Für etliche ist der vor 100 Jahren, am 27. Mai 1923, im mittelfränkischen Fürth geborene Heinz Alfred Kissinger, der als jüdischer Jugendlicher in die USA fliehen konnte, ein Kriegsverbrecher.

Nicht wenige halten den als Henry Kissinger zur geschichtlichen Gestalt Aufgestiegenen für einen würdigen Friedensnobelpreisträger des Jahres 1973. Allerdings flog er nicht selbst zur Preisverleihung, sondern der amerikanische Botschafter vertrat ihn, da große Proteste erwartet worden waren.

Das alles erfährt man in dem Film HENRY KISSINGER – GEHEIMNISSE EINER GROSSMACHT aus dem Jahr 2008.

Seit 1977 hat er kein öffentliches Amt mehr inne, aber immer noch zählt sein Wort. So bleibt er einer der wichtigen Berater von US-Präsidenten – so nach dem 11. September 2001 oder nach dem Einmarsch in den Irak.

Selbst in einem extremen 20. Jahrhundert bleibt Henry Kissinger eine überaus widersprüchliche Gestalt.

Vielen unangenehmen Fragen geht der Polit-Star ohne Amt aus dem Weg. Dem Dokumentarfilmer Stephan Lamby ist es 2008 gelungen, dass er einige Antworten gibt:

Welche Schuld trägt Henry Kissinger an der Eskalation des Vietnamkriegs? Welche Rolle spielte er Anfang der 70er Jahre beim blutigen Putsch gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende? Wie reagierte er auf die indonesische Invasion in Osttimor? ... Entstanden ist ein ungewöhnliches Interview über Macht und Moral.

Besonders beim Sturz von Allende weicht er aus; mehr findet man dazu in diesem älteren piq.

Der Film aus dem Jahre 2008 ist in der ZDF-Mediathek bis zum 25. August 2023 zu sehen.

Zum 100. Geburtstag von Henry Kissinger konnte Stephan Lamby eine aktualisierte, gekürzte Fassung produzieren, die in der ARD-Mediathek bis zum 29. August 2023 zu sehen ist. Dabei gibt es auch einige Minuten zur Ausweitung der Kriegszone in der Ukraine.

Die geschätzte Kollegin Theresa Bäuerlein empfahl zum 100. Geburtstag ein Zeit-Gespräch mit ihm, in dem er auch über KI reflektiert.

Wer Kissinger als strategischen Kopf erleben will, bevor er die großen Ämter innehatte, wird bei diesem Interview aus dem Jahr 1962 fündig.

Und hier noch einige ausgewählte Beiträge:

Lesens- und sehenswert ist diese reich bebilderte Würdigung in der NZZ.

Deutlich treten die negativen Aspekte in diesem Beitrag im Neuen Deutschland hervor.