In Seattle, USA, beginnen seit dem Sommer 2016 alle Schulen für die mittleren und hohen Jahrgänge statt um 7:50 Uhr erst um 8:45 Uhr. Schlafforscher um Horacio de la Iglesia von der ortsansässigen University of Washington haben die Umstellung begleitet und die ersten Ergebnisse publiziert (G. P. Dunster et al., Science Advances 2018).

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass ein späterer Schulanfang drei signifikante Vorteile hat: längerer Schlaf, bessere Noten und ein gerechteres Schulsystem.

Im Jahr 2017 bekamen die Schüler an Schultagen dank des späteren Schulbeginns im Mittel 34 Minuten mehr Schlaf als die Vergleichsgruppe im Jahr zuvor. Sie standen 44 Minuten später auf und schliefen ungefähr 10 Minuten später ein.

Die Schüler, die länger schlafen, weil sie später zur Schule müssen, leisten seit der Verlegung des Schulbeginns messbar mehr.

Die Abschlussnoten fielen zum Ende des Schuljahres 2016/17 im Durchschnitt 4,5 Prozent besser aus als im Jahr zuvor. Auf der dort üblichen 100-Punkte-Skala stiegen sie von 77,5 auf 82. Die vorliegende Untersuchung könne hier zwar keinen kausalen Zusammenhang herstellen, schränken die Forscher ein. Es sei aber längst gesichertes Wissen, dass unser schlafendes Gehirn zuvor Gelerntes verarbeitet und Gedächtnisinhalte verfestigt. Es sei also nur logisch, dass man besser lernen und Gelerntes wieder abrufen kann, wenn man mehr schläft – von einer erhöhten Konzentrationsfähigkeit, mehr Motivation und einer insgesamt besseren Stimmung ganz zu schweigen.

Es zeichne sich zudem ab, dass das Schulsystem durch den späteren Beginn fairer wird. 

An der Franklin High School kamen im Frühjahr 2016 nämlich deutlich öfter Schüler zu spät oder gar nicht zur Schule als an der Roosevelt High School. Die Forscher erklären das mit dem Wohlstandsgefälle zwischen beiden Schulen. Die Franklin-Schule liegt in einem ärmeren Viertel. In den dortigen Familien fehlen vermutlich öfter als anderswo die Zeit oder die Ressourcen, um unausgeschlafene Kinder zum pünktlichen Aufstehen anzuhalten. Durch den späteren Schulbeginn verschwand der Unterschied fast völlig. Die Franklin-Schüler waren plötzlich genauso zuverlässig wie jene im wohlhabenden Stadtteil.