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Zeit und Geschichte

Der „gute Nazi". Albert Speers Selbstinszenierung prägt unser Bild von ihm noch heute

Michaela Maria Müller
Autorin
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Michaela Maria MüllerMontag, 19.06.2017

Die Frage, die ich mir stellte, als ich von Magnus Brechtkens Biografie über Albert Speer hörte, war: Warum 2017 noch eine Biografie über Albert Speer? In dem Interview mit Brechtken, dem stellvertretenden Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, stellt Stefan Reinecke diese Frage gleich zu Anfang. Brechtkens Antwort ist denkbar knapp: „Weil es noch keine archivbasierte gab."

Aber allein dass man sich die Frage stellt, ist symptomatisch. Muss man das Bild, das man bislang von Albert Speer hatte, korrigieren? Magnus Brechtkens Antwort ist klar: ja. Speer war kein Mitläufer, „kein guter Nazi", obwohl sich diese Meinung noch immer hält.

Das stellt schon 1982 der damalige Doktorand Matthias Schmidt dar. Er veröffentlicht die Dissertation „Speer - Das Ende eines Mythos“. Wahrgenommen wird sie von der Öffentlichkeit nicht.

„Das Bild von Speer, der an jüdische Organisationen und auch Simon Wiesenthal spendet, Historikern als Augenzeuge viel wert ist, ist seit Jahren tief eingefräst“

Der Autor Joachim Fest, der an Speers Erinnerungen mitgearbeitet hat - das Buch wird zum Bestseller - sieht jedoch sehr wohl, dass er die neue Quellenlage eigentlich nicht ignorieren kann und schreibt zum Buch von Schmidt: „Im Ganzen enthält es exakt das, was ich mitunter befürchtet hatte“. 

„Im Rückblick ist frappierend, dass von fast allen die Kluft zwischen Fakten und Speers Legenden übersehen wurde. 1948 taucht ein Dokument auf, das bewies, dass Speer 13,7 Millionen Reichsmark für die Bauten in Auschwitz bewilligt hatte, inklusive Krematorien.“
Der „gute Nazi". Albert Speers Selbstinszenierung prägt unser Bild von ihm noch heute

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Kommentare 4
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor fast 7 Jahre

    Vor Jahren sprach ich mit Gitta Sereny https://de.wikipedia.o...
    Eine Frau, die mit Albert Speer sprach, aber auch mit anderen Tätern. Sie glaubte, dass Albert Speer beim Nürnberger Prozess Reue spielte, schließlich ging es
    ums Überleben.
    »Aber ich sag: teilweise. Denn in Nürnberg beeindruckte es ihn sehr,
    was er da sah in diesen Filmen von den Lagern und was er erfuhr über
    das, was die Nazis den Juden angetan haben. ... Das war der Moment, wo er begann, sich selbst zu beschuldigen für den Tod der Juden, was natürlich verkehrt war. Er war zu
    beschuldigen für die Sklavenarbeiter, aber nicht für den Tod der Juden, er
    hatte nichts damit zu tun gehabt. Aber er fühlte nur dafür Schuld. Das war
    sozusagen mein Kampf mit ihm, und ich hab verloren. Ich versuchte ihn
    zur Einsicht zu bringen, dass die Sklavenarbeiter seine Schuld waren.
    Natürlich wusste er, wie man sie behandelte, nicht überall, aber an vielen
    Orten. Er hat es aber vollkommen übersehen, denn die Sklavenarbeiter
    waren für ihn eine Konsequenz des Krieges und daher annehmbar. Das
    ist ganz falsch, aber so war er.«

    1. Michaela Maria Müller
      Michaela Maria Müller · vor fast 7 Jahre

      Ist das Zitat aus Serenys Buch "Albert Speer. His battle with the truth"? Sie bescheinigt Speer ja, dass er nichts von der Massenvernichtung europäischer Juden in Auschwitz gewusst habe. Nach der Biografie von Brechtken ist das wohl nicht mehr haltbar, denn er belegt, dass Speer in Auschwitz Krematorien in Millionenhöhe bewilligt habe.
      Ich finde es erstaunlich, wie es Speer gelang, die Menschen um ihn herum zu beeinflussen, zu manipulieren. In der Autobiografie von Marcel Reich-Ranicki ist dazu auch etwas nachzulesen, wenn ich mich recht erinnere.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 7 Jahre

      @Michaela Maria Müller Das Zitat stammt aus Gesprächen, die ich mit Gitta Sereny führte. Sie setzte sich dafür ein, dass die Zwangsarbeiter entschädigt werden und glaubte, dass dieses Verbrechen in Deutschland zu wenig wahrgenommen wird. Natürlich findest Du Ähnliches in ihren Büchern.
      Leider schaffte ich es noch nicht, die neue Biographie zu lesen, ich studierte nur Stellen, in denen Gitta Sereny vorkommt und das Fazit.
      Noch ein Zitat aus einem meiner Gespräche mit Gitta Sereny aus dem Jahre 2002 (!): "Es wird natürlich in Deutschland von vielen bezweifelt, wenn Speer sagt, dass er nichts über die Vergasung von Juden wusste. Ich bin vollkommen überzeugt, dass er nichts davon wusste – bis Oktober 1943. Und selbst dann wusste er noch nichts von den Gaskammern, aber schon, dass sie ermordet wurden."
      Möglicherweise irrte sie sich, aber ihre Sichtweise ist bislang die einzige, die mir Speer und seine weltweite Wirkung erklärt. Vielleicht finde ich noch etwas in der neuen Biographie, das Interview ist interessant (gab erst jetzt meine Stimme). Die Kritik an Sereny ist nicht neu, was das Interview zeigt, und die Bewilligung eines Krematoriums hebt ihre Deutung nicht auf.

    3. Michaela Maria Müller
      Michaela Maria Müller · vor fast 7 Jahre

      @Achim Engelberg Nein, das hebt ihre Deutung nicht auf. Die Frage, was er wirklich gewusst hat oder ob er aus opportunistischen Gründen geschwiegen hat, bleibt unbeantwortet. Vielleicht finden sich irgendwann Quellen, die es ganz eindeutig belegen.

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