq zu Engler ist mir entgangen, werde ich gleich mal nachlesen. Besten Gruß, Dirk

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Hi Dirk,
      zu Großdubrau kann ich nichts sagen, wahrscheinlich hat er im konkreten Fall recht. Allerdings gab es solche Fälle. Und die sind keine Wander-Märchen.
      „Das ist wie ein Wander-Märchen. Die Geschichte, der Westdeutsche kommt und kauft das Ost-Unternehmen, um es platt zu machen, um sich damit Konkurrenz vom Halse zu halten. Ich sage dazu: Liebe Leute, wie stellt ihr euch denn einen Kapitalisten vor? Wenn der eine Fabrik kauft, die Gewinn macht, dann lässt er sie auf vollen Touren laufen, um zu kassieren – und macht sie nicht kaputt.“
      Wenn man aber selbst international in Schwierigkeiten steckt, man einen Konkurrenten für eine DM kaufen und schließen kann, ergibt das Sinn. Das geschah (und geschieht) auch in anderen Ländern.
      Ein Teil meiner Vorfahren kommt aus Langenbielau, dem heutigen Bielawa. Ende der 90er boomte die Textilindustrie dort, heute gibt es keine einzige Fabrik mehr. Sie sind alle abgewandert nach Bangladesh und andere ferne Länder.
      Die einst führende schlesische Dierig-Firma gibt es noch in Augsburg, aber sie stellt nicht mehr selber her. Nach Selbstauskunft: "Die Dierig-Gruppe handelt international mit Gewebe, lässt Bettwäsche produzieren und vermarktet eigene Immobilien."
      Schröder - und das gilt nicht nur für seine jetzigen Aussagen - versteht Entwicklungsprozesse nicht.
      Es grüßt und winkt
      Achim

    3. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      @Achim Engelberg Ich wollte gerade schreiben, dass es nirgendwo in Europa noch eine nennenswerte Textilindustrie gibt, weil offene Grenzen und Globalisierung, da habe ich dann aber diesen - zumindest für mich - überraschenden Text gefunden: https://www.welt.de/wi...

    4. Werner Müller
      Werner Müller · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Sorry, aber das ist Nischenwirtschaft - "hochwertiges Segment". Solche Beispiele werden sich immer finden.

    5. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      @Werner Müller Schon klar, wollte auch nicht behaupten, die ganze Textilindustrie käme wieder zurück.

    6. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Yuval Noah Harari hält es für möglich, dass neue Technologien eine sinnvolle Regionalisierung ermöglichen. Diese müßte gegebenenfalls erkämpft werden.

      Zurück zur Treuhand:
      Mir geht es um die überschnelle Privatisierung, die Raubzüge ermöglichte.

      Als ich vor vielen Jahren in Wittenberge war, wo alle größeren Betriebe kaputtgingen, traf ich niemanden, der das Ende der Ölmühle nicht verstand. Sie war veraltet und marode, anders sah es bei anderen Werken aus. Hier gab es Erbitterung gegen die Treuhand.

      Und heute gilt: "In allen vom Neoliberalismus umgegrabenen Gesellschaften haust massenhafte Wut", so Wolfgang Engler.

    7. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

      @Achim Engelberg Dass es Erbitterung über die Treuhand gab und gibt, ist ja unbestritten. Aber auch das kommt in Sabine Adlers Bericht heraus: Verantwortlich war weniger die Treuhand als die Regierung Kohl, dessen Partei aber trotzdem bei den Wahlen 1994 auch in Ostdeutschland noch die relative Mehrheit erhielt (38,5 Prozent) https://www.mdr.de/zei... Sie hat jedenfalls die Vorgaben gemacht und letztlich die Kontrolle ausgeübt beziehungsweise ausüben müssen.

      Allerdings kann man auch Kohl nicht anlasten, dass die Ölmühle in Wittenberge marode war. Honecker hätte halt weniger in Umverteilung und Rüstung investieren sollen.

      Offen bleibt für mich die Frage, die Du oben ansprichst: Wurde zu schnell privatisiert? (Dagegen spricht, dass man es dann womöglich noch schwieriger gehabt hätte, Investoren zu finden.) Oder hätte erst noch mehr sanieren müssen wie es Rohwedder wollte (der dann von einem Kommando der linksradikalen RAF erschossen wurde)? Dabei sollte man aber fairerweise auch nicht übersehen, dass innerhalb kürzester Zeit viele Milliarden in den Osten geflossen sind.

      Ich denke, Kohl spekulierte darauf, dass sich sehr rasch ein zweites Wirtschaftswunder ereignen würde. Mich wundert vor allem, wie wenig man auf solch ein Szenario wie die Wiedervereinigung vorbereitet war. Klar, damit konnte noch 1988 niemand rechnen, aber sonst gibt es doch auch für alles mögliche Planungsszenarien.

      Und das mit dem Neoliberalismus ist mir ein viel zu pauschaler Vorwurf. Leben wir in einem neoliberalen Land? Verglichen mit Chile unter Pinochet, wo der Neoliberalismus in den 1970er Jahren radikal umgesetzt wurde, ganz sicher nicht.

    8. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Klar, ich ärgerte mich vor allem über Richard Schröder.

      Einige Anmerkungen:

      - Begriffe wie Neoliberalismus sind nur zur Grobordnung geeignet. Ich mag den Ausdruck nicht, versuchte ihn zu vermeiden, aber da er sich durchgesetzt hat, ist das nahezu unmöglich. Freilich, in Chile wurde dieser rigider umgesetzt, aber die Grundprinzipien findet man auch hierzulande, in Universitäten und in der Politik. Merkel verlor fast die Wahl 2005 durch ihr neoliberales Wirtschaftsprogramm, das so nicht umgesetzt worden ist.

      - Solches Schillern der Begriffe ist normal bei Oberbegriffen. Selbst in den stalinistischen Phasen der DDR, war diese niemals so hart wie in der Sowjetunion. Dennoch verschwand die Sowjetunion und alle Satelittenstaaten, also alle stalinistisch geprägten Staaten, zwischen 1989-91.

      - Zur schlechten Vorbereitung: Als 1985 Augstein den ersten Band der Bismarck-Biographie meines Vaters besprach, hieß es:
      "In einer Zeit, wo außer den Deutschen selbst alle Welt die Annäherung der beiden "Klumpen" (Bismarck), der beiden Deutschländer, beredet und befürchtet, setzt Engelberg einen Eckstein, von dem aus man sich geschichtlich und
      kulturell verständigen könnte. Die DDR verdankt ja ihre Existenz nicht nur Hitler, sondern auch Bismarck."
      https://www.spiegel.de...

      - "Cleverle" Lothar Spät agierte bei Jenoptik nicht nach den damaligen Grundsätzen der Treuhand und war erfolgreich.

    9. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 4 Jahre

      @Achim Engelberg Übrigens äußerte sich auch Hans-Werner Sinn in der Treuhand-Doku, die hier kürzlich gepiqd wurde, ausgesprochen kritisch zu der Art und Wiese, wie damals privatisiert wurde. Offen blieb in der Doku allerdings, ob er sich intensiv mit den Prozessen beschäftigt hatte.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Dirk Liesemer Die Sinnˋs haben damals ein Buch drüber geschrieben - „Kaltstart“ heißt es wohl ....

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      Engler ist immer des Lesens wert. Aber ich würde es nicht so formulieren, wie Du es dort getan hast. Den Westdeutschen wurde nach 45 höchstens die Möglichkeit zur Demokratie geschenkt. Gestalten müßten Sie die selber. Und so auch im Osten. Was natürlich immer schief gehen kann, auch heute noch .....

    12. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl Das ist zugespitzt, aber nicht falsch im Sinne des Autors Englers.

      Bei ihm heißt es ungekürzt:

      Demokratische Grundrechte, Westbindung, soziale Marktwirtschaft – auf diesen drei Säulen stand und entwickelte sich die Bundesrepublik seit ihrer Gründung im Mai 1949. Das demokratische Gehäuse, in das die Westdeutschen einzogen, war vorgefertigt, ausgearbeitet vom Parlamentarischen Rat unter Mentorschaft der westlichen Alliierten. Sein wirtschaftlicher Unterbau, gleichfalls vorgedacht, konzipiert noch in den Kriegsjahren, erwies sich als trag- und ausbaufähig, bescherte den Bundesdeutschen eine spürbare und lang anhaltende Verbesserung ihres materiellen Daseins. Zwar geschah kein Wunder, aber es ging kontinuierlich bergauf, und je länger der Aufschwung währte, desto mehr festigte sich das Gefühl, es im Ganzen doch gut getroffen zu haben, und so lebte man sich nach und nach in den politisch-rechtlichen Rahmen des neuen Gemeinwesens ein.

      Das Drehbuch des deutsch-deutschen Einigungsprozess von 1990ff. stellte diese Abfolge in jeder Hinsicht auf dem Kopf. Diesmal war die Demokratie von unten erkämpft, die Wiedervereinigung von der Mehrheit bejaht und gegen alle Einwände und Bedenken vorangetrieben. Kaum war das primäre Ziel des ostdeutschen Aufbruchs erreicht, verbriefte Grundrechte und elementare Freiheiten für jedermann, verloren Millionen von Ostlern den wirtschaftlichen und sozialen Halt. Bestimmungsgewinn in politischer und rechtlicher Hinsicht und sozialökonomischer Bestimmungsverlust gingen Hand in Hand. Der Boden, auf dem man sich bewegte, gab nach, und genau das untergrub die Identifizierung mit dem Rahmen, in dem man sich bewegte. Ohne Kenntnisnahme dieses Grundwiderspruchs wird die gesamte nachfolgende Entwicklung unverständlich.

    13. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Achim Engelberg Na ja, der erste demokratische Akt der Ostdeutschen in ihrer erkämpften Demokratie war die Wahl der Einheit mit Westgeld. Ich habe damals mit vielen diskutiert. Es war eigentlich klar, was das ökonomisch bedeuten musste - Arbeitslosigkeit wegen endgültiger Pleite der DDR-Wirtschaft. Dafür wurde mir damals Prügel angedroht. In sofern hält sich mein Mitleid in Grenzen. Demokratie durch das Volk heißt doch auch Verantwortung für die Entscheidung durch das Volk.

    14. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl Klar, es gab damals eine große Blindheit und Dummheit und Gier. Und eine enorme Beeinflussung:
      Egon Bahr konstatierte, daß es die "schmutzigsten Wahlen waren, die ich je in meinem Leben beobachtet habe". Jens Reich, Mitbegründer des Neuen Forums, stellte fest: "Das Bonner Nilpferd ist in einer Massivität gekommen, daß man einfach hilflos war. Im Wahlkampf ist einfach der gesamte Apparatismus des Westens in den Osten gebracht worden. Dem hatten wir nichts entgegenzusetzen. Das waren in die DDR exportierte Westwahlen."
      Und nun brechen diese und andere verdrängte Konflikte auf!

    15. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      @Achim Engelberg Also La Fontaine hat ja damals gewarnt. Und er war nicht allein. Das mit der Dampfwalze Ist eher eine falsche Metapher. Die Menschen sind Kohl und Co. Hinterhergelaufen. Er hat sie nicht niedergewalzt. Entschuldigt also nicht die Wahlentscheidung. Das Volk hat zu entscheiden und das tat es. Ihm jetzt zu erzählen, der Kohl war schuld, ist schon wieder so eine Geschichte. Man erzählt dem Volk oder Teilen des Volkes, was es hören möchte - Volk, du kannst nichts dafür. Aufklärerisch ist das nicht und für Demokratie tödlich.

      Vielleicht war es ja politisch damals auch die richtige Entscheidung, die Gelegenheit ergreifen und durch. Ökonomisch war es ein Desaster.....

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