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Zeit und Geschichte

Die politische Kunst der griechischen Tragödie

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergDienstag, 23.03.2021
Der Titel dieses piqs übernahm ich von einem berühmten Buch des Althistorikers Christian Meier, in dem er 1988 die Zeit der griechischen Tragödie als eine Epoche des rasanten Wandels beschrieb. Einzelinteressen verdrängten das alte Allgemeine, das neue Verbindende musste gefunden werden.

Die Dramen dienten dem Bürgertum bei der Neuorientierung. Seine Interpretation der alten Stücke, so Christian Meier, solle zeigen, wie sehr diese den Athenern

beim Abarbeiten des Schwierigen und Bedrohlichen, von vielerlei Ungewißheiten dienen konnte, welche sie sonst im Denken, Fühlen, Handeln sehr hätten behindern können.

Offensichtlich ist das wieder aktuell.

Der vielfältige Raoul Schrott dachte dies nicht nur, sondern übersetzte neu und bearbeitete Die Großen Stücke (Link zu mojoreads) des letzten der großen Tragödiendichter Euripides; darunter sind auch "Elektra" und "Orestes", einst die meist gespielten Stück der Antike.

Michael Farin entwickelte aus diesen beiden Klassikern um Schuld, Rache und Sühne ein zweiteiliges Hörspiel, das erstklassig mit Melika Foroutan, Corinna Harfouch oder Ulrich Matthes besetzt ist.

Und hier geht es zum zweiten Teil.

So kommentierte Raul Schrott seine Arbeit:

So zeitgenössisch wie Euripides‘ Dialoge in ihrer auf die damalige Umgangssprache ausgerichteten Tonlage (was Theaterkritiker allzu oft verkennen und zu Unrecht der Übersetzung vorhalten, von der sie sich ‚Erhabenheit des Ausdruck‘ erwarten) ebenso wie ihrer intellektuellen Scharfzüngigkeit (die mich stets an Albees ‚Wer hat Angst vor Virginia Woolf‘ erinnert), während die Chöre und Monologe von einer seltenen Poesie sind, so prägnant und bildlich, um in diesen gleichsam reliefartigen Sätzen eine conditio humana zu verhandeln, an deren fundamentalen Bedingtheiten, sprich: Trieben, Begierden, Makeln, Sehnsüchten, Wünschen und anderen Hinterfotzigkeiten hat sich bis heute nichts geändert. Sie werden jedoch zu Euripides‘ Zeit neu verhandelt, mit den alten traditionellen Rechtsbegriffen des Heiligen und den neuen Rechtsansprüchen des sich davon emanzipierenden Individuums, wie dies nirgends deutlicher wird als in dieser Orestie, die sich aus dem Zusammenschluss zweier eigenständiger Stücke Euripides‘ ergibt und jener weihevollen des Aischylos‘ ebenso entgegengesetzt war, wie der würdevollen Elektra des Sophokles. Eine Orestie, die keiner bei uns kennt, obwohl ihr Orestes einmal das meistgespielte Stück der Antike überhaupt war, und die mich, als ich sie zum ersten Mal las, sofort an Baader, Meinhof und Ensslin erinnerte, an die Selbstgerechtigkeit des Terrors und die Armseligkeit seiner Attentate, die Gewissensbisse und Zerrissenheiten nach der Tat und die Reaktionen der Gesellschaft darauf, in einer Landschaft, welche immer noch die unsere ist, auch die der Selbstmordanschläge und der #metoo-Bewegung, mit der Euripides hier zudem die Gleichberechtigung der Frau thematisiert, und all dies so überaus Politische in einer Weise auf die Bühne bringt, dass sie weder etwas mit Brecht noch mit Agitprop zu tun hat, sondern zum Gesamtkunstwerk gerät, mit welchem das antike Theater mit simpelsten Mitteln, Masken und dem fixen Hintergrund eines Bühnenbilds, ein großes Ganzes von Gesang, Tanz, Instrumentalmusik und Dialogen inszeniert, das alles übersteigt, was ich sonst vom Theater kenne, und dabei doch zutiefst menschlich bleibt, weshalb ich vor niemandem so großen handwerklichen Respekt habe, wie vor Euripides und mir beim Übersetzen seiner Stücke jedes Mal wünsche, selbst einmal so ein vollkommenes Stück schreiben zu können.

Hier bespricht der Literaturkritiker Gustav Seibt, wie Raul Schrott übersetzend interpretierte, die Stücke aus dem Gestern ins Heute holte.

Sein SZ-Artikel endet so:

Der "Orestes" übrigens löst den großen mythischen Konflikt so überraschend anders auf als Aischylos in seinen "Eumeniden", dass man selbst manchem gebildeten Leser keinen Spoiler zumuten mag.

Die politische Kunst der griechischen Tragödie

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